(Könnte sogar sein ECHTES Alter sein...

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Als Aktion Ossawakim wird eine sowjetische Geheimoperation unter Leitung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland bezeichnet, bei der im Wesentlichen ab den frühen Morgenstunden des 22. Oktober 1946 mehr als 2500 ausgewählte deutsche Fachkräfte, Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker, die auf Spezialgebieten tätig waren, aus militär- und wirtschaftspolitisch relevanten Betrieben und Institutionen der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem sowjetischen Sektor von Berlin sowie weitere ca. 4000 Familienangehörige zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt wurden.
Mit ihrem Vorgehen verstieß die Sowjetunion gegen die Kontrollratsproklamation Nr. 2 (Zusätzliche an Deutschland gestellte Forderungen) vom 20. September 1945, die festgelegt hatte, dass die Auswahl der zu Reparationsleistungen ins Ausland verschickten deutschen Arbeitskräfte und die entsprechenden Maßnahmen von deutschen Behörden so, wie sie „von den Alliierten Vertretern angeordnet“ wurden, durchzuführen seien.
Teilweise wurden die Familien der Betroffenen sowie deren Mobiliar mit verlagert. Die Jahre in der Sowjetunion verliefen ohne Arbeitsverträge und oft ohne Legitimation durch Personaldokumente.
Die Sowjetunion wollte damit den vollständigen Zugriff auf die deutschen Technologien sowohl durch Transfer des Expertenwissens als auch durch die Demontage der Produktionsanlagen und deren Wiederaufbau in der Sowjetunion sicherstellen. Mit der Verfügung des Ministerrates der UdSSR Nr. 1539-686 vom 9. Juli 1946 legte Stalin den 22. Oktober 1946 als Beginn der Demontagearbeiten fest.
Die Aktion Ossawakim war in ihrer Dimension beispiellos: In einer konzertierten, geheimgehaltenen Aktion wurden am 22. Oktober 1946 innerhalb eines halben Tages Einrichtungen in der gesamten sowjetischen Besatzungszone einbezogen und 92 Güterzüge zum Abtransport bereitgestellt. Detailliert stellte sich das zum Beispiel so dar: Kurt Magnus bemerkte Tage vorher auf dem Bahnhof von Bleicherode ein ungewöhnliches geschäftiges Treiben sowjetischen Militärs und die Ankunft von Güterzügen. Einem Dessauer gelang Stunden vorher die Flucht. Eine telefonische Warnung seinerseits an Kollegen war nicht möglich; das Telefonnetz war stillgelegt. Ebenso ruhte der öffentliche Personen-Nahverkehr in Dessau. Ein Konstrukteur der Zeiss-Werke erlitt einen tödlichen Herzinfarkt, als er von seinem Abtransport erfuhr.
In der Sowjetischen Besatzungszone und Ost-Berlin hingegen wurde die Verschleppung nach einem kurzen Aufschrei des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) totgeschwiegen. Sowohl die deutschen als insbesondere auch die sowjetischen Werkleitungen waren von dieser stabsmäßig vorbereiteten Aktion überrascht und vermochten nicht einzugreifen.
Der nach Gorodomlija verschleppte Kreiselspezialist Kurt Magnus schreibt darüber:
„Erst Tage, sogar Jahre danach sind genauere Einzelheiten zu dieser großangelegten, perfekt geplanten und zugleich sorgfältig geheim gehaltenen Verschleppungsaktion durchgesickert. Nicht nur in Bleicherode, in der gesamten sowjetischen Besatzungszone hatte man schlagartig zugegriffen: in Halle, Leipzig und Dresden; in Dessau, Jena und Rostock; in Brandenburg, Potsdam und Ost-Berlin. … 92 Züge, mit dem Beutegut Mensch beladen, passierten damals Frankfurt/Oder.“
Unabhängig von der Aktion Ossawakim wurden etwa 50-60 Häftlinge mit technischem Spezialwissen aus sowjetischen Speziallagern in der SBZ zur Arbeit in Konstruktionsbüros des NKWD/MWD deportiert, um dort unter Scharaschka-Bedingungen zu arbeiten. Eine weitere Gruppe von 200-250 Kriegsgefangenen (meist Handwerker, aber auch Wissenschaftler und Ingenieure) wurden aus Kriegsgefangenenlagern rekrutiert und Einrichtungen der Atomforschung zugeordnet.
Während des Aufenthalts in der Sowjetunion gab es einige Fälle von Widerstand. Dieser richtete sich anfangs gegen die Verschleppung selbst, den rechtelosen Zustand ohne Arbeitsvertrag und die anfänglich oft katastrophalen Arbeits- und Wohnbedingungen. Da die Sowjetunion den deutschen Spezialisten deutlich höhere Gehälter und Essensrationen gewährten als sowjetischen Angestellten mit vergleichbarer Ausbildung, wurde jedoch in den ersten Jahren nur vereinzelt aktiver Widerstand geleistet, zumal Mangelwirtschaft und Hunger in der Nachkriegszeit in Deutschland abschreckend wirkten. Zudem organisierten die deutschen Kollektive in ihren Aufenthaltsorten kulturelle Veranstaltungen und gegenseitige Hilfe, um das Leben angenehmer zu machen.
Mit zunehmender Dauer der Verschleppung kam es ab Mitte 1950 vereinzelt zu Streik. In Gorodomlja weigerten sich führende deutsche Spezialisten, weitere Aufgaben zur Raketentechnik zu bearbeiten, da ihnen Rüstungsminister Ustinow kein Datum der Rückkehr zusicherte. Die sowjetische Werksleitung ersetzte Helmut Gröttrup als Leiter des deutschen Kollektivs durch Johannes Hoch und dann Waldemar Wolff, die sich kooperativer verhielten, und beauftragte die deutschen Spezialisten nur noch mit zweitrangigen und voneinander isolierten Aufgaben. In der Flugzeugindustrie kam es Ende 1953 zu Protesten, als der ursprünglich geplante Rückkehrtermin verschoben wurde und Upra-Spezialisten nach Sawjolowo verlegt wurden. Den Spezialisten für Lenkwaffen und Radartechnologie in Tuschino war vertraglich die Rückkehr im Februar 1955 zugesichert. Nach einer Ankündigung der Verlängerung bis Ende 1957, kam es zu Streikdrohungen, Aufstand der Ehefrauen und eingeschlagenen Fensterscheiben.
Nach einer Isolierungsphase, in der sie nur noch in nebenrangige sowjetische Entwicklungen involviert waren, kehrten die Spezialisten in den Jahren 1950 bis 1958 nach Deutschland oder Österreich zurück, davon mehr als 90 % bis 1954. Vor ihrer Abreise wurden sie zur Verschwiegenheit über die Jahre in der Sowjetunion belehrt. Die in die DDR zurückgekehrten Spezialisten erhielten in der Regel großzügige Angebote für leitende Stellungen, ihre Familien bevorzugt Wohnraum. Überläufer in den Westen berichteten dem britischen Secret Intelligence Service (MI6) und dem amerikanischen CIA über die Ergebnisse der Forschungsarbeiten.
Zu den Spätheimkehrern gehörten insbesondere die Spezialisten für Lenkwaffen und Radartechnologie aufgrund ihrer Kenntnisse zur sowjetischen Flugabwehr. Im September 1956 durften nur diejenigen zurückkehren, die für die DDR optiert hatten.