Silbertod

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ticino1
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Silbertod

Beitrag von ticino1 »

Heise Online hat geschrieben:Das Deutsche Musikarchiv fürchtet um seinen CD-Bestand. Der viel gepriesene Tonträger zerfällt langsam, aber sicher. Die Versprechungen der Industrie Anfang der 80er-Jahre, mit der CD ein Speichermedium für die Ewigkeit gefunden zu haben, entpuppten sich als Ente. "Selbst bei perfekten Lagerbedingungen kann man den langsamen Zersetzungsprozess einer CD nicht aufhalten", klagt der Leiter des Archivs, Ingo Kolasa.

Das Archiv beherbergt hierzulande die umfassendste Musiksammlung: Seit 1983 wird von jeder Audio-CD, die in Deutschland verlegt wird, ein Exemplar in dem Musik-Archiv in Berlin abgelegt. Mittlerweile lagern dort über 373.000 CDs. Bereits bei rund 200 CDs, die in den ersten drei Jahren der Archivierung eingegangen sind, zeigt ein Messgerät Zersetzungserscheinungen. Er habe schon damals Zweifel an den Versprechungen der Industrie gehegt, sagt Kolasa. "Die CD war der erste Tonträger, der aus einem Material-Mix bestand. Die konnten zu dieser Zeit noch gar nicht wissen, wie diese Stoffe miteinander reagieren."

Vor allem die Lacke, die früher für den Label-Aufdruck verwendet wurden, entpuppen sich heute als Killer jeder CD. Sie fressen sich durch die einzelnen Schichten und beeinträchtigen die Reflexionsfähigkeit der CD. Ergebnis: Sie ist nicht mehr zu lesen. Aber auch infolge regelmäßiger Nutzung erleidet eine CD unwiderrufliche Schäden. Schon durch leichtes Biegen entstehen in ihrem Schutzlack Haarrisse, durch die Feuchtigkeit eindringen und die Schutzschicht so zerstört werden kann. Ist der Tonträger zu lange dem Sonnenlicht oder zu großer Kälte ausgesetzt, werden ebenfalls Zersetzungsprozesse in Gang gesetzt. Kolasas Fazit: Die CD ist viel zu sensibel, um ewig halten zu können.

"Unter idealen Lagerungsbedingungen gebe ich einer CD 50 bis 80 Jahre Lebensdauer", sagt der Leiter des Lehrgebietes Multimedia und Internetanwendungen der Fernuniversität Hagen, Matthias Hemmje. Eine "Lagerung unter idealen Bedingungen" hieße jedoch, dass die CDs nicht angefasst und staub- sowie lichtgeschützt in klimatisierten Räumen aufbewahrt werden müssten, deren Temperatur 18 Grad Celsius nicht übersteigt. An das Abspielen der CD unter solchen Bedingungen sei kaum mehr zu denken.

Noch kurzlebiger sind selbst gebrannte CDs, wie sie in Privathaushalten zu Hunderttausenden im Einsatz sind, um Fotoalben, Musik oder Videos zu sichern. Laut Hemmje können diese unter Umständen schon nach einem Jahr nicht mehr lesbar sein. Der Dozent empfiehlt deshalb, die Daten auf externe Festplatten zu speichern.

Über das Abspeichern ihres CD-Bestands auf externen Festplatten hat das Musikarchiv bereits nachgedacht. Deshalb wurde im vergangenen Jahr ein Probelauf gestartet, bei dem eine Firma die Daten aller 20.000 CDs, die 2006 veröffentlicht wurden, auf einen Massenspeicher kopierte. Das lief gut. Aber es handelte sich auch "nur" um den CD-Bestand eines Jahres. Doch was wird mit den CDs, die vor 2006 erschienen? Darauf weiß auch Kolasa keine Antwort. Geht man davon aus, dass jede CD rund 700 Megabyte Daten speichert, sind bei Kolasa 261 Millionen Megabyte archiviert. Das sind rund 249 Terabyte – auf das Musikarchiv käme so ein hoher und kostpspieliger technischer Aufwand zu. Zudem sind Festplatten natürlich beileibe kein Garant für ewige Archivierung, Sicherungs- und Backupsysteme müssten ebenfalls vorgesehen werden.

