Fabelwesen!

Satanismus, Christentum, keltische und nordische Religionen sowie die zugehörigen Mythologien!

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vampyr supersusi
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Also hier würde ich jetzt auf 'Gefällt mir' klicken. Toller Beitrag, Gonzo, das war eben superspannend zu lesen! :D
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Dr.Gonzo
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Dr.Gonzo »

Danke, Danke! Ich habe das auch nicht alles einfach von Wikipedia kopiert.... ;)
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vampyr supersusi
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Ja, deswegen ist es ja auch ein sehr guter Beitrag! Dieses Nur-Rauskopierte sieht man doch auch fast immer auf den ersten Blick, total mühselig zu lesen ist das auch meistens dann.
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vampyr supersusi
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Die drei Hasen

Es gibt einen (bestimmt ganz alten) Vers, der diese Erscheinung lustig beschreibt: "Drei Hasen und der Löffel drei, und doch hat jeder Hase zwei."

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Das sogenannte Dreihasenbild, aber es ist nicht christlich (wie man anhand des oberen Bildes zuerst denken könnte). Seine ursprüngliche Bedeutung ist verloren gegangen. Man weiss darüber nur, dass es ein uralter, geheimnisvoller Archetypus ist, der in ganz verschiedenen, alten Kulturen und Erdteilen auftaucht. In China zB gibt es buddhistische Höhlenmalereien aus dem 6. Jahrhundert, auf denen das Symbol zu sehen ist, und in der griechischen und römischen Antike hat man es auch wiedergefunden.

Und auch im alten Germanien scheint man die drei Hasen bereits in vorchristlicher Zeit gekannt zu haben. Da gibt es Artefakte aus der Spätantike, bemalte (Oster-)Eier, die das Symbol zeigen, für das grosse Fest zum Frühlingsbeginn. Welches unbestrittenerweise schon vor den Römern gefeiert wurde, und daher könnte natürlich auch der Osterhase ursprünglich gekommen sein.

Und dann habe ich noch diese, sehr interessante Information dazu gefunden:
Die Kunstforscher sind sich heute einig, dass es sich ursprünglich um ein Lichtsymbol handelt, ein lunares Zeichen der kreisenden Bewegung des Mondes, der mal ganz, mal nur halb und mal gar nicht zu sehen ist.
und
Manches ist mehr, als es scheint, manches ist noch verborgen.
8)
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vampyr supersusi
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Arachne

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Arachne, die Tochter des Purpur-Färbers, war eine Weberin in Hypaipa. Das liegt in Lydien, einer altertümlichen Landschaft an der Mittelmeerküste (so in etwa da, wo Izmir heute liegt). Zu der Zeit von Arachne muss das aber Griechenland gewesen sein, weil es da einen Konflikt gab mit Athene. Arachne war nämlich als Weberin unheimlich gut, wurde deswegen viel gelobt und ist dadurch ziemlich eingebildet geworden. Sie hat behauptet, dass ihre Webkunst sogar besser sei als die der Athene, und das war der Ausgangspunkt für einen Wettstreit der beiden, weil Athene sich dieses nicht bieten lassen wollte. Sie ging zu ihr hin, in verkleideter Gestalt, und als Arachne da noch arroganter wurde, anstatt sich zu mässigen, gab sie sich als Athene zu erkennen und forderte sie zu einem Wandteppich-Wettweben heraus.

Das Blöde an der Sache war nur, dass Arachne tatsächlich perfekt weben konnte. Das hat sich dann herausgestellt, und weil ihr Teppich anscheinend besser geworden ist als der von Athene, ist diese dann richtig wütend geworden und hat die Arachne schliesslich vergiftet. Mit Eisenhut, aber sie ist nicht daran gestorben, das Gift hat Arachne in eine Webspinne verwandelt und sie ist seit dem dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit zu weben und an Fäden irgendwo herumzuhängen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Dr.Gonzo »

Ich frage mich bei solchen Fabelwesen ja dann immer, ob und wo deren Geschlechtsteile wären und ob die dann menschlich oder Mischwesen-ähnlich aussehen...


OT:

Der Baba Jaga

Baba Jaga (russisch Ба́ба-Яга́), regional auch Baba Roga, Baba Zima und Ježibaba, ist eine bekannte Figur aus der slawischen Mythologie, die vor allem in Ländern mit mehrheitlich slawischer Bevölkerung eine sehr populäre Märchengestalt ist.

Das Wort Baba bezeichnet in den meisten slawischen Sprachen eine alte Frau oder einfach eine Großmutter. Jaga ist auch eine polnische Abkürzung des weiblichen Vornamens Jadwiga. Roga heißt so viel wie die Gehörnte. Zima bedeutet die Kalte bzw. Kaltherzige.

Bei oberflächlicher Betrachtung ähnelt die Baba Jaga der westeuropäischen Hexe, wie der in Hänsel und Gretel. Über die Deutung der Baba Jaga gibt es zahlreiche Spekulationen insbesondere von esoterischer Seite, die in ihr eine Erdmuttergöttin erkennen will.

