Kategorie: Interview
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Schweiz. Basel. Ein Mann, eine Aufgabe. Vor ihm liegend ein Zettel mit einer Mobiltelefonnummer drauf, die u.a. die Zahlenfolge 666 beinhaltet. Angstschweiss, Zittern, rasender Puls...

Schweiz. Basel. Ein Mann, eine Aufgabe. Vor ihm liegend ein Zettel mit einer Mobiltelefonnummer drauf, die u.a. die Zahlenfolge 666 beinhaltet. Angstschweiss, Zittern, rasender Puls. Diese Nummer gehört einem, den sie Mike nennen. Mike spielt Schlagzeug in einer verdammt harten Death Metal Band, nämlich eyes see red. Ein letzter Seufzer des Anrufers, ein tiefer Atemzug noch, aber dann geht's los. Die Nummer wird gewählt. Point of no return - Jetzt gibt es kein zurück mehr. Ein Freizeichen ertönt. Einmal, zweimal. Eine unbekannte Stimme meldet sich ...

... und schon legt der sprechfreudige Mann am anderen Ende der Leitung los, sehr zur Freude des Anrufers, denn schon bald ist klar, dass dieses Interview alles andere als todernst über die Bühne gehen wird, was die einleitenden Worte für dieses Interview ja schon vermuten lassen. Na super! Ist doch mal eine nette Abwechslung! Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen zeigt dieses Gespräch gut, um was es bei eyes see red eigentlich geht. Die drei Herren wollen Spass bei dem haben, was sie machen, ohne dabei die nötige Gewissenhaftigkeit zu verlieren, wenn es um die Arbeit an Ihren Songs, den Texten und um das ELKS Syndicate geht. Nun aber volle Aufmerksamkeit für Mike Meier, den Drummer, der notfalls sein Equipment auch mal am Boden festnagelt, wenn es ihm während dem Konzert um die Ohren fliegt. Einsatz ist alles!

Wie man Eurer Biografie entnehmen kann, ist eyes see red eine klassische Death Metal Truppe, die aus einer Hardcore Band namens Last Warning hervorgegangen ist. Wieso der Stilwandel? Hattet Ihr keine Lust mehr, Hardcore zu spielen?


Mike Ja, kann man so sagen. Zu der Zeit, als wir mit Last Warning Hardcore gespielt haben, konnten wir eigentlich gar nichts anderes. Wir waren damals gerade mal 18 Jahre alt und hatten vielleicht drei Jahre ernsthaft auf unseren Instrumenten gespielt. Zu mehr hat es einfach nicht gereicht. Wir fühlten aber schon damals einen starken Bezug zu Death Metal, und als wir dann unsere Instrumenten im Griff hatten, spielten wir Death Metal.

Du würdest also sagen, dass Hardcore für diejenigen ist, die keine Instrumente spielen können?

Mike Haha ... Nein. Aber das ist ja auch ein Stückweit die Philosophie von Punkrock und Hardcore ... oder nicht?

Eure beiden Bandnamen, Last Warning und eyes see red, sind Songtitel von anderen Bands (Last Warning von Agnostic Front/Eyes See Red von Solstice - Anm. d. Red.). Daher kann man wohl davon ausgehen, dass diese Namen keine besondere Bedeutung für Euch haben, oder?

Mike Nein, eigentlich nicht. Ich hab einfach vor dem CD Regal gestanden und auf den coolen Alben nachgeschaut, ob darauf vielleicht ein Titel sei, den man als Bandnamen verwenden könnte. Insofern hat der Name eyes see red keine tiefere Bedeutung. Ich finde aber, dass er sehr gut passt, da er nicht so klischeemässig ist. Ausserdem drückt er aus, dass es bei unserer Musik um Aggression geht. Das war noch wichtig.

Wieso habt Ihr Euch für klassischen Death Metal entschieden und nicht etwas melodiöseres mit Keyboards oder sowas gemacht? Man kann mit Death Metal sicherlich einen Achtungserfolg erzielen. Aber eine grössere Hörerschaft damit zu erreichen, ist sicherlich schwierig.

Mike Weisst Du, wir haben uns niemals daran orientiert, was andere Bands machen. Als wir damals angefangen haben, Death Metal zu spielen, so um 1996, war diese Musik ja gerade ziemlich am Boden. Wir haben einfach das getan, was uns Spass bereitet hat, und das war nun mal Death Metal. Einen speziellen Grund dafür gibt es eigentlich nicht.

