Nicht erst seit Nattefrost oder Dark Funeral - und nicht zu vergessen good old Impaled Nazarene - hat der Extreme Metal auch den Weg zu extremeren Spielarten der Sexualität gefunden...

Nicht erst seit Nattefrost oder Dark Funeral - und nicht zu vergessen good old Impaled Nazarene - hat der Extreme Metal auch den Weg zu extremeren Spielarten der Sexualität gefunden. Was liegt da also näher, als abseits von Bühnenshows und Stücken, wie „Sadogoat“ oder „SM Party“, eine Fachfrau zu Wort kommen zu lassen. Lady Patricia, eine Domina aus München, gibt Einblicke in ihre Arbeit, räumt mit medialvermittelten Klischees auf, offenbart zum Teil verblüffende Tatsachen und erklärt, warum sie Berufsmetalhörerin ist.

Schwermetall: Zunächst einmal, wie kommt man auf die Idee Domina zu werden?

Lady Patricia: „Das kam ganz spontan durch eine Zeitungsanzeige und ich denke mir mal, ich habe schon immer die Veranlagung dazu gehabt. Sonst könnte man das, glaube ich, nicht machen. Es hat dann zwar schon eine Zeit gedauert bis ich mich überwunden habe in so einem Studio vorbeizuschauen und mich vorzustellen. Es hat dann auch gedauert bis ich wieder hingegangen bin. Aber irgendwann entdeckt man den Reiz und sieht es, wenn man ganz nah damit konfrontiert ist. Man denkt immer, das ist ganz weit weg, oder im Fernsehen. Aber mich hat dann die Lust gepackt, und ich war wohl auch privat schon veranlagt dazu.

S.: Kannst Du Dich noch daran erinnern, wie es war dort anzufangen? Wie war der erste Arbeitstag?

L. P.: Daran kann ich mich noch ganz gut erinnern. Am Anfang habe ich mir eine Session angeschaut, als ich noch nicht dort gearbeitet habe. Da habe ich der Dame nur zugesehen und war schockiert. Es war im weissen Bereich, dem Klinikbereich, und ich habe mich gefragt, warum sich ein Mensch das zufügen lässt. Allerdings habe ich das Vorgespräch nicht mitbekommen, d. h., ich wusste nicht, dass er das so wollte. Als ich dann zugesehen habe, es ging um Nadelung, Kathedereinführung, tat es mir mehr weh als dem Gast, der ja dabei Lust empfunden hat. Aber das wandelt sich wenn man selber Gäste hat. Das wurde ja vorher besprochen, dabei lernt man den Gast als ganz normalen Menschen kennen und gibt ihm dann später was er sich wünscht. Es geht ja nicht von uns aus, sondern von den Gästen. Was sind ihre Wünsche, ihre Phantasien und absoluten Tabus, und danach richten wir uns und bauen das Spiel auf.

S.: Du hattest den Reiz an der Sache schon angesprochen. Was macht denn für Dich den Reiz aus, und was für die Gäste?

L. P.: Ich selbst habe natürlich für mich auch einen Fetisch entdeckt, für Latex, und mache auch wahnsinnig viel Latexerziehung. Es ist einfach das Schöne, zu wissen, dass man jemanden etwas geben kann. Klar mag ich das, wohl auch weil ich sarkastisch veranlagt bin und ich mag es mit den Gästen zu spielen, mit meiner weiblichen Dominanz. Es ist dann schön die Gier des Mannes zu sehen, der mehr will, es aber nicht darf. Bei den Gästen ist es schwierig zu sagen. Bei jedem ist es anders. Für viele ist es ein Fallenlassen, ein Austritt aus der Realität. Viele haben vielleicht Jobs in denen sie viel zu sagen haben und sie möchten dann einfach die Kontrolle abgeben an jemand anderen, eine Frau. Das Optische ist dabei natürlich wichtig, eine Frau wie er sie in seiner Phantasie wünscht, die besonders schön geschminkt und hergerichtet ist, und von der er dann ganz willenlos gemacht wird.

S.: In den Medien wird von SM das Bild vermittelt: Da lässt sich ein Typ von einer Frau im Lack/Lederkostüm den Hintern versohlen. Inwiefern trifft dieses Klischee überhaupt zu?