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Die Baba Jaga ist der ebenfalls slawischen Waldfrau ähnlich, allerdings ist die Waldfrau meist jung und schön. Wie die Waldfrau gilt sie als unberechenbar und sehr gefährlich. Die Baba Jaga könnte eine alte und von der Einsamkeit und Zauberei verrückt gewordene Waldfrau sein. In manchen ost- und südostslawischen Märchen gibt sich die Waldfrau als unglückliche Tochter namens Marinuschka (Marina) der Baba Jaga aus.

Baba Jaga gilt auch als das dritte Mitglied einer dreifaltigen Göttin, bestehend aus der Jungfrau, der Mutter und dem alten Weib. Sie ist für den Tod und die Wiedergeburt zuständig. In manchen Erzählungen lebt sie mit zwei Schwestern zusammen, die den gleichen Namen tragen. Gemeinsam bilden sie also die komplette Göttin: Jungfrau, Mutter und altes Weib. Stirbt eine der Schwestern durch das Schwert oder durch Feuer, so besprenkeln die anderen beiden sie mit dem „Wasser des Todes“. Dadurch heilen ihre Wunden und sie steht von den Toten wieder auf. Baba Jaga wird deshalb auch oft als Hüterin der Wasser des Lebens und des Todes bezeichnet.

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In alten Märchen lebt die Baba Jaga sesshaft (etwa in einem Tal oder in einem Waldabschnitt) und kann ihre Unterkunft nicht verlassen, weil ihre Zauberkraft mit dem Ort verbunden ist. In späteren vorchristlichen Märchen bewegt sie sich sehr schnell zu Fuß und ist nur an bestimmte natürliche Landesgrenzen gebunden (Flüsse, Berge, Wälder, Täler). In Märchen nach der Christianisierung bekam die Baba Jaga einen Besen, eine schwarze Katze und steht – wie die Hexen – im Bunde mit dem Teufel. Das Christentum begann im Mittelalter die heidnischen Sagen, unter anderem die Sagengestalt Baba Jaga, abzuwerten. So wird aus der machtvollen, klugen alten Frau eine böse, unheimliche Frau, die mit dem Teufel im Bunde steht. Teilweise wird sie sogar als die Großmutter des Teufels bezeichnet.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Fenrisulfr

Fenriswolf, Fenrisulfr oder kurz: Fenrir, sagt man zu ihm und der „Wolf, der sich aus dem Sumpf erhebt" bedeutet sein Name. Als Sohn von Loki und Angrboda, der Riesin, die die Angst, den Schrecken und den Kummer bringt, ist er wohl im Land der Riesen gross geworden (zum Teil wird hier auch von Asgard geschrieben, aber ich glaube, dass das falsch ist).
Auf jeden Fall ist er so riesengross geworden, dass die Asen Angst bekamen, er könnte sie eines Tages verschlingen, und deshalb beschlossen sie, ihn für alle Zeit oben in Asgard festzubinden. Und genau zu beobachten, damit das nicht passieren kann, und so ist er zu dem ersten der drei germanischen Weltfeinde geworden.

Das war aber gar nicht so einfach, mit dem Festbinden. Das überliefert die Gylfaginning, nach mehreren Fehlversuchen mit irgendwelchen Fesseln, die der Fenrir alle problemlos durchgerissen hat, mussten die Asen erstmal die Zwerge in Svartalfheim um Hilfe bitten, für sie einen magischen Faden anzufertigen. Gleipnir hiess der, ein seidenartiges, dünnes Band, welches gemacht war aus "sechserlei Dingen, die es nicht gibt". Oder in der Menschenwelt nicht gibt, das weiss ich jetzt nicht so genau, aber auf jeden Fall waren das: der Schall eines Katzentritts, die Stimmen der Fische, der Speichel der Vögel, die Wurzeln der Berge, der Bart der Frauen und die Sehnen der Bären. Den letzten Punkt verstehe ich bis jetzt nicht so ganz, die Sehnen der Bären (weil Bären haben doch welche), aber in der Gylfaginning steht das so (keine Ahnung).

Jedenfalls funktioniert Gleipnir, und der Fenrir ist nun an einem Felsen in Asgard festgebunden. Bis zum Ragnarök, weil dann wird er sich doch losreissen. Vielleicht wird die Magie des Feuersturms in dem Moment einfach grösser sein, als die von Gleipnir (dazu habe ich bis jetzt noch keine näheren Angaben gefunden). Und dann wird Fenrir Odin und noch ein paar andere Asen verschlingen, und der weitere Verlauf des Ragnaröks ist dann, wie vieles in der germanischen Mythologie, heute sehr stark umstritten. Das liegt an den ganzen christlichen Verfälschungen, ich habe da schon mal hineingesehen und bin zu der Vermutung gekommen, dass auch beim Ablauf des Ragnarök entscheidende Punkte verändert wurden.

Bis jetzt weiss ich noch nicht, was weiter passieren wird, und wie es mit Fenrisulfr im Ragnarök dann wirklich weitergeht. Aber das ist schon in Arbeit, und weil es umfangreich wird, werde ich darauf später zurückkommen in einem gesonderten Beitrag.

