Bei Norwegen und Oslo denkt der Black Metal Fan unweigerlich an die Entstehung des Musikgenres dort vor gut 30 Jahren. Eine Reise in die Hauptstadt des Landes verspricht eine Spurensuche auf musikgeschichtlichen Pfaden; und vieles mehr. Denn Oslo bietet auch Satans Pizza sowie Erkundungstouren in Fjorden und auf Bergen.

Norwegen ist gewissermaßen das Sehnsuchtsland der Black Metaller. Wiege der extremen Kunstform, Heimat der szeneformenden Musiker. Dazu kommen Berge, Fjorde, raues Wetter, Finsternis im Winter und Wikingervergangenheit; auch abseits der Tonstudios und Konzerthallen übt das Land im Nordwesten Europas eine Anziehungskraft aus. 

Umso enttäuschender fiel der Auftakt zur Reise in den hohen Norden Anfang September aus, als das nordische Land mit sommerlichen 27 Grad aufwartete. Doch davon sollte man sich nicht irritieren lassen, zu viele subkulturelle Sehenswürdigkeiten warten dort. 

Wer dem Black Metal verfallen ist, für den führt kein Weg am ehemaligen „Helvete“ vorbei, wo vor über 30 Jahren alles seinen Anfang nahm, was dieses Genre ausmacht. Heute ist dort immer noch ein Plattenladen, der mittlerweile „Neseblod“ (norwegisch für „Nasenbluten“) heißt. Dieser liegt unweit des Hauptbahnhofes, Schweigaards gate 56, direkt am Migrantenviertel Gronland. 

Plattenladen in Flammen 

Das Angebot umfasst neben BM-Alben auch Punkrock. Zumeist handelt es sich um Second Hand Ware, was auch für die angebotenen T-Shirts gilt. Dabei können beim Stöbern manche Raritäten entdeckt werden. 

Doch das ist fast nebensächlich, ist der Laden doch mehr ein musikgeschichtliches Museum. Das veranschaulichen die Konzertplakate und zahlreichen Fotos an den Wänden. Frühe Bandfotos von Mayhem und Konsorten sowie private Schnappschüsse der Musiker zieren die Wände. Unweigerlich zieht es die oftmals weitangereisten Besucher in jene Kellerräume, in denen der berühmt-berüchtigte „Black Metal“-Schriftzug an der Wand prangt. 

Im April 2024 brannte es im Laden. Doch Glück im Unglück. „Schon nach 1 ½ Wochen konnten wir wiedereröffnen“, schilderte die Verkäuferin. Ein Raub der Flammen waren jedoch Teile des T-Shirt Bestandes im Untergeschoss geworden. 

Death Metal alter Schule lockt Publikum von der Pizza weg 

Wer sich nach dem Geld ausgeben und Devotionalien betrachten im „Neseblod“ stärken will, der hat im „Vaterland“ (Brugata 9) Gelegenheit dazu. Die Bar im gleichnamigen Osloer Stadtteil liegt nur wenige Gehminuten entfernt. Die angenehm kurze Speisekarte bietet vorzügliche Pizzen zur Auswahl. Getreu dem Motto „Hail Pizza, Eat Satan“ haben die Gerichte klangvolle Namen wie den des Höllenfürsten selbst oder „Judas“. Wobei man beim Verzehr dieser Pizza darüber sinnieren kann, ob sie den Namen des biblischen Verräters trägt, weil unter anderem Ananasstücke drauf liegen, was für Italiener einem Verrat an ihrem Nationalgericht gleich kommt. 

Doch das „Vaterland“ ist nicht nur Gastrobetrieb, sondern auch Konzert-Location. Im Obergeschoß befindet sich ein kleiner entsprechender Saal. Dorthin zog es den Verfasser der Zeilen, um sich ein Death Metal/ Punk Konzert zu gönnen. Die Opener von Inchoation zeigten an jenem Abend eine solide Death Metal Show. Dabei gelang es den noch recht jungen Musikern, das Publikum vom unteren Stockwerk nach oben zu locken. 

Als mit Loose Teeth die Punk Band des Abends loslegte, veränderte sich auch das Publikum. Der metallisch angehauchte Punk Rock der Herren sorgte gleich für mehr Bewegung vor der Bühne. Die gefälligen Songs ließen die Zuhörer jedoch nicht nur die Tanzbeine schwingen. Der Ein-Mann-Moshpit musste es mit wildem um sich schlagen und treten jedoch übertreiben. Erst seine weibliche Begleitung konnte den Herrn zur Ordnung rufen, bevor es genervte Konzertbesucher getan hätten. 

Hütet euch vor Mango-Bier 

Beim Headliner des Abends, den Todesmetallern von Sovereign, ging es deutlich gesitteter zu. Dem Death Metal alter Schule ließ sich bei druckvollem Sound gut folgen. Der knapp einstündige Auftritt bot Kompositionen, die stilistisch an alte Entombed und Unleashed erinnerte. Das kam beim Publikum an und deckte sich mit dem starken Eindruck, den das Album „Altered Realities“ bei mir hinterlassen hatte. 

Das angenehme an Oslo ist, dass die Wege im Zentrum kurz sind. So sind es nach diversen Bieren auch nur ein paar Gehminuten vom „Vaterland“ zur „Kniven Bar“ (Mollergata 32), um sich dort an einen der zahlreichen Zapfhähne zu klammern. Die kleine und sehr stimmungsvoll eingerichtete Kneipe wartet nicht nur mit einer langen Liste unterschiedlichster Biersorten, sondern auch mit Extrem Metal Beschallung auf. Was will man mehr für den gelungenen Ausklang eines Konzertabends? 

Gewarnt sei allerdings vor dem Bier mit der Mango Note, das ist sehr speziell. Aber mit den gängigen norwegischen Pilssorten macht man nichts verkehrt. 

Kirche steht wieder auf dem Holmenkollen 

Apropos Alkohol: Über die höheren Kosten für Alkohol in Norwegen zu schreiben, ist wie das berühmte Eulentragen nach Athen. Das sollte der durstige Metal-Tourist im Hinterkopf behalten, bevor er seine Bestellung aufgibt. Entweder man beklagt sich bei jeder Bestellung oder zahlt einfach und genießt. 

Neben den genannten metallischen Tipps bietet Norwegens Hauptstadt natürlich noch viel mehr. Kunst- und Geschichtsinteressierte kommen in den unterschiedlichsten Museen auf ihre Kosten. Wer genau hinsieht, wird auch Coverartwork von Mayhem und Darkthrone dort finden. Ganz entspannt lässt sich per Boot durch den Oslo-Fjord schippern. Alternativ laden Wanderwege außerhalb der Stadt zu Tagesausflügen ein. Wen es auf den Holmenkollen zieht, wird dort unter anderem jene Kirche finden, die 1992 der Brandstiftung durch Varg Vickernes, Bard „Faust“ Eithun und Oystein „Euronymous“ Aarseth zum Opfer fiel. Sie wurde kurz darauf wieder aufgebaut. The past is alive. 

Wer nach Oslo oder generell nach Norwegen will, der sollte wissen, dass man es dort offenbar liebt, möglichst alles per App und bargeldlos zu erledigen. Das erleichtert freilich vieles im Alltag. Ob Bahn-Ticket, Einkauf oder Eintrittskarte fürs Museum, alles lässt sich so handhaben. Doch Obacht, wie sagte die „Neseblod“-Verkäuferin: „Manchmal mag Norwegen American Express nicht.“