So depressiv, wie man im ersten Moment denken könnte, geht es beim Bajuwaren Sternenfrost, seines Zeichens einziges Mitglied Wedards, gar nicht zu...

Wedard ruft bei vielen Leuten zwiespältige Reaktionen hervor. Ich will den Diskussionsstoff nicht wieder aufrollen, dies wurde im Forum zur Genüge diskutiert. Ich muss zugeben, dass ich über die Antworten oftmals doch sehr überrascht war! Eine kleine Anmerkung muss aber doch noch sein: Da das Interview schon ein paar Monate alt ist, stand die Veröffentlichung von "Wo die Ewigkeit die Zeit berührt" noch bevor. Trotz aller Diskussionen wird diese Scheiblette sicherlich auch ihre Liebhaber finden – lange Rede, kurzer Sinn: Kommen wir nun also zum Interview!



Eingangs freilich die Hauptfrage: Warum gerade Suicide / Depressive Black Metal?

Sternenfrost: Es dient für mich als Mittel, die negativen Erlebnisse des Lebens musikalisch wiederzugeben, so dass eine gewisse Ausgeglichenheit herrscht. Ich werde / habe aber auch erfreuliche Ereignisse damit verbunden und so wird auch die Musik klingen, je nachdem wie es läuft. Ich will nicht ums Verrecken nun "depressiv" klingen, es kommt einfach, wie es kommt, je nach Gefühl.





Worin besteht denn für dich allgemein die Verbindung von Selbstmord und Black Metal?

Sternenfrost: Das könnte mehrere Gründe haben, vielleicht weil es "Kult" ist? Vielleicht weil manche Individuen wirklich arm dran sind und die Musik ihnen den "Rest" gibt? Ich habe mich nie wirklich dafür interessiert...

Ist die ursprünglich propagierte, individuelle Stärke des Charakters nicht ein Widerspruch zur Grundaussage des depressiven Black Metal?

- Sternenfrost: Individuelle Stärke? Der einzelne Mensch wird zu sehr beeinflusst, sodass man von einer ursprünglichen, "individuellen" Stärke schon lange nicht mehr reden kann. Wenn dich deine Geliebte verlässt, würdest du dann sagen, dass du noch eine individuelle Stärke hast? Nein! Da wir dann faktisch von Mitmenschen abhängig sind oder um es auf gut deutsch zu sagen... Allein am Arsch sind...

Das ist meiner Meinung nach sehr treffend formuliert. Wie stündest du dazu, wenn Hörer Suizid begehen (würden)?

Sternenfrost: Dann haben sie meine Musik wohl nicht ganz begriffen! Bei mir geht es nicht um Selbstmord oder dergleichen, das können andere Bands / Projekte propagieren. Bei Wedard geht es zwar auch um intensiv schlechte depressive Gefühle, aber es gibt auch ein Licht am Ende des Tunnels und das Versuche ich in der Erhabenheit von Landschaften, Träumen, ab und an sogar Liebe, musikalisch widerzuspiegeln!

Du sagst, wenn jemand, beeinflusst durch deine Musik, Suizid begehen würde, hat er deine Musik nicht richtig verstanden. Ist das nicht ein wenig schwierig, wenn die Texte dazu nicht abgedruckt sind? Der Gesang ist ja schwer verständlich, die Musik sehr depressiv und auch die Titel klingen nicht so extrem hoffnungsvoll. Da fällt Missinterpretation doch leicht?

Sternenfrost: Ja, das ist durchaus richtig! Darum habe ich mir auch überlegt, in Zukunft die Texte im Booklet abdrucken zu lassen! Nur wird nicht jeder Deutsch können, wo die zukünftigen Veröffentlichungen in den Fingern hält...

Inwieweit fliesst die Idee des Suicide / Depressive Black Metal in dein Privatleben ein?

Sternenfrost: Bei mir so gut wie gar nicht. Es ist ein sehr intimes Projekt, wo meine Gefühle contra Musik ihren Seelenkampf ausfechten. Nur dadurch erreiche ich ein solides Privatleben mit Frauen, Freunden, alles was dazu gehört und so wird es auch bleiben! Sollte mich irgendwas positiv oder negativ überrascht haben, so gibt mir die Musik die Möglichkeit, meine Wut abzutragen und noch dabei andere Menschen, die vielleicht ebenso empfinden, teilhaben zu lassen.

Würdest du dich selbst töten? Und wenn ja, welche Umstände müssten eintreten, damit du dich selbst töten würdest?

Sternenfrost: Es müsste wirklich Hopfen Malz verloren sein, aber soweit wird es nicht kommen! Ich habe ganz nüchterne Ziele, à la Frau, einmal Kinder haben und mich musikalisch weiterentwickeln, private Ziele erreichen und dergleichen.

Empfindest du Selbstmord allgemein als ein feiges aus dem Leben scheiden, wenn nicht eine Krankheit, oder sonstige Umstände vorherrschen, an denen man in absehbarer Zeit aus dem Leben treten müsste?

Sternenfrost: Jeder ist sich seines Schicksals Schmied! Wer behauptet, dass es keinen Ausweg aus noch so aussichtslosen Situationen gibt, ist es für mich eh nicht Wert, das Leben zu geniessen! Mag sein, dass es Kraft erfordert, aber sterben kann man noch früh genug und der Tod wartet eh geduldig auf einen, so lang kann man auch sein Leben so Leben, wie man es für richtig hält! Scheiss doch drauf und mach dein Ding!

Mal ganz weit ab vom Thema: Wie lukrativ ist das Geschäft Suicide bzw. Depressive Black Metal heutzutage? Kann man damit viel Geld machen, da diese Musik ja im Trend liegt?

Sternenfrost: Ich möchte kein Geschäft mit dieser Musik machen, auf Geld kommt es wirklich nicht an, da hätt’ ich schon ein anderes Genre wählen müssen! Mal ein Shirt oder eine CD/LP/MC verticken ist absolut okay. Primär geb ich mich mit 10% der Veröffentlichung als Bezahlung zufrieden. Ich möchte, dass die Menschen, denen es gefällt, auch die Möglichkeit haben, ohne mp3 und Co. die Musik zu geniessen und dass sie was in der Hand haben! Vielleicht druck ich ja beim nächsten Full Length die Texte mit ab, manche würden sich ziemlich wundern...





In den letzten Jahren entstanden recht viele suizidale Black Metal-Gruppen. Würdest du von einer "Suicide-BM-Szene" sprechen, die sich hält oder ist es ein momentaner Trend (oder im Begriff, ein solcher zu werden)? Wenn ja, welche Bands werden bestehen bleiben?

Sternenfrost: Es scheint momentan ein Trend zu sein, Pagan & NSBM scheinen wohl nicht mehr so in der Mode zu sein. Ich würde nicht von einer "Suicide-BM-Szene" sprechen, wie du es sagtest. Weil ich mich nicht unbedingt in dieser sehe, geschweige denn überhaupt in einer Schublade. Und es werden die Bands bestehen bleiben, die ihren eigenen Sound & Stil haben und nicht nur unmotiviert zu 0815 Trauer-Hymnen ins Mikro heulen...

Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview! Ich wünsche viel Glück bei der Veröffentlichung von "Wo Ewigkeit die Zeit berührt"!