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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

(Beitrag entfernt wegen Überarbeitung)
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

(ebenfalls)
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Sleipnir

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Das achtbeinige Pferd Odins, für dessen Namen es mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt. Deswegen habe ich da mal nachgesehen: das Wort könnte sich zB ableiten von 'slifan', was sowohl gleiten, als auch schleifen, oder auch vergehen, verfallen, glätten oder herabfliessen bedeuten kann. Aber es gibt zB auch noch 'slidig' oder 'sleipigaz' für grimmig, grausam, gefährlich oder schneidend. Das ist also ein bisschen schwierig, aber vielleicht ist ja doch die Übersetzung 'Schleifner' richtig. Habe ich jetzt nur so gedacht, weil wenn man das Bild anguckt, sieht das schon ein bisschen wie (rotierende) Schleifen aus, wenn Sleipnir da so galoppiert mit seinen acht Beinen.

Sleipnir ist das vierte Kind von Loki, welches zustande kam, weil Loki sich in eine Stute verwandelt hat, um den Hengst Svadilfari von seiner Arbeit abzulenken. Das wiederum war das Pferd von dem unbekannten Frostriesen, der die Mauer von Asgard gebaut hat. Es gab da einen Termin, und als Lohn für die pünktliche Fertigstellung wollte er die Freya haben, aber durch Lokis Trick wurde die Mauer nicht rechtzeitig fertig und nebenbei ist so Sleipnir entstanden, und Loki hat ihn dann später Odin geschenkt.

Nach einer alten, isländischen Sage ist Sleipnir mal ausgerutscht, als Odin mit ihm über die Arktis geritten ist, dabei hat er einen Huf auf Nordisland gesetzt und so ist die hufeisen-förmige Ásbyrgi-Schlucht entstanden. Und es gibt da noch eine interessante Theorie: einige Historiker vermuten, dass Sleipnir durch seine acht Beine sogar in der Lage sei, einen Reiter bis runter nach Helheim zu tragen. Einen lebenden Reiter, das funktioniert ja sonst nicht, u.a. wegen dem Garm, aber die Anzahl von Sleipnirs Beinen stimmt überein mit der von vier Menschen, die einen Sarg tragen, und durch dieses Symbol hat es zumindestens einmal schon funktioniert. Als Hermodr seinen Bruder Balder aus Helheim zurückholen wollte, dazu hat er sich Sleipnir ausgeliehen, und reingekommen sind sie auf jeden Fall. Deswegen kann das mit dem Zahlensymbol auch auf jeden Fall sein.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Es ist eine neue Erkenntnis da (die vielleicht so wichtig ist, dass sie unbedingt noch hinzugefügt werden muss): es gibt da nämlich den Begriff 'sult-jo' für salzig, oder Salzbrühe, und daher glaube ich nun, dass 'sultr' wahrscheinlich 'Durst' bedeutet. Das Messer der Hel, Durst oder Verdursten (ist doch völlig logisch, eigentlich).
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Graf von Hirilorn
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

DIE TUTURSEL

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Unter diesem Namen soll die Ursel, ursprünglich eine heidnische Göttin, in Eulengestalt herumfliegen. Alte Flurbezeichnungen wie Orechel oder Uarschel weisen auf diese Ursel oder Ursula hin. der Orechel oder Uarschel war früher ein rund 40 Morgen umfassendes Waldstück. Hier wurde ein örtlicher Zusammenhang mit einem heiligen Hain vermutet, der der Göttin Nerthus oder einer von ihr abgeleiteten Fruchtbarkeitsgöttin geweiht war. Mit der Christianisierung wurde aus dieser die Ursula, die mit der „Wilde Jagd“, einem wütenden Geisterheer in Eulengestalt als verwandelte Nonne Ursel umherzieht und als Tutursel (Tut-Orsel) bezeichnet wird. Der Germanist Oskar Schade schreibt dazu in seiner Abhandlung über die Sage von der heiligen Ursula und den 11000 Jungfrauen, dass die heilige Ursula nichts anderes sei, als eine „katholisirte heidnische Göttin, welche auf die Göttinnen der Fruchtbarkeit zurückführt.“ Nahe diesem ehemaligen Wald liegt auch der Urschelberg.

Beim lautmalerischen Namen Tutursel ist es – wie bei vielen anderen Sagengestalten – naheliegend, dass zur Erklärung desselben nachträglich eine volkstümliche, aber wenig plausible Namensgebungs-Legende erfunden und tradiert wurde.

Die Sage von der Nonne Ursel:

In einem Kloster in Thüringen lebte eine Nonne, die Ursel hieß. Sie war keine gute Sängerin und störte mit ihren heulenden Misstönen den Chor. Das trug ihr den Namen Tut-Ursel ein. Nachdem sie nun gestorben war soll sie ihren Kopf durch ein Loch im Kirchturm gesteckt und von elf Uhr am Abend bis um vier Uhr am Morgen täglich mit scheurigem Heulen in den Gesang der Schwestern eingestimmt haben. Am Morgen des dritten Tages hielten die Nonnen es nicht mehr aus und stürmten angsterfüllt aus der Kirche, weil sie vermuteten, dass dieser Gesang von der toten Ursel stamme. Laut riefen sie „Tut-Ursel, Tut-Ursel!“ und trauten sich nicht mehr die Kirche zu betreten. So wurde ein berühmter Teufelsbanner aus einem Kloster der Kapuziner von der Donau gerufen, der die Tut-Ursel mit einem Bann belegte und sie in Gestalt einer Ohreule in das Harzland in die Domburg im Hakel versetzte. Hier soll sie nun dem Hanns von Hackelberg, dem wilden Jäger, begegnet sein mit dem sie seither auf die Luftjagd geht.

