Dokumente und Zeugnisse des Black Metals 1992-1994
Verfasst: 06.11.2008, 16:39
Zwar haben Michael Moynihan und Didrik Soederlind vorzügliche Arbeit mit ihrem herausragenden Buch "Lords of Chaos" geleistet und mindestens tausendmal mehr Dokumente und Zeugnisse jener "glorreichen" Pionierzeit der sogenannten "zweiten Black Metal-Welle" zu Tage gefördert, als damals für die meisten allgemein einsehbar waren, aber dennoch gerieten zahllose kleinere und grössere Dokumente jener Epoche - z.B. die ersten raren Interviews, Plattenkritiken, Leserbriefe etc. - in Vergessenheit, gleichwohl sie zum historischen Verständnis jener Musik-Subkultur von Bedeutung wären.
Dabei muss berücksichtigt werden, wie rar und dünn gestreut jegliche Hinweise auf den aufkeimenden Black Metal, als er sich langsam im Untergrund vom kommerziellen Death Metal zu emanzipieren begann, überhaupt waren, zumindest in den ersten beiden Jahren 1992 und 1993, was im heutigen Zeitalter der Black Metal-Massenmedien - und mehr noch: des Internets - kaum noch vorstellbar ist.
Wie war das denn eigentlich damals, als kaum irgendwelche Informationen zu den ersten - aufrund einiger Verbrechen - zumeist verfemten, stigmatisierten und boykottierten Black Metal-Bands an das Licht der Öffentlichkeit drangen? Die raren Informationen hatten ja sicherlich auch zur Folge, dass die Aura jener ersten Bands um so geheimnisvoller und nebulöser wirkte, zumal meistens auch nur sehr wenige, verwackelte Band-Photos - wenn überhaupt - kursierten. Von der Schwierigkeit, die oftmals vorherrschte, die ersten Tonträger und sogar CDs überhaupt zu ergattern, ehe man sie stolz in den eigenen Händen hielt, wollen wir erst gar nicht sprechen.
Ausserdem kann sich heutzutage ja kaum noch jemand die Langsamkeit der damaligen Medien vorstellen: wie das z.B. seinerzeit war, als erst einige Wochen nach der Tat die Ermordung des allgemein - und vor allem musikalisch - dem Gros der Metal-Szene völlig unbekannten Euronymous von Mayhem aus dem tiefsten Underground der Öffentlichkeit bekannt wurde, woraufhin noch ein weiterer Monat verging, ehe "Count Grishnacht" von Burzum als Täter feststand.
Dieser Thread hier soll deshalb drei Bestrebungen erfüllen: er soll einerseits der historischen Erforschung jener frühen Pionierzeit des neuen Black Metals von 1992 bis 1994 dienen und allenfalls neue Aufschlüsse zu Tage fördern, andererseits den jungen Anhängern des heutigen Black Metals, den "Zuspätgekommenen", die es bisher versäumt haben, einen ähnlich innovativen Weg einzuschlagen und einen neuen Musikstil innerhalb des Metals zu begründen, aufzeigen "wie es damals wirklich war", und zum Dritten die Veteranen in nostalgischen Erinnerungen an die "gute, alte Zeit" schwelgen zu lassen.
Deshalb bitte ich Euch Eure Archive zu durchforsten und vergessene, aber möglicherweise erhellende schriftliche Dokumente und Zeugnisse des Black Metals aus den Jahren 1992 bis 1994 aller Art hier zu veröffentlichen, gleichgültig ob sie aus Underground-Fanzines oder kommerziellen Metal-Magazinen stammen - oder gar bisher gänzlich unveröffentlichte Dokumente aus jener Zeit, z.B. Briefe.