L. P.: Das ist das, was viele leider damit in Verbindung bringen. Die meisten verbinden mit dem Bereich SM/Domina Gewalt und Brutalität, so genannte abnorme Menschen. Aber das ist nicht so. Es haben wahnsinnig viele Menschen diese SM-Phantasien, auch Frauen. Die Menschen sprechen es nur nicht aus, weil es gesellschaftlich noch immer in die Ecke gedrängt wird. Es traut sich natürlich auch keiner seinem Partner zu sagen, ich habe diese und jene Gedanken. Die Frauen können das dann besser zurückhalten, aber die Männer suchen irgendwann die Studios auf. Den Männer ist es eben peinlich vor ihrer Partnerin zu sagen, übernimm du doch mal die Führung. Der Mann möchte eben seine Männlichkeit bewahren. Auch weil er Angst hat, dass seine Frau denkt, was habe ich denn da für einen Mann an meiner Seite. Deswegen gehen sie ins Studio, weil sie da ihre Gedanken und Phantasien mitteilen können. Natürlich haben Internet und Fernsehen den Bereich vervielfältigt, so dass mehr Leute darauf kommen.
Zum Thema Peitsche/Rohrstock, was eben im Fernsehen vermittelt wird, es ist ja nicht so, dass man den Gast irgendwie schlägt wenn er eine Rohrstockerziehung haben will. Nebenbei, Rohrstockerziehung ist meistens bei den älteren Leuten beliebt. Die verbinden es damit, als früher in der Schule mit dem Rohrstock auf die Fingerspitzen gehauen wurde von der strengen Lehrerin. Die Jüngeren wollen häufiger die Peitsche.
Ich schlage da aber nicht willkürlich drauf. Es gibt da bestimmte Stellen, auf die ich gar nicht schlagen darf. Viele wollen auch keine Spuren haben, weil sie zu Hause Frauen haben, die das nicht sehen sollen. Man muss wissen, wie man genau schlägt. Ich schlage auch nicht bei allen gleichstark, denn die wenigsten halten viel aus.
Darüber hinaus gibt es in dem Bereich noch so viele Fetische. Es kommen Männer, die wollen einen bestimmten Stoff auf ihrer Haut spüren, zum Beispiel Gummifetischisten. Dann gibt es Männer, die die Phantasie haben Nylonstrümpfe zu tragen und sich als Frau zu verkleiden. So etwas machen sie dann im Studio, denn wenn ein Mann das draussen machen würde, würde er gleich als Schwuchtel gelten. Und deswegen können sie so etwas nur im Studio ausleben. Dann gibt es auch wieder Sessions, in denen jemand keine Gewalt möchte und weder verbal erniedrigt, noch ausgepeitscht werden will. Er möchte keine Schmerzen spüren, sondern einfach nur von einer Frau dominiert werden. Das muss unterschieden werden, und das wissen die meisten Leute einfach nicht.

S.: Die Rede war eben auch von einem Vorgespräch, wie läuft so eine Session denn dann im einzelnen ab?

L. P.: Die Gäste machen einen Termin aus und kommen dann zu einem ganz lockerem Vorgespräch, man lernt sich kennen. Ich frage dann nach, in welchen Bereich zieht es dich hin, was sind deine Tabus? Es gibt zwar auch Gäste, die sagen, sie wollen was die Herrin möchte, aber das ist selten, dass wir das machen. Denn auch dieser Gast hat eine bestimmte Phantasie und es gibt in dem Bereich so vieles, dass wir das vorher abklären müssen. Dann geht der Gast vorher Duschen, was uns sehr wichtig ist, und bereitet sich in Ruhe vor. In der Zeit bereite ich mein Werkzeug vor und ziehe mir die Sachen an die der Gast sich wünscht. Wünscht er sich Klinik, dann ziehe ich mir mein Schwesternoutfit an. Wenn er Nylon wünscht eben Nylon, usw. Anschliessend hole ich den Gast und dann geht es auch schon los mit der Session. Ich mache mir da vorher eigentlich auch nie einen Kopf. Möchte der Gast verbal erniedrigt werden, dann verändere ich natürlich auch meine Stimme. Möchte er das nicht, rede ich mit ihm natürlich ganz anders. Das hängt vom Gast ab. Nicht jeder möchte beispielsweise ja als Sklave behandelt werden. Der eine möchte eine halbe Stunde Session, der andere eine ganze.

S.: Was muss man sich denn unter dem Werkzeug vorstellen? Die meisten werden damit bei SM wohl Peitsche und Rohrstock assoziieren.

L. P.: Bei den Peitschen gibt es ja auch schon Unterschiede. Es gibt mehrriemige, feinere, härtere. Dann gibt es Brustklammern, Cockringe, es gibt Stromgeräte, die man an Brust-, Hoden- oder Schwanzbereich anschliesst. Vor dem Einsatz müssen die Geräte natürlich kontrolliert werden, das ist sehr wichtig. Vibratoren, Gleitgel und Kondome müssen da sein. Denn die Gäste müssen von vornherein ein Kondom anziehen. Für Bondage müssen die Haken kontrolliert werden, an denen der Gast später hängt. Wenn Latex gewünscht ist müssen die Latexanzüge rausgehängt werden mit Zubehör wie den Masken. Da ist vorher schon einiges zu tun.

S.: Wie steht es mit Musik bei den Sessions?

L. P.: Musik ist sehr wichtig. Ich kann bei einer Foltersession ja keine Blümchenmusik laufen lassen. Das wäge ich vorher ab. Ist eine ruhige Session gewünscht lege ich mystische Musik auf, wenn jemand gefangen ist wird es lauter. Ich habe da eine CD zusammengestellt, auf der ist neben Schrittgeräuschen, gotischen Klängen auch Metal drauf. Aber privat höre ich eher ruhigere Sachen aus dem Bereich. Das extreme Zeug höre ich im Studio, das kommt da ganz gut.