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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Die Waldriesen

Bei einzeln stehenden Bäumen muss man natürlich Baumriese sagen. Wie alle Riesen stammen sie ab von Ymir, dem Urzeitlichen, aus dessen Körperteilen die ersten Riesen gewachsen sind. Sie wohnen nun den Wäldern bzw. den Bäumen inne, insbesondere in den grossen und alten Bäumen, und über die Wurzeln sind sie direkt mit der 'Mutter Erde' verbunden.

Also Gerdr, Jörd, Nerthus usw., und daraus ergibt sich ja auch ihre lebensspendende Funktion. Und das ist auch der Grund dafür, warum Wälder, Haine und auch solitäre Bäume von allen germanischen Stämmen kultisch verehrt wurden. Zum Beispiel der heilige Hain der Nerthus, der auf einer der Ostseeinseln liegen soll, oder der heilige Wald im Semnonengebiet:
Unter den Sueven waren die Semnonen das älteste und edelste Volk. Zu gewissen Zeiten hielten sie in einem Wald, heilig durch den Gottesdienst der Vorfahren und durch alten Schauer, Zusammenkünfte ... vor dem Haine tragen sie solche Ehrfurcht, daß niemand hineintritt, der sich nicht vorher in Bande hätte binden lassen, zur Anerkennung seiner Schwäche und der göttlichen Allmacht ... wie aus dem Heiligthum das Volk entsprungen, und der allwaltende Gott da gegenwärtig sey.
(das ist ein römischer Text, wegen dem Begriff allwaltender Gott, die hatten anscheinend damals das Prinzip mit den urzeitlichen Wesen, die vorher da waren, irgendwie nicht so ganz verstanden)

Es war auch möglich, dass die Seele eines Verstorbenen von einem Baumriesen aufgenommen wurde, und dadurch in den Baum überging, das ist sogar schriftlich überliefert worden (und die Quellen darüber gehen bis in das 5. Jahrhundert zurück), auch deswegen war der Baumkult von allerhöchster Bedeutung. Besonders verehrt wurden zum Beispiel Buchenwälder, aber auch alte Eichen, Linden, Eschen und Ulmen, und auch in Tannen und Fichten hat man den beseelten Geist der ungezähmten Natur gesehen. In jedem Baum, im Prinzip, deswegen hat man Baumfrevler zu den härtesten Strafen verurteilt. Das Fällen von Bäumen hat man möglichst vermieden, indem man verwendete, was der Wald von sich aus hergab und wenn es wirklich nicht anders ging, musste man um Verzeihung bitten. Und hoffen, dass der Geist des Waldes den Grund dann auch einsieht, auch wenn die Baumriesen an sich freundlich sind, so konnte der Wald im Zweifelsfall aber auch gnadenlos sein.


Durch ihre Abstammung von Ymir sind die Waldriesen am Anfang der Zeit aus dem Chaos entstanden, und deswegen besitzen sie auch diese unergründlich tiefe Weisheit, die auch die Frostriesen haben. Das ist der Grund, warum eine Gerichtsversammlung bei den germanischen Stämmen, das sogenannte Thing, an besonders alten Bäumen abzuhalten war. Ein Beispiel hierfür ist die Femeiche, die in einem Ort am Rand des Westmünsterlands steht:

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Ravenseiche ist ihr alter Name, und sie steht in einer Gegend, die früher 'Aßenkamp' hiess. Eine Stieleiche, sie ist inzwischen innen hohl und deshalb kann ihr Alter nur grob geschätzt werden. Man geht heute von ca. 850 Jahren aus, aber nach geschichtlicher Überlieferung können es sogar 1500 Jahre sein (oder es ist davor ihre Vorgänger-Eiche gewesen). Unter ihr sind nachweislich bis in das 16. Jahrhundert Gerichtsversammlungen abgehalten worden. Die beiden Namen (von Baum und Gegend) kommen von einer alten, lokalen Sage, nach der Odin selbst schon als Richter unter der Eiche sass, und seine Raben Hugin und Munin hockten in ihren Zweigen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Die Feuerriesen

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Das auf dem Bild ist Surtr, der Schwarze. Er ist der Herrscher von Muspellsheim, dem Reich des Feuers im Süden von Utgard, und da sieht man ihn gerade, wie er das Tor von Muspellsheim bewacht. Es soll eine Gruppe von Feuerriesen sein, ihre Namen sind teilweise in Vergessenheit geraten, aber man weiss noch den von Surtrs Schwert: Surtalogi. Das müsste 'schwarze Flamme' bedeuten, ein anderer Feuerriese heisst nämlich Logi, 'Flamme' und seine Frau ist Glöd, die 'Glut'.
Am Ragnarök wird Surtr mit diesem, und mit den anderen Feuerriesen zusammen den Weltenbrand auslösen. Es ist überliefert, dass sie dann Einiges verbrennen werden. Was genau dann von Midgard alles vernichtet sein wird, bleibt aber unklar (die Natur ist es auf jeden Fall aber ausdrücklich nicht :teufel 6: ).


