Wann genau ist deine Faszination für das germanische Heidentum entsprungen?
Vor ein paar Jahren(3-4?), wann genau, weiß ich nicht mehr. Ich habe mal mit jemandem über das Leben philosophiert und er sagte mir, dass meine Denkungsweise sehr heidnisch wäre, also fing ich an mich dafür zu interessieren.
Lebst du nach Sitt und Brauch der alten Heiden?
Nein. Wodurch definiert sich denn Sitt und Brauch? Da es im Heidentum unangebracht war, zu den Göttern zu beten (weil Beten eine Art ist, den Willen der Götter beeinflussen zu wollen), gibt es keine wirklichen Richtlinien für ein heidnisches Leben. Ich habe meinen Lebenstil angepasst, was bedeutet, dass mein persönliches Empfinden anderen Menschen gegeüber, oder gegenüber der Natur sehr heidnisch geprägt ist.
Wie wiederspiegelt sich dies in deinem Alltag?
Alles zu erklären, wäre Wahnsinn, es äußert sich eher unterbewusst in meinem Umgang mit anderen Menschen und vor allem in Bezug auf meine Sicht von "Gut" und "Böse". Für mich gibt es kein, wie vom Christentum definiertes Gut und Böse. Wozu gab es denn die verschiedenen Götter, wozu gab es Loki, den Gott der (hauptsächlich) List, der Balder tötete? Ist er nicht auch ein Gott wie die anderen? Klar ist er das, er hat einen Eigenen Charakter und eigene Stärken, sowie Schwächen. Man sollte das, was man gut kann, auch nutzen. Solange man alles, was man tut, mit sich selbst verantworten kann, ist doch alles in Ordnung. Ist denn jeder Streit, jeder Mord derselbe? Ich denke, es gibt viele Gründe, die jemanden dazu veranlassen würden, ernsthaft jemanden zu töten, aber es ist eben nicht immer das Gleiche. Vergewaltigt jemand meine Freundin und ich töte ihn, dann würde ich sicher keine Reue sehen, oder mich selbst zum Sündenbock für irgendeinen Gott machen.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Paganismus (Lehre des germanischen Heidentum) und dir?
Habe ich ja schon erklärt. Mein allgemeines Denken ist ziemlich heidnisch und vor allem wichtiger als die Ausübung bestimmter Rituale oder das Tragen von Symbolen. Allerdings würde ich nicht von einer "Lehre" sprechen, da Heidentum in meinen Augen eher ein Lebensgefühl ist.
Was genau repräsentiert für dich das nordisch-germanische Heidentum?
Vor allem Naturverbundenheit, Individualismus, Freiheit im Denken und Tun, Selbstständigkeit, kein blindes Vertrauen in einen Gott, kein sinnloses Übernehmen von Zitaten anderer Personen, Idole und Priester, sowie Bücher. So vieles eigentlich, dass man ein Buch darüber schreiben könnte.
Erkennst du dich selbst in dem germanischen Heidentum wieder?
Wie gesagt: Mein Lebensstil spiegelt sich darin wieder.
Welcher Zusammenhang findest du besteht zwischen dem uralten Brauchtum und der Schweiz?
Schweiz? Außer, dass die Helvetier selbst Germanen und ein eher zurückhaltendes und friedliches Volk waren, habe ich mich noch nicht wirklich dafür interessiert.
Welchen Einfluss glaubst du hatten die Germanen auf unsere Zeit?
Das ist schwer zu sagen. Vor allem haben sie Europa (zusammen mit anderen europäischen Völkern) eine Religion und eine Kultur gegeben, die sie sehr Eigen macht, im Gegensatz zum Rest der Welt. Wer nun letztendlich daran glaubt, sollte das selbst für sich entscheiden und auch in welchem Maße. Ich will nicht standardisierend klingen, aber das Christentum hat einen erheblichen Teil dazu beigetragen, dass unser Selbstbewusstsein unsere Kultur und unsere Naturverbundenheit den Bach runter gingen. Warum das so ist, könnte ich groß und breit erklären, ist aber gar nicht gefragt, worüber ich auch froh bin.
Wie denkst du steht es mit dem Heidentum heute?
Nich so.
Denkst du es gibt heute noch richtige germanische Heiden?
Wenige. Die meisten setzen sich unter Druck, wollen mehr erfahren über unsere Vorfahren, Rituale ausführen, einfach Heiden sein, weil das Christentum beschissen ist. Ist das denn der Sinn? Für mich hat das alles sehr viel mit Gefühl zu tun und entweder man besitzt ein recht heidnisches Denken oder nicht. Man "MUSS" sich auch gar nicht in irgendetwas einkategorisieren oder alles akzeptieren, was von Möchtegern-Druiden, Asatru-Spinner oder was sonst noch hier so rumläuft übernehmen. Heidentum bedeutet mehr Freiheit als die meisten es sich vorstellen können.
Kennst du Menschen die sich als Heiden klassifizieren und/oder ihr Leben nach dem Heidentum ausrichten?
Nur mich selbst. Die meisten meiner Freunde interessieren sich nicht oder nur Metal-bezogen dafür, dass man nicht von einem heidnischen Lebensstil sprechen kann.
Welche Vorurteile gegen das germanische Heidentum, auch des heutigen Paganismus, hast du kennen gelernt?
Ich habe kein Problem damit, dass jeder versucht, das Heidentum für sich auszulegen, wie er es gerne hätte. Ich habe ein Problem damit, dass das meistens von totalen Hohlbroten inszeniert wird, die keinen Bezug mehr zu Realität haben un eben blind übernehmen und überarbeiten, was schonmal da war.
Wie gehst du damit um?
Ist mir ziemlich egal.