Ein ordentliches Rezensionsarchiv ist unvollständig, wenn nicht alle Platten von Fäulnis dort behandelt wurden. Das ist zumindest der Fall, wenn man einem nicht geringen Teil der Fanbase deutschsprachigen Schwarzstahl glauben schenken mag. Diesem gerecht werdend möchte ich im Folgenden ein paar Worte zur 2017er Scheibe verlieren, die unter dem Namen "Antikult" erschien.

Ich frage mich bei Rezensionen ja gern selbst: "Welche Zielgruppe will dieses Teil bedienen?" Bei Fäulnis ist jene Fangemeinde, die aus den lyrischen und instrumentalen Ergüssen von Frontmann Seuche und semi-anonymen Bandkollegen einen transzendentalen Mehrwert ziehen können, vermutlich überschaubar. Wesentlich breiter (höhö) zeigt sich dann vermutlich jene Fraktion von Kuttenträgern, die der Nähnadel schwingenden Mama vorzugsweise Aufnäher von deutschsprachigen Kapellen reicht, um das Geflecht grimmiger, in Stoff manifestierter Sympathiebekundungen auf der verranzten Ostblock-Jeansjacke zu erweitern.

Mich wirft "Antikult" leider nicht vom Barhocker. Seuche hat, wie er in der Vergangenheit ja auch oftmals eingestand, seit vielen Veröffentlichungen kein Interesse mehr daran, seine lyrischen Eindrücke poetisch zu verpacken. Das ist schade, denn ganz genau das hat zumindest mich seinerzeit so sehr an den Erstlingswerken der Marke Fäulnis fasziniert. Damals – das war die Hochzeit des Post-Schwarzmetalls, der nicht mehr den Wald-und-Wiesen-Eskapismus zelebrierte, sondern sein Steckenpferd im Benennen der abstossenden Seiten des urbanen Daseins fand. Auf der anderen Seite bringe ich dieser Entwicklung aber auch Verständnis entgegen – Kunstschaffende werden vielleicht eher dafür bestraft als wir hochnäsige Rezensentenzunft, wenn sie sich zu prätentiös ausdrücken.

Die instrumentale Seite von "Antikult" ist da schon ein wenig attraktiver. Geboten wird, was man von Fäulnis erwartet. Fluch und Segen zugleich – die Markenqualität überzeugt, aber manchmal wünscht man sich ja doch mal ein paar Änderungen im Rezept. Gleichwohl kann man Fäulnis nicht unterstellen, dass sie sich nicht weiterentwickeln würden. Tatsächlich glaube ich, dass sie schon auf dem höchsten Level ins Spiel einstiegen.

Der Sound ist wunderbar schmutzig. Die Riffs sind interessant, aber, das ist dem Einfluss des Punk Rocks geschuldet, recht monoton. "Antikult" ist besser als die deutschsprachige Durchschnittsveröffentlichung, aber es wird nicht als immergrünes Leuchtmal am stygischen Abgrund schwarzmetallener Kreativflüsse verbleiben.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Grau Records

Veröffentlichung

5/2018

Format

CD

Land

Genre

Black Metal

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