Heute gibt es viele Verwirrungen über die Herkunft der Feuerriesen, bzw. über die Surtrs. Aber in der Edda ist ausdrücklich formuliert, dass Ymir das erste Lebewesen war, und dass alle Riesen ursprünglich von ihm abstammen, und nur so macht es überhaupt Sinn.

Am Anfang war nur Feuer und Eis, und die Ginnungagap, eine tiefe Schlucht zwischen Muspellsheim und Niflheim, die die beiden Welten voneinander trennte. Aber gleichzeitig auch verband, wegen Hwergelmir ist das passiert, das ist der Brunnen in der Mitte von Niflheim, der jetzt die elf Flüsse speist. Am Anfang der Zeit war das nur eine Quelle, aus der giftiger Dunst nach oben strömte und dann in der Kälte von Niflheim zu Eis gefroren ist. Und das hat sich immer weiter nach vorne geschoben, bis die Ginnungagap mit Schnee und Eis gefüllt war. Es sollen darin Sturm und Gewitter geherrscht haben, und als das Eis weit nach Süden gekommen war, wurde es von den Feuerfunken getroffen, die aus Muspellsheim herüberflogen. Deswegen, und weil das Klima dort milder war, ist Ymir entstanden, als erstes der Lebewesen. Vor ihm waren nur Elemente da, die unbelebten, und Ymirs Nachkommen haben diesen ihr beseeltes Wesen gegeben.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Die Urkuh

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Audhumbla oder Audhumla heisst sie, die Milchreiche, sie ist das zweite Wesen, das in der vorzeitlichen Welt entstanden ist. Als das Eis in der Ginnungagap weiter geschmolzen ist, kam sie darunter hervor und aus ihrem Euter sind vier Milchströme geflossen, von denen sich Ymir ernähren konnte. Audhumla selbst ernährte sich wiederum von dem salzigen Reif, der sich durch den Dunst aus der Hwergelmir überall zwischen dem Schnee und dem Eis niedergeschlagen hatte, und als drei Tage vergangen waren, hatte sie aus den eisigen Blöcken ein menschenähnliches Wesen herausgeschleckt, welches Buri hiess und das dritte Lebewesen war, das in der Ginnungagap entstanden ist.

Ich glaube, dass Audhumla das Wesen des urzeitlichen Tauwassers ist, welches mit den stofflichen Elementen angereichert war, die durch den giftigen Dunst der Hwergelmir nach oben gekommen sind. Die Kuh hat das geschmolzene Eis und den salzigen Reif in sich aufgenommen, und dadurch war der Reif dann auch nicht mehr giftig, sondern nährend. Für Ymir, und wahrscheinlich auch für die ersten Nachkommen von ihm, und später, nachdem die neun Welten entstanden waren, ist die Audhumla verschwunden. Oder vielleicht in diesen aufgegangen, auf jeden Fall wird sie, wahrscheinlich deswegen, in den Quellen später auch nicht nochmals erwähnt.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Die Wanen

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Das sind die göttlichen Naturwesen, die das zweitälteste Geschlecht auf der Welt sind, jünger als die Riesen, aber älter als die Asen. Sie herrschen über die kontinuierlichen Kreisläufe in der Natur im Allgemeinen, und in den Gewässern, und sorgen ständig für die Regulation des natürlichen Gleichgewichts. Der auf dem Bild oben zum Beispiel ist Njord, oder Njördr, der das Meer beherrscht. Und ein anderer Wane ist sein Sohn Fro (Freyr heisst er auch im Norden), der die milde und regenreiche Witterung mit sich bringt.

Die beiden, und Freyrs Zwillingsschwester Freya, sind während der Asen-Wanenkriege als Geiseln an die Asen ausgeliefert worden, und deswegen hat Njördr später am Nóatún gelebt, dem alten Schiffsplatz in Asgard. Über das Meer und die Seeluft herrscht er auch weiterhin, daran hat sich nichts geändert, und bei dem Freyr und seinen Aufgaben verhält sich das ja genauso.

Über die Abstammung der Wanen gibt die Edda nur wenig Auskunft. Es ist belegt, dass die Wanen auf jeden Fall vor den Asen da waren. In der Wafthrudnismal sagt der sechsköpfige Riese Wafthrudnir, der der weiseste unter den Riesen war, dass Njördr, Fro und die anderen Wanen von den weisen Mächten in Wanaheim erschaffen wurden. Und dass sie nicht nur älter, sondern auch weiser seien, als die Asen. Wafthrudnir wird da schon Recht gehabt haben, er ist ja ein Riese und dadurch noch älter, und sein Wissen hat er von den Toten erlangt, die er zu allem befragte, als er selbst eine Zeit lang tot gewesen ist.

Wahrscheinlich sind die Wanen aus der Audhumla hervorgegangen, denke ich jedenfalls, als das Schmelzwasser der Ginnungagap sich später in das Meer und in die Flüsse verteilt hat. Weil die weisen Mächte das so strukturiert haben, bzw. sie ist im Meer und in den Flüssen aufgegangen, und in dem Regen, und wäre so der direkte Vorfahr der Wanen. Eigentlich muss das so zusammenhängen, weil das dritte Lebewesen, Buri, den die Audhumla aus dem Eis herausgeschleckt hat, schon der Stammvater der späteren Asen ist.
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Re: Fabelwesen!

