Josef Albert Meisinger (* 14. September 1899 in München; 7. März 1947 in Warschau hingerichtet) war ein deutscher Oberst der Polizei, SS-Standartenführer und Kriegsverbrecher.
Als Heydrich nach Berlin ging, nahm er von der BPP seine vertrauten Mitarbeiter mit: Heinrich Müller, Franz Josef Huber und Josef Meisinger, auch Bajuwaren-Brigade genannt. Er übernahm dort die Leitung des Dezernats II 1 H und II H 1 (NSDAP, Abtreibungen, § 175 und Rassenschande). Dieses Dezernat hatte folgende Aufgaben:
Aufdeckung von Gegnern von Adolf Hitler innerhalb der NSDAP (Dezernat II 1 H)
Verfolgung von Homosexuellen
Verfolgung von Fällen der Abtreibung und Verfolgung von Verstößen gegen das Verbot intimer Beziehungen von Juden zu Nicht-Juden
Von 1936 bis 1938 führte Meisinger als Leiter die Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung im Gestapa. Zum SS-Obersturmbannführer wurde Meisinger am 30. Januar 1937 befördert. Im gleichen Jahr wurde er zum Regierungsrat ernannt. Als der Oberbefehlshaber des Heeres Werner von Fritsch im Juli 1936 in der Fritsch-Krise der Homosexualität bezichtigt wurde, war Meisinger für die entsprechenden Ermittlungen zuständig. Hauptbelastungszeuge war ein Otto Schmidt, der in Unterweltkreisen verkehrte. Meisinger leitete die Vernehmungen von Schmidt. Hier sah Meisinger seine große Stunde gekommen, da er doch wusste, wie Heinrich Himmler und die SS die Homosexualität als Gefahr für das NS-Regime betrachteten.
Dabei wurde Meisinger von seinen Vorgesetzten schlecht beurteilt. Heydrich bezeichnete ihn als Widerling, Heinrich Müller beschwerte sich über ihn andauernd, und Werner Best beurteilte ihn als einen primitiven Mann mit brutalen Methoden.[3] Bei den Verhören unterliefen Meisinger einfache polizeiliche Fehler, als er z. B. dem Belastungszeugen, einem notorischen Lügner, Fotos von Fritsch zur Identifizierung zeigte, wobei dieser aus der Beschriftung der Fotos Daten entnehmen konnte, die er in seine Behauptungen dann einflocht. Als Meisinger dann in seiner Selbstüberschätzung die Bewertung der Ermittlungsakte seinen unmittelbaren Vorgesetzten vorenthielt, diese direkt Himmler überreichte und dieser die Akte sogleich Hitler vorlegte, war quasi seine Laufbahn im Gestapa beendet. Denn vor Gericht brachen die Beschuldigungen gegen Fritsch, der einer Verwechslung zum Opfer gefallen war, in sich zusammen. Dabei hatten alle anderen Ermittlungen keine Belastungsmomente gezeigt. Meisinger war z. B. mit Kriminalkommissar Eberhard Schiele nach Ägypten gereist, um zu ermitteln, ob Fritsch dort während seines Urlaubs November/Dezember 1937 homosexuelle Kontakte gehabt hatte, was aber nicht nachgewiesen werden konnte.
Meisinger trat die Nachfolge von Lothar Beutel an, der wegen Korruption abgelöst wurde. Meisinger ging mit aller Gewalt gegen Polen und Juden vor. So ließ er im Wald von Palmiry Massenerschießungen an 1700 Menschen durchführen. Als Vergeltung für den Mord an einem polnischen Polizisten ließ er am 22. November 1939 alle 55 jüdischen Einwohner eines Hauses erschießen und am 20. Dezember 1939 107 Polen als Vergeltung für den Tod zweier Deutscher. Heydrich hatte die diesbezüglichen Anweisungen im Juli 1940 als außerordentlich radikal bezeichnet. Meisinger wurde so berüchtigt, dass man ihn den Schlächter von Warschau nannte. Walter Schellenberg schreibt in seinen Memoiren, er habe als Entgegnung auf eine Intrige von Meisinger gegen ihn Gestapochef Müller Informationen über die (so Schellenberg) bestialischen Taten von Meisinger in Warschau zukommen lassen. Nach Ende der Untersuchungen habe Himmler entschieden (so Schellenberg), Meisinger vor ein Standgericht zu stellen und zu erschießen, er wurde aber durch Heydrich gerettet, der ihn nach Japan schickte. In seinem späteren Prozess in Warschau behauptete er, im Oktober 1940 schon nicht mehr in Warschau gewesen zu sein, doch ist auch seine Beteiligung an der Errichtung des Warschauer Ghettos um diese Zeit wahrscheinlich.