Weil das Problem nicht nur das Musikarchiv in Berlin, sondern alle Bibliotheken und Archive weltweit betrifft, forscht Hemmje mit einigen Kollegen seit 2006 im Auftrag der EU, wie sich Dateien so sichern lassen, dass sie auch in 100 Jahren noch zu lesen sind – sowohl was Haltbarkeit als auch die Kompatibilität der Daten angeht. Sonst könnte es sein, dass in 100 Jahren niemand mehr Beethoven oder Mozart kennt – weil niemand mehr ihre Musik hören kann. So sehr Kolasa ein Speichermedium, das ewig hält, begrüßen würde, wäre es für ihn doch nur ein "Mittel, eine schlechte Kopie festzuhalten". Sein Sammlerherz würde viel lieber die Original-CD erhalten. Doch von diesem Traum muss er sich langsam verabschieden und wird nostalgisch: "Ach wäre man doch bei der guten alten Schellack- oder Vinyl-Platte geblieben."
Ich bin auf diesen Artikel aufmerksam geworden, nachdem ich in Fernseher einen Beitrag (war es Nano?) gesehen habe. Die CDs der ersten Generation sehen bereits wie schweizer Käse aus, und können nicht mehr fehlerfrei abgespielt werden. Schrecklich.

http://www.d-nb.de/wir/ueber_dnb/dma.htm
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Veritas_In_Omnes
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Beitrag von Veritas_In_Omnes »

Ist schon recht unangenehm für Leute wie mich, die monatlich mehrere CDs bestellen. Wenn ich daran denke, dass das meiste, was ich besitze, in 20-40 Jahren nicht mehr lesbar ist, wird mir schon mulmig. Zwar hab ich angefangen, Alben die mir wirklich wichtig sind, auch auf Vinyl zu besorgen, aber es wird ja auch nicht alles auf das schwarze Gold gepresst.
Mr. X

Beitrag von Mr. X »

Pff, 20-40 Jahre, was interessiert mich das? Bis dahin kann man das Zeugs eh auswendig oder man kauft sich den stilvollen Re-re-re-release.
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Veritas_In_Omnes
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Beitrag von Veritas_In_Omnes »

Wenn du bereit bist, für alles den doppelten und dreifachen Betrag hinzublättern ist das nur gut und recht, ich hab allerdings vor, meine CDs in ein paar Jahrzenten auch noch hören zu können, wenn ich sie noch nicht verkauft haben werde.
Mr. X

Beitrag von Mr. X »

In ein paar Jahrzehnten bin ich entweder verdammt reich oder die Welt ist nur noch Schutt und Asche. So what?

Ausserdem, die ganzen Songs gibt es ja mittlerweile online. Meinst du, ich höre mir immer noch die alten Bathory-CDs wie vor 10 Jahren täglich an? Wenn "Sacrifice" mal an einer Party läuft, reicht das völlig. Man kann ja trotzdem noch auf die CD-Cover onanieren.

Weiteres Beispiel: VHS-DVD. Ich hab mir alle wichtigen Filme nachgekauft und fand mich voll cool dabei.

(sieht entsetzt zu, wie sich seine CDs zersetzen und sich in eine amorphe Kreatur verwandeln)

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Chuaghan
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Beitrag von Chuaghan »

Das musste ja irgendwann so kommen...
Ich bin dafür, dass Vinyl wieder modern wird...
Was sind schon blöde CDs?
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Lundamyrstrollet
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Beitrag von Lundamyrstrollet »

Nun, der nächste Schritt wird einfach der Übergang in andere Datenspeichersysteme sein. Z.B kleine Kuben aus Diamant (oder ähnlich stabilen Kristallen) mit neuer Technologie zu Speichern gemacht könnten dann nahezu unendliche Lebensdauer und Terrabytes an Speicherplatz vereinen. Das Einzige was dann an CD's zu vermissen sein wird sind die Booklets...
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the muppet show
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Beitrag von the muppet show »

Ich versteh das ganze "entsetzen" um den Zerfall von CD's nicht...habt ihr irgendwie erwartet die Teiler seien aus Titan? Wenn man scheisse baut kann man die Dinger schon in paar Monaten nicht mehr brauchen, und dann erwartet jemand, dass man die Dinger über 50 Jahre halten könne...pha!
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Veritas_In_Omnes
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Beitrag von Veritas_In_Omnes »