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Yggdrasills Tiere

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Helheim ist auf dem Bild mit 'Infierno' bezeichnet, was auf jeden Fall eine christliche Irreführung ist, aber sonst ist das eine sehr schöne Abbildung von der Yggdrasil, der uralten Esche, die als der Weltenbaum die neun Welten um sich vereint. Weil die Welten mythologisch korrekt positioniert sind, und es sind auch die Tiere zu sehen, die nach der Überlieferung zu Yggdrasill, die auch Lärad oder Mimameid heisst, gehören.

Die Grimnismal nennt insgesamt fünf Hirsche, die an ihren Blättern fressen:

Ganz oben auf dem Blätterdach ist Eikthyrnir, der 'Eichdornige', der Name bezeichnet die Form seines Horngeweihs, von welchem der Tau nach unten in die Hwergelmir tropft (die Quelle im Zentrum von Niflheim, die daraus alle Flüsse mit Wasser speist). Und es gibt noch vier andere Hirsche, die an der Esche „krummhalsig nagen“ (also mehr an den Seiten des Baums). Da ist Dain, der 'Abgestorbene', Dwalin, der 'Zurückgegangene', Duneyr, der 'Ausgehöhlte' und Durathror, der 'Schlafende', die nach der Gylfaginning wiederum "an der Esche Ausschüssen weiden".

Bei den Wurzeln des Baums sind der Drache Nidhöggr und eine Gruppe von Schlangen beschrieben, die diese gemeinsam abnagen.
Zu beachten ist auch, dass sowohl im Altnordischen als auch im Altgermanischen die Begriffe Schlange, Drache und Wurm häufig synonym verwendet werden.

Da über den Sinn dieses Abfraßes am Baum spekuliert wird (manche vermuten sogar, dass die Tiere dem Baum bis hin zum Ragnarök angeblich schaden würden), habe ich mir den folgenden Vers aus der Grimnismal einmal genauer angesehen. In der vorhandenen, deutschen Übersetzung heisst es:

Die Esche Yggdrasil duldet Unbill
Mehr als Menschen wissen.
Der Hirsch weidet oben, hohl wird die Seite,
Unten nagt Nidhögg

Im dem altnordischen Text jedoch heisst es:

Ascr Yggdrasils drȳgir erfiði
meira, enn menn (um) viti
hjǫrtr bítr ofan, en á hliðo fúnnar
scerðir Niðhöggr neðan

'drȳgir' wird sich von 'drygja' ableiten, was für 'ausführen', 'ausrichten' oder 'aushalten' stehen kann, aber auch für 'fest halten', 'erhalten' oder 'stützen'.

'erfiði' bedeutet 'Arbeit' oder 'Mühe'.

'hliðo' hängt zusammen mit 'hlið', hier muss man aufpassen, weil dieser Wortstamm mehrere Bedeutungen haben kann. Hier bedeutet es 'Hang', 'Abhang', 'Neigung' oder 'Seite', und interessanterweise auch 'Öffnung', 'Tür' oder 'Tor'.

'fúnnar' setzt sich zusammen aus 'fún-a' für 'verwesen', 'verfaulen', und 'nar-' für 'Leiche' oder 'Toter' (in dem Fall 'Totes').

'vita' heisst 'beschauen', 'beobachten'.

Und 'meira' bedeutet 'grösser' oder 'mehr' (ich deute es in meiner gleich folgenden Übersetzung dieses Verses kontextbedingt auch im Sinn von 'grössere Zeitspanne' bzw. 'mehr Zeit').

Vorher ist noch zu sagen, dass abgestorbene Teile von Bäumen (zum Beispiel Seitenäste, bei denen dies öfter passieren kann), immer auch als mögliche Eintrittspforten für Krankheitserreger dienen. Bei Bäumen sind das vor allem Pilze, die sich in den Öffnungen von morsch werdendem Holz festsetzen, und vermehren, und einen Baum unter ungünstigen Umständen sogar zum Absterben bringen können. Deswegen wird in der Gartenkultur (die es auch schon im Altertum gab) Totholz an Bäumen grundsätzlich zurück geschnitten. Und auch das Wurzelwerk braucht diese Pflege, damit die Wurzel nicht fault (das machen natürlicherweise Regenwürmer im Boden, die totes Pflanzenmaterial fressen, und wieder umwandeln in nahrhafte Erde).

Den altnordischen Text übersetze ich nun wie folgt:

Die Esche Yggdrasil wird durch Arbeit erhalten
mehr (=länger), als der Mensch beobachten kann
Hirsche beissen oben, wenn Seiten (-äste) absterben
Nidhöggr beschneidet von unten her


Den Namen des Drachen würde ich von 'nīð', 'nīðr' oder 'nīðar' ableiten, was im Altnordischen für 'abwärts', 'unter', 'nieder' stehen kann, aber auch für 'Neumond', 'abnehmender Mond' oder 'absteigender Mond'. Und von 'hœgr', was (unter anderem) für 'vermögen' oder 'helfen' steht.