Im Februar 1941 heiratete er seine Sekretärin, die auch eine ehemalige Sekretärin von Himmler war. Im März 1941 war er kurzzeitig im Reichssicherheitshauptamt tätig, um dann vom 1. April 1941 bis Mai 1945 als Polizeiverbindungsführer und Sonderbeauftragter des SD an der deutschen Botschaft in Tokio tätig zu werden. Weiterhin war er Verbindungsoffizier des SD zum japanischen Geheimdienst. Eine seiner Aufgaben in Japan war die Beobachtung des Korrespondenten und insgeheimen Sowjetagenten Richard Sorge, gegen den man in Berlin einen ersten Verdacht hegte er wurde jedoch dessen Trinkkumpan und einer von dessen besten Quellen. Schellenberg bemerkte in seinen Erinnerungen, dass er, statt sich seiner Aufgabe zu widmen sich einem bequemen Leben hingab und plötzlich die Rolle des Biedermannes spielte. Über Sorge hatte er nur Gutes an Schellenberg zu berichten. Nachdem Sorge im Oktober 1941 von den Japanern verhaftet worden war, versuchten Meisinger und der deutsche Botschafter Eugen Ott die Sache zu vertuschen. Als Ivar Lissner schließlich doch das Ausmaß des Verrats nach Berlin enthüllte, was zur Ablösung von Ott führte, war Meisinger eine der treibenden Kräfte, ihn seinerseits bei den Japanern anzuschwärzen und verhaften zu lassen. Seine rücksichtslosen Methoden, Gegner zu beseitigen, wurden auch schnell in den deutschen Gemeinden in Shanghai und Tokio bekannt. Er schickte sie beispielsweise von Japan auf Blockadebrecher nach Deutschland, was damals mit hohen Risiken behaftet war, wobei er zusätzlich den Kapitänen einschärfte, die Delinquenten bei drohendem Verlust des Schiffes zu töten. Eine andere Methode von Meisinger war, unliebsame Gegner den japanischen Sicherheitsbehörden auszuliefern.
Meisinger war in Tokio auch als passionierter Pokerspieler bekannt, allerdings pflegte er seine Mitspieler auch schon einmal mit der Pistole zum Weiterspielen zu zwingen. Bei einem solchen Spiel erschoss er einen deutschen Handelsmarinekapitän, was er allerdings durch Bestechung des untersuchenden japanischen Geheimdienstoffiziers (eines Hauptmanns der Kempeitai) vertuschen konnte. Als dies später bekannt wurde, verübte der Offizier Seppuku.
Beim Auswärtigen Amt hatte Meisinger gleich nach seiner Ankunft in Tokio so offenbar seine Unfähigkeit demonstriert, dass dies von Ribbentrop in der Folge benutzt wurde, den Einfluss des SD an den Botschaften zurückzudrängen besonders die Polizeiattachées waren ihm ein Dorn im Auge. Meisinger, der stets bemüht war, seine eigenen vermeintlichen Karriereaussichten zu verbessern, auch durch Aktivitäten, die seine Kompetenzen weit überschritten, hatte nach Berlin Gespräche mit dem buddhistischen Abt Ignaz Trebitsch-Lincoln (den er in Shanghai kennengelernt hatte, wo Meisinger ein Agentennetz aufbaute) angeregt, mit dem Ziel, einen Aufstand in Tibet zu organisieren. Meisinger wusste, dass diese phantastischen Ideen auch in Himmlers Umkreis, beim Ahnenerbe, verfolgt wurden, ihm war aber nicht bewusst, dass Trebitsch-Lincoln als eine Art Hochstapler bekannt war. Meisinger war daraufhin beim Auswärtigen Amt, das sich bei Himmler beschwerte, diskreditiert, wurde aber nicht abberufen. Für sich selbst zog er die Konsequenz, künftig nicht mehr über die offiziellen Kanäle des Auswärtigen Amts mit Berlin zu kommunizieren.
Daneben widmete sich Meisinger selbst in Japan der Judenverfolgung. So intervenierte er 1941 bei den japanischen Dienststellen und forderte sie auf, die etwa 18.000 jüdischen Flüchtlinge aus Österreich und Deutschland im von den Japanern besetzten Shanghai zu ermorden. Seine Vorschläge sahen unter anderem die Errichtung eines Vernichtungslagers auf der Insel Chongming Dao im Yangtse-Delta vor oder das Töten durch Aushungern auf Frachtern vor der chinesischen Küste. Die japanische Admiralität, von der Shanghai verwaltet wurde, gab den Vernichtungsplänen der deutschen Verbündeten aber nicht nach. Die Japaner errichteten allerdings ein Ghetto im slumartigen Shanghaier Stadtteil Hongkou schon 1939 in Tokio geplant, bevor Meisinger überhaupt in Asien war mit etwa der doppelten Bevölkerungsdichte Manhattans, das durch japanische Soldaten unter dem sadistischen Befehlshaber Ghoya streng abgeschottet blieb und das die Juden nur mit spezieller Erlaubnis verlassen durften. Etwa 2000 Juden starben im Ghetto von Shanghai.
Trotz seiner Verwicklung in die Sorge-Affäre (für deren mangelnde Aufklärung ihm Botschafter Ott einen großen Teil der Schuld zuschob) wurde er sogar noch am 25. Januar 1943 zum Oberst der Polizei ernannt. Amerikanische Dienststellen verhafteten ihn am 6. September 1945 in Yokohama, um ihn 1946 an polnische Behörden auszuliefern. Am 17. Dezember 1946 wurde er mit Ludwig Fischer, Ludwig Leist und Max Daume in Warschau wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Der Oberste Volksgerichtshof in Warschau verurteilte Meisinger am 3. März 1947 zum Tode, worauf er am 7. März 1947 im Warschauer Gefängnis Mokotów durch den Strang hingerichtet wurde.