Es geht nicht darum, dass man sie, wenn man achtlos damit umgeht, nach ein paar Durchläufen nicht mehr gebrauchen kann, sondern, dass sie ohne jeglichen Einfluss des Käufers irgendwann nicht mehr lesbar sind. Ich hab hier zu Hause noch diverse Schallplatten die weit über 40 Jahre alt sind, sehr oft angehört wurden, und trotzdem noch perfekt abspielbar sind. Die wurden auch nicht unter "idealen Bedingungen" gelagert und trotzdem funktionieren sie besser als CDs, die ich mir früher angehört, später auf den PC kopiert und die CD nie wieder in ein Laufwerk gelegt hab.
Chuaghan
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Beitrag von Chuaghan »

Das Problem ist einfach bei CDs, dass die Daten in eine Schicht eingebrannt sind, die eben sehr empfindlich ist. Bei Schallplatten hat man quasi Musik zum "Anfassen". Eine Gravur auf Kohlenstoff.
Havørnen
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Beitrag von Havørnen »

Ach was. In 50 jahren gibt es so viele Türken und Albaner hier, dass euch sowieso schon alle CD's inklusive der Stereoanlage gestohlen wurden.
BlackFrost
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Beitrag von BlackFrost »

Ich rege mich erst auf,wenn die CDs auseinanderfallen. :wink:
Chuaghan
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Beitrag von Chuaghan »

Havørnen hat geschrieben:Ach was. In 50 jahren gibt es so viele Türken und Albaner hier, dass euch sowieso schon alle CD's inklusive der Stereoanlage gestohlen wurden.
Hör bloß auf, sonst schiebe ich heute noch Aggressionen und laufe im Hochhausghetto Amok...
Mr. X

Beitrag von Mr. X »

Lundamyrstrollet hat geschrieben: Das Einzige was dann an CD's zu vermissen sein wird sind die Booklets...
Ja, das ist auch mein Hauptproblem. Schon durch den Übergang von Vinyl zu CD wurden die Cover-Artworks viel weniger "künstlerisch". Aber wer weiss, vielleicht kommen wieder selbstgezeichnete Covers wie bei Demo-Tapes in Mode?

Irgendwie passt diese Entwicklung sehr gut zur Krise der Musikindustrie allgemein: Mp3, I-Pod sowie auch Myspace verändern Hör- und Kaufgewohnheiten der Konsumenten, jeder Volltrottel kann Musik veröffentlichen, die CD-Läden sterben aus.

Traurig.
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Tuhka
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Beitrag von Tuhka »

M.K.J. hat geschrieben:
Lundamyrstrollet hat geschrieben: Das Einzige was dann an CD's zu vermissen sein wird sind die Booklets...
...die CD-Läden sterben aus.

Traurig.
Ich glaube ich werde mich erschiessen wenn ich meine "Am-Freitag-bis-am-Samstag-morgen-Vollsaufen-und-um-11-Uhr-am-Samstag-morgen-in-den-CD-Laden-gehen-und-für-300-franken-cds-kaufen"
Sessions nicht mehr durchführen kann! :?
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rübezahl
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Beitrag von rübezahl »

Zitat: "...Sonst könnte es sein, dass in 100 Jahren niemand mehr Beethoven oder Mozart kennt – weil niemand mehr ihre Musik hören kann..."

Wie gut dass dieser Spasti annimmt, das Mozart und Konsorten bereits zu Lebzeiten CDs herausbrachten, denn wie hätten denn die heutigen Orchester denn jemals wissen können, wie deren Musik klingt?!?! Dumm nur dass diese CDs nun schon 300 Jahre alt sein müssten, so gesehen also schon vollkommen kompostiert sein müssten.
Chuaghan
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Beitrag von Chuaghan »

Man kann aber schlecht jede Art von Musik als Noten konservieren.
Mr. X

Beitrag von Mr. X »

Chuaghan hat geschrieben:Man kann aber schlecht jede Art von Musik als Noten konservieren.
Stimmt, für den Hip-Hop siehts schlecht aus.
Chuaghan
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Beitrag von Chuaghan »

Richtig. So wird er schließlich doch ausgerottet.
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Graf von Hirilorn
Engel
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Beitrag von Graf von Hirilorn »

Hähä...
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