Der Mond hat ja verschiedene Zyklen: so gibt es neben dem synodischen Zyklus von Vollmond zu Vollmond auch seine Bahnhöhe am Himmel (im Vergleich zur scheinbaren Sonnenbahn), nach dem der Mond entweder auf- oder absteigend ist. In einem Gartenjournal habe ich hierzu folgende Informationen gefunden:

„...eine Beeinflussung auch der Pflanzen (sowie Menschen und Tiere) erfolgt, ist heute kaum mehr bestritten, aber oft schwer nachweisbar, da viele andere Faktoren, wie Gestirne, Tierkreis, Witterung etc. die Mondwirkung verstärken, mindern oder aufheben können. In der Antike schon wusste man um die Mondkräfte. Zunehmender Mond setzt Energie frei und fördert somit das Wachstum, also entwickelt er seine grössten Kräfte bei Vollmond. Bei abnehmendem Mond schwinden die Kräfte bis zum Minimum im Neumond.“

„Während des aufsteigenden Mondes, was wie gesagt nichts mit den Mondphasen zu tun hat, soll nach alter Überlieferung alles gepflanzt werden, was nach oben strebt (z.B. Stangenbohnen), während des absteigenden Mondes alles, was in die Tiefe gehen soll (kräftiges Wurzelwachstum).“

„...Nutzholz schlagen und Hecken schneiden erfolgt mit Vorteil während des absteigenden Mondes, da der Saftdruck jetzt geringer ist.“

Nach meiner Meinung bedeutet Nidhöggrs Name 'Helfer des absteigenden Mondes'. Da er, ebenso wie die Schlangen /Würmer die Wurzeln der Yggdrasil abnagt, von Auswuchs und Totholz befreit und so immer wieder für neues und kräftiges Wachstum von diesen sorgt. Das passt auch sehr gut zu den alten Schlangenkulten, die aus dem Neolithikum bekannt sind und bei denen die Schlange als Symbol für Wiederkehr und Erneuerung steht.

Nach der Grimnismal stammen alle Schlangen von Grafwitnir ab, und sie heissen Goinn, Moinn, Grabak, Grafwöllud, Ofnir und Swafnir. Ihre Namen sind nur noch schwer zu deuten, aber sinngemäss kommt es schon hin, weil man bei allen Begriffe findet, die in genau dieselbe Richtung verweisen. Grafwitnir jedoch lässt sich ableiten von 'grafa-' für 'graben' und von 'vitni', 'vitna' oder altgermanisch 'witnja' für 'Zeugnis', 'Zeuge', 'sehen', erblicken' oder 'wahrnehmen'. Ich würde das übersetzen mit 'die (oder der) das Graben gesehen hat', und da Drachen und Schlangen in der früheren Zeit wie gesagt nah beieinander gewesen sind, könnte das natürlich auch eine Kenning für Nidhöggr selbst sein.


Oben in der Krone des Baums sitzt der Adler ohne Namen. Zwischen seinen Augen sitzt der Habicht Vedrfölnir, und das Eichhörnchen Ratatoskr läuft die Yggdrasil herunter, um dem Nidhöggr bestimmte Botschaften des Adlers zu überbringen. Der Inhalt von diesen ist aber verloren gegangen, genauso wie der Name des Adlers.

Hierzu habe ich nun folgende Idee: ein Adler kann ja sehr weit sehen, und mit einem Habicht zwischen den Augen kann er noch weiter sehen, sogar bis zu den Sternen. Und weil beide Vögel symbolisch auch für Weisheit stehen, können sie zusammen aus den Sternbildern die Jahreszeit ablesen, bzw. den genauen Verlauf und die Witterung, die sich daraus ergibt. Der Adler sagt es dann dem Ratatoskr. Und dieser springt hinunter nach Niflheim, um es dem Nidhöggr weiterzusagen, der dadurch dann weiss, ob er mehr oder weniger nagen sollte. Deswegen sitzt der Adler ganz oben, da Niflheim ja ganz unten ist. Unten im Norden unter Yggdrasils Wurzeln, deswegen kann Nidhöggr den Himmel selbst nicht so genau sehen.

Vedrfölnirs Namen würde ich ableiten von altnordisch 'veðr' bzw. altgermanisch 'wedra' oder 'wedar', was jeweils 'Witterung' oder 'Wetter' bedeutet, und 'foljan', was für 'fühlen', 'empfinden' oder 'wahrnehmen' steht. 'Der die Witterung wahrnimmt' bedeutet er, meine o.g. Theorie über die Funktion der beiden Vögel ist also offenbar richtig.

Ratatoskrs Name ist schwierig zu übersetzen. Es gibt aber im Altgermanischen die Begriffe 'ratta-' für 'Ratte' und 'rat-' für 'nagen', sowie den Begriff 'tasko' für 'Eingeweide', 'Leib', 'Tasche', 'Reisetasche', 'setzen', 'stellen' oder 'legen'. Daher könnte man 'Ratatoskr' vielleicht frei übersetzen mit 'Nagetier, das etwas überbringt' (in dem Fall die Botschaften Vedrfölnirs bzw. des Adlers).

Und dann gibt es noch die Ziege Heidrun, die ebenso wie die Hirsche an den Auswüchsen der Yggdrasil weidet, ganz oben auf dem Blätterdach von Walhall. Aus ihrem Euter fliesst der Met für die Einherjer. Es gibt zwei Deutungen für ihren Namen, die vielleicht beide zutreffen: er wird sich herleiten von 'heiðr', was 'heiter', 'hell', oder 'klar' bedeutet, aber man vermutet auch, dass es ein ritueller Begriff für den Opfermet gewesen sei. Oder er kommt von 'Chaidruna', was im Fränkischen soviel wie 'die ein herrliches Geheimnis besitzt' bedeuten soll.