Ich wage hier den bescheidenen Anfang mit der originalen Plattenkritik zum zweiten Album von DARKTHRONE "A Blaze in the Northern Sky" aus dem Rock Hard, ungefähr Winter 1991/92, verfasst von Frank Albrecht. Vor allem der Vergleich zu CANNIBAL CORPSE und NAPALM DEATH scheint mir aus heutiger Sicht bemerkenswert:
"KUUULLLTTT!!! Du lieber Himmel, eine solche Platte habe ich ja schon ewig nicht mehr gehört. Eins vorweg: Alle, die DARK THRONE durch deren Debut-LP "Soulside Journey" kennen- und schätzen gelernt haben, sollten sich "A Blaze In The Northern Sky" genauestens anhören, bevor sie sich zu einem eventuellen Kauf entschliessen. Mit dieser ersten LP hat die neue Scheibe nämlich kaum noch etwas zu tun. Statt verspieltem nordischem Death Metal der Marke Entombed dominiert hier nämlich hyperschneller Black Metal - ultrabrutal, nackenbrechend und einfach kultig. Diese LP ist etwas für Leute, die auf gut gespielten schnellen Stoff der Marke Cannibal Corpse stehen, aber auch mal einen coolen langsamen Part nicht verschmähen, und für alle Bathory-Fans, die von dem, was Quorthon nach "Under The Sign Of The Black Mark" veröffentlicht hat, enttäuscht sind. Genauso wie jene dritte Bathory-LP hört sich nämlich die dritte DARK THRONE über weite Strecken an. Mal wird gnadenlos ohne Punkt und Komma gemetzelt, dass selbst Napalm Death blass werden würden ('Where Cold Winds Blow'), mal gibt's geniale Slow-Death Nummern wie das alles überragende 'In The Shadow Of The Horns', mal eine brillante Kombination aus beidem, wie etwa bei 'Kathaarian Life Code' oder dem Titelstück. Leider entspricht die Produktion nicht unbedingt dem heutigen HiFi-Standard, dafür ist sie aber exakt wie die von "Under The Sign Of The Black Mark" - zumindest was die vermanschten Gitarren betrifft. Ich weiss, dass mich innerhalb der Redaktion niemand verstehen wird und ich mir wahrscheinlich eine Minus-Kritik einhandeln werde, aber für mich ist "A Blaze In The Northern Sky" der totale Kult, weil diese Platte etwas total anderes ist, als der Rest der Death Metal-Welt heutzutage zustande bringt. Kein sinnloses Gebolze, sondern Megaspeed-Songs mit phantastischen Riffs und mit viel Stil. Noch nie war Gehacke so schön! (9)"
Und wo wir grad dabei sind: hier auch noch Frank Albrechts Kritik zu "Under a Funeral Moon", die etwa ein Jahr darauf (Anfang 1993) folgte:
"Der Überraschungseffekt ist weg. Es war abzusehen, dass DARK THRONE erneut ein sehr extremes Album aufnehmen würden, und genau das haben sie getan. Die Sache hat allerdings einen Nachteil: Das letzte Album "A Blaze In The Northern Sky" lebte von der gelungenen Kombination aus ultraschnellem Gekloppe und megadoomigen Black Metal-Hymnen. Diesmal haben sich DARK THRONE fast ausschliesslich aufs Prügeln konzentriert, so dass dieser Scheibe jedwede Abwechslung fehlt. Die wenigen langsamen Stücke und Passagen sind zudem noch mehr als deutlich bei Bathory-Klassikern wie 'Enter The Eternal Fire' geklaut worden, was für eine Band wir DARK THRONE, die immer durch interessante Ideen zu überraschen wussten, ein Armutszeugnis ist. Diesmal hatten DARK THRONE zu wenig gute Einfälle, haben versucht, sich selbst zu kopieren, und so kann ich der Band den Gefallen tun und das Album hassen. "Under A Funeral Moon" ist ein klassisches Eigentor, und das wird mit fünf Punkten bestraft."
Weitere, möglicherweise aufschlussreichere Dokumente werden meinerseits folgen.
Dabei muss berücksichtigt werden, wie rar und dünn gestreut jegliche Hinweise auf den aufkeimenden Black Metal, als er sich langsam im Untergrund vom kommerziellen Death Metal zu emanzipieren begann, überhaupt waren, zumindest in den ersten beiden Jahren 1992 und 1993, was im heutigen Zeitalter der Black Metal-Massenmedien - und mehr noch: des Internets - kaum noch vorstellbar ist.
Wie war das denn eigentlich damals, als kaum irgendwelche Informationen zu den ersten - aufrund einiger Verbrechen - zumeist verfemten, stigmatisierten und boykottierten Black Metal-Bands an das Licht der Öffentlichkeit drangen? Die raren Informationen hatten ja sicherlich auch zur Folge, dass die Aura jener ersten Bands um so geheimnisvoller und nebulöser wirkte, zumal meistens auch nur sehr wenige, verwackelte Band-Photos - wenn überhaupt - kursierten. Von der Schwierigkeit, die oftmals vorherrschte, die ersten Tonträger und sogar CDs überhaupt zu ergattern, ehe man sie stolz in den eigenen Händen hielt, wollen wir erst gar nicht sprechen.
Ausserdem kann sich heutzutage ja kaum noch jemand die Langsamkeit der damaligen Medien vorstellen: wie das z.B. seinerzeit war, als erst einige Wochen nach der Tat die Ermordung des allgemein - und vor allem musikalisch - dem Gros der Metal-Szene völlig unbekannten Euronymous von Mayhem aus dem tiefsten Underground der Öffentlichkeit bekannt wurde, woraufhin noch ein weiterer Monat verging, ehe "Count Grishnacht" von Burzum als Täter feststand.