Ja. Und Hardcore ist ja auch nicht mehr in. Umsteigen lohnt also nicht mehr.

Mike Haha. Nein, nein, keine Angst, Hardcore machen wir bestimmt nicht mehr!

Ihr bezeichnet Euch selbst als absolute Liveband und habt das Album Embrace It, wie ich gelesen haben, quasi zu Eurer eigenen Ueberraschung aufgenommen. Wie kam es dazu?

Mike Also es ist eigentlich nicht so, dass wir grundsätzlich gegen Aufnahmen sind. Wir haben ja schon ein Demo aufgenommen. Die Sache war eher so, dass andere Bands schon vor Jahren damit begonnen hatten, ihre Musik auf eine CD zu bringen, und wir eigentlich eher noch mal ein Demotape machen wollten. Aber mittlerweile kostet die Herstellung von CD's etwa gleich viel. Also sagten wir uns: Wenn wir schon etwas aufnehmen, warum dann nicht gleich auf ein Medium, dass sich nicht abnützt? Ausserdem ist Christian, unser Sänger, sowieso ein absoluter Studiofreak. Die 'Ueberraschung' an der Sache war eher, dass aus dem ganzen plötzlich eine CD geworden war.

Gab es irgendwann mal einen besonderen Zwischenfall bei einem Eurer Livekonzerte?

Mike Ja, da war schon eine coole Sache. Wir hatten im Herbst 1998 angefangen, die CD aufzunehmen und daher lange kein Konzert mehr gespielt. Irgendwann muss uns dann wohl ein wenig der Bezug zum Livespielen verloren gegangen sein, was man am ersten Konzert nach dieser Zeit auch ein bisschen merkte. Ausserdem bestand das Publikum aus 50% Frauen, wogegen ja nichts einzuwenden ist, aber es ist auch irgendwie ungewohnt. Das Konzert war zugleich die CD Taufe, also wurde natürlich noch eine kleine Showeinlage eingebaut. Irgendwann bin ich von meinem Drumkit aufgestanden, nach vorne gekommen und habe gesagt, dass meine Fruchtblase geplatzt sei. Daraufhin wurde mir der Bauch aufgeschnitten, war eine riesen Sache mit einer Menge Kunstblut haha, und eine CD rausgenommen (don't try this at home kids, es war alles nur Show - Anm. d. Red.). Das war dann quasi die Taufe. Na ja, die Sache ist mächtig gut angekommen, und es wurde eine super Party aus dem Konzert. Wir mussten 4 Zugaben spielen!

Ich glaube, Ihr habt bei Eurer Musik sowieso viel Spass und nehmt nicht alles so ernst, oder?

Mike Ja sicher. Klar, wenn es um die Musik und die Texte geht, gehen wir schon ernsthaft an die Sache heran. Aber ich mein, warum geht man an ein Metal Konzert? Um ein Bier zu trinken und ein bisschen Party zu haben, oder? Bei uns ist das genauso, wenn wir spielen. Wir machen es gerne und wollen ein wenig Spass dabei haben. Das soll man uns dann auch anmerken.

Euer Sänger, der Christian, trägt auf dem Bookeltphoto Anzug und Krawatte. Läuft der auch auf den Konzerten so rum?

Mike Haha. Nein, nein. Das war ursprünglich ein Gag, aber dieses Gerücht haftet uns immer noch an. Wir waren an so einem Jugendkonzert eingeladen worden. Vor uns hatten diverse Mundartrockbands (für alle unsere ausländischen Gäste, so nennen wir das, wenn unsere Bands in ihrem eigenen Dialekt singen - Anm. d. Red.) gespielt. Wir waren da sowieso nur dabei, weil einer von uns gerade was mit einer von den Damen hatte, die bei der Konzertorganisation involviert war. Jedenfalls traten wir als letzter Act auf, wahrscheinlich damit die Kids dann irgendwann nach Hause gehen würden haha. Wir waren dort eh völlig fehl am Platz und dachten: Wenn wir schon da auftreten, dann gleich in Anzug und Krawatte, um die Kids völlig zu irritieren.

Ja und ... sind die Kids dann auch gegangen?

Mike Das war sehr erstaunlich. Wir wurden eigentlich ziemlich gut akzeptiert. Aber schon bei den ersten Songs ist mein Schlagzeug ständig auseinandergeflogen, sodass wir nach jedem Titel zu einer Pause von ca. 10 Minuten gezwungen wurden. Zum Schluss musste ich sogar mein Schlagzeug am Boden festnageln. Na ja, und für das Bookletphoto haben wir unseren Sänger eben noch mal in einen Anzug gezwängt.