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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Der erste der Baumriesen

Die Entstehung der Yggdrasil ist eines der Dinge, die in der Edda wirklich verwirrend sind. Da gibt es Angaben, die in sich genau gegensätzlich widersprüchlich sind, und deswegen habe ich mir das mal genauer angesehen. Da sind bestimmte Zusammenhänge in den eddischen Überlieferungen gezielt verändert worden, beim Aufschreiben und im Detail vielleicht auch beim Übersetzen, und es war interessant zu lesen, dass dies gar nicht unbedingt in böswilliger Absicht passiert ist. Sondern weil man das als eine Möglichkeit betrachtet hat, die alten Mythen überhaupt zu erhalten, was schwierig war, wegen der römisch-katholischen Kirche, und deshalb hat man bestimmte Zusammenhänge angepasst an die christlichen Mythen (und das hat ja offensichtlich auch funktioniert, weil die Edda gibt es ja immer noch).

Für mich sieht es so aus, als ob die Veränderungen nur punktuell vorgenommen wurden, an ganz bestimmten, entscheidenden Stellen, und man erkennt sie an den Widersprüchen, wenn diese zu komisch und zu gegensätzlich erscheinen.

Es ist zB die Meinung verbreitet, und steht zum Teil auch so drin, dass die Asen Ymir getötet, und dann den Baum und auch Midgard aus seinen Körperteilen zusammengebaut hätten. Das zum Beispiel klingt auch schon alles so eigenartig und seltsam, aber zum Glück habe ich Stellen in der Edda gefunden, die den Sachverhalt ganz anders wiedergeben.

„Bis Börs Söhne die Bälle erhuben,
Sie die das mächtige Midgard schufen.
Die Sonne von Süden schien auf die Felsen
Und dem Grund entgrünte grüner Lauch.“

Bör ist Buri, das dritte Lebenwesen, oder der Sohn von Buri, und dessen Söhne wiederum sind Odin und seine zwei Brüder, die ersten Asen. Und die haben zusammen den Grund der Ginnungagap angehoben, es stimmt jedoch nicht, dass die Asen wirklich alles was es gibt erschaffen hätten. Die Pflanzen zB waren schon vorher da, im Grund der Ginnungagap, und auch die Erde muss dagewesen sein, in der sie ausgekeimt sind (und deswegen bezweifle ich auch ein bisschen den Rest von diesen anderen Stellen). Und über diese angebliche Tötung Ymirs habe ich bis jetzt noch gar keine klare Erwähnung in den alten Liedern gefunden.
Der „Lauch“ ist meiner Meinung nach die Yggdrasil, die in der Erde bereits wuchs, als die Asen diese angehoben haben. Wo sollten sie Midgard auch sonst plaziert haben, in dem Moment, weiter oben, wenn das nicht schon der wachsende Baum gewesen wäre.

„Da werden sich wieder die wundersamen
Goldenen Bälle im Grase finden,
Die in Urzeiten die Asen hatten,
Der Fürst der Götter und Fiölnirs Geschlecht.“

Dieser Abschnitt beschreibt jetzt die Zeit nach dem Ragnarök, aber aus ihm geht hervor, was die weiter o.g. „Bälle“ sind. Fjölnir ist nämlich der Sohn des Wanen Freyr und der Riesin Gerdr. Er bringt die Pflanzen zum wachsen, mit Hilfe des nährstoffreichen Bodens seiner Mutter und dem milden Regen seines Vaters, und die „goldenen Bälle im Grase“ sind die Pflanzensamen, die dadurch von ihm stammen. Und weil beide Elternteile von ihrer Herkunft her älter sind als die Asen, und weiser, gilt das auch für Fjölnir und damit ist klar, dass sein „Geschlecht“, die Pflanzen, der Fürst der Asen ist (steht ja da), und daher nicht von ihnen gebaut worden sein kann. Die goldenen Bälle sind ein Teil von der uralten Magie der Wanen, und sie waren es, die diese dann übergeben haben, ungefähr zu der Zeit, als der Baum gerade gewachsen war. Die Asen haben Midgard schon geschaffen (das steht ja auch da), aber aus dem Material, welches ihnen die Wanen gaben. Und nicht aus Körperteilen.

Ymir ist wahrscheinlich in die Yggdrasil übergegangen, und wohnt ihr als Baumriese nun inne:

„Yggdrasil zittert, die Esche, doch steht sie,
Es rauscht der alte Baum, da der Riese frei wird.“

Die Zeilen beschreiben den Beginn des Ragnaröks, und es geht aus ihnen hervor, das (natürlich) ein Riese drin steckt. So wie in jedem alten Baum, und es passt auch ganz genau. Yggdrasil, der erste der Bäume, und Ymir, das erste der Lebewesen und der erste der Baumriesen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

Susi hat den Thread wohl übernommen...

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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Dr.Gonzo »

Am ende WIRD Supersusi selber zu einem Fabelwesen!
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