Dieser Thread hier soll deshalb drei Bestrebungen erfüllen: er soll einerseits der historischen Erforschung jener frühen Pionierzeit des neuen Black Metals von 1992 bis 1994 dienen und allenfalls neue Aufschlüsse zu Tage fördern, andererseits den jungen Anhängern des heutigen Black Metals, den "Zuspätgekommenen", die es bisher versäumt haben, einen ähnlich innovativen Weg einzuschlagen und einen neuen Musikstil innerhalb des Metals zu begründen, aufzeigen "wie es damals wirklich war", und zum Dritten die Veteranen in nostalgischen Erinnerungen an die "gute, alte Zeit" schwelgen zu lassen.
Deshalb bitte ich Euch Eure Archive zu durchforsten und vergessene, aber möglicherweise erhellende schriftliche Dokumente und Zeugnisse des Black Metals aus den Jahren 1992 bis 1994 aller Art hier zu veröffentlichen, gleichgültig ob sie aus Underground-Fanzines oder kommerziellen Metal-Magazinen stammen - oder gar bisher gänzlich unveröffentlichte Dokumente aus jener Zeit, z.B. Briefe.
Ich wage hier den bescheidenen Anfang mit der originalen Plattenkritik zum zweiten Album von DARKTHRONE "A Blaze in the Northern Sky" aus dem Rock Hard, ungefähr Winter 1991/92, verfasst von Frank Albrecht. Vor allem der Vergleich zu CANNIBAL CORPSE und NAPALM DEATH scheint mir aus heutiger Sicht bemerkenswert:
"KUUULLLTTT!!! Du lieber Himmel, eine solche Platte habe ich ja schon ewig nicht mehr gehört. Eins vorweg: Alle, die DARK THRONE durch deren Debut-LP "Soulside Journey" kennen- und schätzen gelernt haben, sollten sich "A Blaze In The Northern Sky" genauestens anhören, bevor sie sich zu einem eventuellen Kauf entschliessen. Mit dieser ersten LP hat die neue Scheibe nämlich kaum noch etwas zu tun. Statt verspieltem nordischem Death Metal der Marke Entombed dominiert hier nämlich hyperschneller Black Metal - ultrabrutal, nackenbrechend und einfach kultig. Diese LP ist etwas für Leute, die auf gut gespielten schnellen Stoff der Marke Cannibal Corpse stehen, aber auch mal einen coolen langsamen Part nicht verschmähen, und für alle Bathory-Fans, die von dem, was Quorthon nach "Under The Sign Of The Black Mark" veröffentlicht hat, enttäuscht sind. Genauso wie jene dritte Bathory-LP hört sich nämlich die dritte DARK THRONE über weite Strecken an. Mal wird gnadenlos ohne Punkt und Komma gemetzelt, dass selbst Napalm Death blass werden würden ('Where Cold Winds Blow'), mal gibt's geniale Slow-Death Nummern wie das alles überragende 'In The Shadow Of The Horns', mal eine brillante Kombination aus beidem, wie etwa bei 'Kathaarian Life Code' oder dem Titelstück. Leider entspricht die Produktion nicht unbedingt dem heutigen HiFi-Standard, dafür ist sie aber exakt wie die von "Under The Sign Of The Black Mark" - zumindest was die vermanschten Gitarren betrifft. Ich weiss, dass mich innerhalb der Redaktion niemand verstehen wird und ich mir wahrscheinlich eine Minus-Kritik einhandeln werde, aber für mich ist "A Blaze In The Northern Sky" der totale Kult, weil diese Platte etwas total anderes ist, als der Rest der Death Metal-Welt heutzutage zustande bringt. Kein sinnloses Gebolze, sondern Megaspeed-Songs mit phantastischen Riffs und mit viel Stil. Noch nie war Gehacke so schön! (9)"
Und wo wir grad dabei sind: hier auch noch Frank Albrechts Kritik zu "Under a Funeral Moon", die etwa ein Jahr darauf (Anfang 1993) folgte:
"Der Überraschungseffekt ist weg. Es war abzusehen, dass DARK THRONE erneut ein sehr extremes Album aufnehmen würden, und genau das haben sie getan. Die Sache hat allerdings einen Nachteil: Das letzte Album "A Blaze In The Northern Sky" lebte von der gelungenen Kombination aus ultraschnellem Gekloppe und megadoomigen Black Metal-Hymnen. Diesmal haben sich DARK THRONE fast ausschliesslich aufs Prügeln konzentriert, so dass dieser Scheibe jedwede Abwechslung fehlt. Die wenigen langsamen Stücke und Passagen sind zudem noch mehr als deutlich bei Bathory-Klassikern wie 'Enter The Eternal Fire' geklaut worden, was für eine Band wir DARK THRONE, die immer durch interessante Ideen zu überraschen wussten, ein Armutszeugnis ist. Diesmal hatten DARK THRONE zu wenig gute Einfälle, haben versucht, sich selbst zu kopieren, und so kann ich der Band den Gefallen tun und das Album hassen. "Under A Funeral Moon" ist ein klassisches Eigentor, und das wird mit fünf Punkten bestraft."
Weitere, möglicherweise aufschlussreichere Dokumente werden meinerseits folgen.