Klar ist, dass Markus Stock aus der Klangschmiede sich hier produktionstechnisch nichts zu schulden hat kommen lassen. Wenn dieser Herr sich für das Mixing und Mastering verantwortlich zeichnet kommt ausschliesslich grossartiger Sound dabei heraus. Bei allen Bands. Soviel ist klar.

Achso, darum geht es hier ja gar nicht. Stock hat "The Unknown" aufgenommen, die neue Vollrille des deutschen Düsterduetts (Grüsse an Vera Int-Veen) The Vision Bleak. Und – wer es bis hier her noch nicht bemerkt haben sollte – Stock ist auch unter dem Namen Ulf Theodor Schwandorf bekannt.

Ich bin voreingenommen. Das posaune ich zunächst einmal stark heraus. Mit Empyriums jämmerlichem "The Turn Of The Tides" hat Ulf Theodor Schwandorf erst vor zwei Jahren den Vogel abgeschossen und ein titanisch grossartiges Stück Neofolk, namentlich Empyrium, aus einem wohlverdienten, bis dato zwölf Jahre andauernden Tiefschlaf erhoben, um es unwiederbringlich zu verunstalten. Künstler dürfen, sollen und müssen sich entwickeln, keine Frage. Wie ich eingangs anstiess, war ich auch eher persönlich entsetzt. Und stand damit wohl auch nicht allein da.

Nun, The Vision Bleak ist Schwandorfs aktuelleres Steckenpferd, dass nahtlos nach bzw. während der letzten existenzberechtigten Empyrium-Veröffentlichung im Jahre 2002 sein Schaffen beherbergt und mittlerweile auf sechs Alben zurückblicken kann. "The Unknown" ist das jüngste, unlängst Erschienene. Erneut zelebriert das Duo aus Schwandorf und Allen B. Konstanz die romantisch-morbide Kultur. Im Vergleich zu den (meisten) Vorgängeralben fehlt diesmal ein thematisches Konzept, auch variiert die instrumentale Vortragsweise überraschend merklicher. Teilweise klopft Thrash Metal an die Gruftpforte, gelegentlich gar etwas, das man mit zwei schmerzhaft zusammengekniffenen Augen noch so gerade eben gotisierten Schwarzmetall nennen könnte. Wer The Vision Bleak mag und erwartet, kommt trotzdem auf seine Kosten. Nach mehrmaligem Rotieren des Langspielers muss ich gar feststellen, dass dieser eine Satz fast ausreicht um das ganze Album (unwürdig reduktionistisch) zu beschreiben.

Lyrisch ist "The Unknown" hervorragend. Hier wirkt nichts hingeklatscht. Darüber hinaus entziehen sich die vokalen Darbietungen Schwandorfs und Konstanz jeglicher Kritik. Ja – auch ihre Versiertheit mit den jeweiligen Instrumenten lässt sich nicht klein reden. Möglicherweise ist es dem Genre selbst geschuldet, dass einiges (und verdammt wichtiger Weise zu betonen nicht alles!), aber wohlgemerkt – und dabei beziehe ich mich nicht nur auf The Vision Bleak – klingt, als hätte man es schon mal gehört. Bei den Urgesteinen und Grössen. Moonspell, Tiamat, My Dying Bride.

Jene Ausflüge in neue Gefilde, die nicht nach musterhaftem The Vision Bleak klingen, gefallen mir hier am meisten. Zu nennen wären da beispielsweise "How Deep Lies Tartaros?" und "From Wolf To Peacock", die beide mit unerwarteter Härte daherkommen.

Voreingenommen hin oder her, es lässt sich nicht leugnen, dass "The Unknown" eine überdurchschnittlich gute Veröffentlichung auf dem Markt ist und eine überdurchschnittlich interessante in der bisherigen Schaffensbahn des Duos. Ich weiss, ich weiss - The Vision Bleak ist nicht Empyrium. Und das ist auch gut so, liebe Leserinnen und Leser.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Prophecy Productions

Veröffentlichung

6/2016

Format

CD

Land

Genre

Gothic Metal

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