Kategorie: Buchkritik
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Wo ist eigentlich Schluss?

Auch wenn der Einwand stets berechtigt ist - aber wie subjektiv darf die Metalkultur eigentlich individuell wahrgenommen werden? Hey - wer es nicht mag, muss es ja nicht kaufen. Ein großartiges Argument, wenn man neoliberale Positionen vertreten mag.

Achso, worum geht es eigentlich? Ich möchte dies mit folgendem Häppchen einleitend erläutern:

Ein Malbuch mit einigen der schönsten und originellsten Plattencovern aus Rock und Metal – wer kommt auf so was? Gibt es nicht schon genug Malbücher? Auch für Erwachsene? Und sollten Kinder nicht lieber nur Blumen, Feuerwehrautos und Bauernhöfe ausmalen? Und Erwachsene beruhigende Mandalas? Nein, nein und nochmal nein!
(Quelle)

Hier handelt es sich um den Verkaufstext zu einem Malbuch. Einem Metal-Malbuch. Richtig. Auf 40 Seiten offenbaren sich dem geneigten Buntstift-Nager die Cover von recht populären Veröffentlichungen aus dem Bereich Schwermetall; einer ganz subjektiven Auswahl der beiden Köpfe hinter dem Büchlein, namentlich Renatus Töpke und Martin Hoffmann.

Naja, wenigstens sind es Plattencover. Beim Entdecken des Buchtitels wähnte ich mich schon in maximaler Fremdscham angesichts einer Vermutung, es handele sich um eine Art "bemale diese coole Kutte" (mit einer Sonderseite für Schwarzmetall-Aufnäher, für deren Ausmalen man nur einen schwarzen Stift benötigt und eine entsprechend frostige Grimmigkeit, mit der das Malwerkzeug alsdann über die rechteckigen Konturen Kapellenlogo-gezierter Flächen gezogen wird). Ein Glück, dass der kreative Imperativ des Ausmalens sich hier nur auf die Nachgestaltungen realer Artworks beschränkt.

"Wer malen will, muss Metal sein!" heißt das Endergebnis und erschien im Oktober 2016 beim Reiffer Verlag. Und ja - es mag richtig sein - wer es mag, soll es sich gönnen. Für mich persönlich spiegeln die schiere Existenz dieser diabolischen Kritzelvorlage und gleichsam paradoxerweise auch dieser Blogbeitrag einen Gesichtspunkt der Metalszene wi(e)der, der zugegebenermaßen zugleich Potenzial als auch Niedergangssymptom zu sein scheint.

Explizit meine ich die Tendenz zur Selbstironie. Und die fängt dann an zu nerven, wenn sie szeneintern von der Verhaltensdisposition zur Pflicht wird. Elementen der sogenannten Szene nicht unvoreingenommen wohlgesonnen entgegen zu blicken, gilt gern mal als krampfhafter Versuch, sich "trve" zu geben (mal ernsthaft, ist das überhaupt noch ein Diskussionspunkt bei selbsternannten MetallschädelInnen, die älter als 18 sind?). Ein Metal-Cover-Malbuch erscheint dabei andererseits vielleicht auch als krampfhafter Versuch, sich selbst und dem Bekanntenkreis die eigene Fähigkeit zur Selbstironie zu beweisen.

"Das hier ist meine lässige Kutte, das hier ist mein Metal-Malbuch - und achja! Ich will unbedingt mal an der Full Metal Cruise teilnehmen!"

Ich wünsche viel Spaß beim Malen.

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