S.: Habt ihr also einen regelrechten Studio-Soundtrack?

L. P.: Das ist natürlich auch wieder vom Gast abhängig welche CD ich auflege. Für jüngere Gäste habe ich sogar Techno und Rap. Wieder andere mögen lieber Rock oder Metal.

S.: Wie sieht so ein Studio im einzelnen aus? Ist das nach Themenzimmern geordnet?

L. P.: Nicht alle, aber die meisten Studios sind schon nach Zimmern geordnet. Der weisse Bereich, der Klinikbereich, ist immer gesondert abgetrennt. Dass heisst, da ist zum Beispiel ein gynäkologischer Stuhl. Dann gibt es noch den schwarzen Bereich. Einige Studios haben noch ein Gummizimmer und einfache Spielzimmer. Einig Studios haben noch einen Gefängnisbereich für Leute, die in Gefangenschaft genommen werden wollen. Es gibt noch Zimmer mit Streckbank oder Andreaskreuz. Das hängt immer von der Grösse des Studios ab.

S.: Wie setzt sich denn der Kreis der Gäste zusammen? Ist beispielsweise eine bestimmte Altersgruppe besonders stark vertreten? Wie hoch ist der Frauenanteil?

L. P.: Also ich persönlich hatte noch keine Frau, deren Anzahl ist relativ gering. Es sind wohl ca. 95% Männer, aber da auch alle Altersgruppen, von 18 aufwärts. Mein ältester Gast war 76. Das Faszinierende ist, dass vom Bauarbeiter, Schüler, Studenten bis zum Lehrer, Physiker, Rechtsanwalt alles Mögliche vorkommt.

S.: Und was sind dann besonders ausgefallene Wünsche der Klientel?

L. P.: Was mir erst durch diese Arbeit aufgefallen ist, und was sich prozentual sehr viele wünschen, ist Anal. Egal ob im Bereich Strap On, wenn die Frau den Mann von hinten mit dem Umschnalldildo nimmt, oder ob sie Anal behandelt werden möchten. Manche wollen mehr, manche wiederum weniger. Oder manche wollen das Fisten. Das ist natürlich eine Sache die ein Mann draussen nie sagen würde, weil das in die Richtung schwul gedeutet würde.

S.: Wie reagiert eigentlich dein Umfeld auf den Beruf?

L. P.: Es hat zwar ein, zwei Monate gedauert, aber dann habe ich mit offenen Karten gespielt. Meine Eltern und meine Brüder wissen es, bei den Grosseltern ist das natürlich was anderes, die würden das wohl nicht so ganz verstehen. Aber meine Freunde wissen alle Bescheid. Sie respektieren das. Bei Nachfragen erkläre ich ihnen das, denn viele Verbinden damit ja nur Brutalität. Aber es ist eine höhere Form der Sexualität. Leute mit ihrem normalen Sex werden nie das Vertrauen kennen lernen, welches dabei herrscht, wenn man zu einer Domina geht. Es ist ja ein Loslassen und Auffangen, was dabei stattfindet. Das Besondere daran ist das Teilen der Lustschmerzgrenze. Als Domina hat man dabei keinen Sex mit den Gästen. Es handelt sich dabei um eine ganz andere Ebene. Wie gesagt, mein Umfeld weiss bescheid. Aber in dem kleinen Ort, aus dem ich komme wissen es nur meine Eltern und zwei, drei Freundinnen. Damit schütze ich in erster Linie meine Eltern. Sonst gehe ich damit aber offen um, auch wenn ich Leute kennen lerne. Es ist ja auch kein kleiner Bereich, die SM-Studios werden jedes Jahr mehr

S.: Sofern sich unter unseren Lesern jetzt auch Interessenten befinden, wie viel müssten sie denn für so eine Session investieren?

L. P.: Das hängt erstmal davon ab, wo jemand ins Studio geht. Das ist schon nach Regionen gestaffelt. In den grossen Städten wie Berlin, München, Frankfurt ist es so, dass eine halbe Stunde in dem Bereich von 140 bis 180 Euro liegt. Eine Stunde dann 200 bis 260, oder 300 Euro. Es kann auch Aufschläge für beispielsweise Gummierziehung geben, weil Gummi später recht aufwendig gereinigt werden muss. Für KV wird ein Aufschlag genommen, also Kaviar, sprich Anscheissen. Aufschläge sind jedoch immer auch von der Entscheidung der Dame abhängig.

S.: Damit wären wir dann auch schon am Ende des Interviews. Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

L. P.: Kein Problem, und bleib anständig.

S.: Wird gemacht. Wer sich näher mit der Materie befassen will, der kann sich auf der entsprechenden Homepage umsehen, von der uns auch die Fotos zur Verfügung gestellt wurden. ladypatricia.de