Re: Europameisterschaft
Verfasst: 18.06.2012, 21:07
Interessanter Artikel aus kurzpass.ch
Nervige Fussballdödel im Nati-Shirt
Die Europameisterschaft hat volle Fahrt aufgenommen doch kenntnislose EM-Fans liefern ständig Grund dafür, den Fussballkenner abgöttisch zu erzürnen. Lasst euch davon nicht vergraulen. Eine Lösung bildet die organisierte Missachtung des Fussball-Grünschnabels.
Ausgangslage
Wenn plötzlich aufgetakelte Frauen, Metro-Sexuelle und Pärchen im Pub auftauchen, dann weiss auch ein Blinder: Es ist wieder Endrunden-Zeit. Wie Unkraut schiessen die selbsternannten Fussball-Experten plötzlich aus dem Boden und meinen, die Stimmung im Lokal dirigieren zu müssen. Event-Fans, welche die internationalen Turniere jeweils zur Selbstdarstellung und als Karaoke-Anlass missbrauchen, kennt man leider in allen Fussballstädten. Der Fokus wechselt von der Taktikdiskussion zur neuen Frisur von Ronaldo, vom Tiki-Taka-Spiel der Spanier zum Six-Pack von Ronaldo und von der Schussstärke eines Blaszczykowski zur neuen Freundin von Ronaldo. Gähn! Sympathien für Ronaldo hin oder her, Fussball hat weit mehr zu bieten, als die Gespräche während einer Endrunde am Nebentisch jeweils vermuten liessen. Leider geht diese Tatsache häufig in belanglosen Wortgefechten unter.
Seid unwissend, Noobs!
Das nervigste dabei ist ja nicht einmal, dass man Leuten erklären muss, wie denn die Abseits-Regel genau funktioniert. Solche Hilfestellungen leistet man gar mit Wohlwollen. Schliesslich stärkt es ja auch das eigene Ego, wenn man es schafft, jemanden mit seinem Fussballwissen zu beeindrucken. Man klopft sich schon mal imaginär auf die eigene Schulter, wenn der erste Erklärungsversuch zur Abseits-Regel geklappt hat. Viel schlimmer ist dagegen die Tatsache, dass genau solche normalerweise dem Fussball abgewandte Personen meist gar nicht erst auf die Fussballkenner hören. Sie wollen rechthaberisch eigene Theorien durchsetzen, um wenig später beispielsweise darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass der FC Barcelona nicht an einer Europameisterschaft teilnehmen kann.
Wenn jemand offen mit seiner Unwissenheit umgeht, wird er auch offen in die Fussballgemeinschaft aufgenommen. Will jemand jedoch mit enzyklopädischem Wissen auftrumpfen, um dadurch «Props» bei der Gruppe zu erlangen, wird er meist schon vor Ablauf der ersten Diskussionsminute enttarnt und mit fragenden Blicken misstrauisch begutachtet. Das hält selbige Person jedoch nicht davon ab, über die 90 Minuten des Spiels weiter zu lallen und sein Unwissen zum Besten zu geben. Da kann man nur hoffen, dass es sich beim erwähnten Spiel bereits um die zweite Begegnung des Tages handelt.
Weissglut
Kein Wunder also, wenden sich immer mehr ganzjährige «echte» Fussballfans von den Grossanlässen ab. So etwas hat man schlicht nicht nötig. Man kann sich ja nach der Sommerpause wieder voll dem Fussballgeschehen widmen und wird dort von nervigen Fussball-Rookies in Ruhe gelassen. Hinzu kommt der kommerzielle Aufzug des Turniers. Spätestens wenn die Grossmutter väterlicherseits dann noch wissen will, wer denn bei der Begegnung Deutschland gegen Holland das orange Team ist, kann einem schon einmal der Kragen platzen.
Lösung
Was tun? Nun, als Fan eines Clubs, welcher auch zu saisonal ungünstiger Zeit zwischen Oktober und März aktiv ist, wäre es ratsam, sich die EM-Begegnungen nur in Gesellschaft von Freunden anzusehen. Es gilt, sicher zu stellen, dass keiner einen alten Bekannten oder den Geschäftskumpel an ein Spiel mitschleppt. Dann kann man sich genügsam in geselliger Runde zu Hause oder am Ecktisch im Pub hinsetzen und entspannen. Vielleicht wirft man zu Hause nebenbei noch den Grill an und nippt an einem Bier. Denn von einem fussballerischen Gesichtspunkt aus gesehen wäre es schade, sich der EM zu verschliessen. Immerhin messen sich momentan gerade die besten Spieler Europas auf dem heiligen Rasen. Und auch abseits des Platzes bilden Duelle unter Erzfeinden wie Russland und Polen oder Deutschland und Holland Nährboden für interessante Geschichten. Es sind wahre Schlachten, wo nicht nur um drei Punkte, sondern vor allem um Stolz, Ruhm und Ehre gekämpft wird. Attribute also, welche auch für Anhänger des Club-Fussballs von Bedeutung sind.
In diesem Sinne sollte man den grossen Endrunden-Turnieren eine Chance geben. Sich selbst zu bestrafen und sich dem gebotenen Fussball zu verschliessen ist auch keine Lösung. Abneigung gegenüber dem sommerlich-enthusiastischen Fussballdödel ist jedoch durchaus erlaubt.