Es ist sicher auch nicht einfach, als Death Metal Band in der Schweiz Auftritte zu bekommen. Wo liegen die Probleme? Keine Clubs oder keine Leute?

Mike Ich glaube einfach, dass viele Bands darauf warten, dass sie jemand anruft, um sie zu buchen, anstatt selber zu versuchen, etwas zu organisieren. Das bedeutet halt auch, dass Du selbst mal an die Kasse oder an die Bar stehen musst, während die anderen Bands spielen. Wenn Du eine gute Location hast und genügend Promotion betreibst, kommen auch die Leute. Mit dem ELKS Syndicate haben wir einmal Verlust gemacht, aber das war's dann auch schon.

Du hast gerade das ELKS Syndicate erwähnt, eine Organisation, bei der Du mitarbeitest. Erzähl doch mal was darüber.

Mike Wir sind ein Zusammenschluss von vier Bands. Neben uns gehören Lost Chapter, Knowhere und Slaine dazu. Die ganze Sache kam ursprünglich und in erster Linie deshalb zustande, weil man eben als Death Metal Band in Sachen Konzerte immer alles selber machen muss. Wir wollten uns einfach gegenseitig bei den Konzerten etwas aushelfen. Marco von Slaine hat dann den Anstoss gegeben, etwas mehr daraus zu machen, und so wurde ein Verein daraus, der auch dazu da ist, andere Bands zu unterstützen, die wie wir einfach aufs Musikmachen aus sind. Seit der eyes see red CD Taufe haben wir einmal im Monat ein Konzert aufgezogen, und das läuft wie gesagt prima.

Noch eine Frage zu Euren Texten. Die sind ja ziemlich thrashig und splatterlastig. Was bedeuten Euch die Texte? Müssen sie einfach zur Musik passen oder steht da schon mehr dahinter?

Mike Ehm, das wundert mich jetzt doch, dass Du sagst, unsere Texte seien hauptsächlich thrash- und splatterlastig. Eigentlich ist das ja nur bei den beiden letzten Songs der Fall.

Sicher? Ich hatte so den Eindruck. Vielleicht habe ich die falschen Stellen gelesen.

Mike Ja. Ich meine, ich gebe mir schon sehr Mühe, möglichst gute Texte zu schreiben. Die splatterlastigen Lyrics waren mehr for Fun.

Oh. Dann habe ich vielleicht die Texte von Tiburón gelesen statt Eure haha (andere Death Metal Band aus der Schweiz - Anm. d. Red.).

Mike Ja wahrscheinlich haha.

Und was ist mit dem zweiten Song To Kill The Demon? (unglaublich, jetzt versucht er sich noch rauszureden!! - Anm. d. Red.) Na ja stimmt, eher klassisch, nicht unbedingt Splatter. Okay, haha, vergessen wir das. Ehm, wie sieht die Zukunft von eyes see red aus. Wollt Ihr noch eine Platte machen und auch weiterhin soviel wie möglich live spielen? (welch vorzüglicher Uebergang - Anm. d. Red.)

Mike Ja sicher. Ich werde aber in naher Zukunft auch noch ein Jahr in die Staaten gehen. Während dieser Zeit werden die anderen beiden Jungs wohl sonst was machen. Aber wenn ich zurückkomme, werden wir natürlich sofort wieder ein Liveset zusammenstellen und spielen. Für eine neue Platte haben wir im Moment noch nicht genügend neue Songs, nur halbfertige. Aber sobald genug fertige Titel vorhanden sind, werden wir auch wieder etwas aufnehmen.

Ok. Ich nenne Dir nun noch ein paar Begriffe, und Du sagst mir, was Dir dazu einfällt.

Celtic Frost?

Mike Geil!

Das Wichtigste im Leben?

Mike Die Musik.

Fondue? (Schweizer Käsegericht, nur mit Schnaps drin ein Original - Anm. d. Red.)

Mike Köstlich!

Geld?

Mike Beruhigend, wenn man es hat.

Weibliche Fans?

Mike Wunderbar!

Das Jahr 1291?

Mike Ein Mythos!

Embrace It?

Mike Die Platte, wie wir sie zu dieser Zeit machen mussten.

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