Es ist wieder mal Zeit für eine Undergroundband, und da wir uns dabei ja meistens auf die nationalen Acts konzentrieren, ist es nur fair, auch mal unseren direkten Nachbarn das Wort zu übergeben...

Es ist wieder mal Zeit für eine Undergroundband, und da wir uns dabei ja meistens auf die nationalen Acts konzentrieren, ist es nur fair, auch mal unseren direkten Nachbarn das Wort zu übergeben. Neulich war Österreich an der Reihe - nun ist mal Deutschland dran. Genauer gesagt Solingen, denn dort steht eine Black Metal Band kurz vor ihrem ersten Release bei Schwarzdorn Productions - Cerberus. Here we go ...

Ihr stammt ja aus Solingen. Irgendwie kommt mir dieser Name bekannt vor, vielleicht aus zahlreichen Staumeldungen aus dem Radio?? Aber mal im Ernst. Wo muss man sich Solingen denn geographisch so vorstellen?

Beleth/Cerberus: Solingen liegt im wunderschönen Bergischen Land, welches zu den Ländereien des Grafen Engelbert von Berg gehörte, einem ehemaligen Erzbischof zu Köln, der 1225 ermordet wurde, welcher seine Residenz unter anderem in Solingen-Burg errichtete und die Schmiedekunst in dieser Gegend stark förderte. Solingen selber liegt zwischen zwei Höhenzügen an der Wupper, direkt neben Wuppertal, zwischen Köln und Düsseldorf.

Cerberus und Sänger - das scheint ja eine Kombination zu sein, die sich nicht verträgt. Ihr sucht und sucht, findet aber keinen. Meldet sich niemand oder ist Eure Wegbeschreibung für Bewerber einfach so schlecht, dass die Euch zum "Vorsingtermin" nicht finden?

Beleth/Cerberus: Wohl eher mag es daran liegen, dass sich nur wenige überhaupt zutrauen, eine entsprechende Gegenrolle zur brachial-rohen Musik zu liefern. Daher ist das Angebot an geeigeneten Sängern doch eher klein. Inzwischen ist diese Sache aber zur Zufriedenheit aller geklärt, indem Dawn als neuer Saitenvirtuose der Band beitrat, ich mich nun voll meiner Rolle als Sänger und Frontmann widmen kann und die Gitarre nur noch im Hintergrund als Komponist anfassen werde.

Ihr habt jetzt endlich ein Label gefunden, das Eure Musik rausbringen wird - Schwarzdorn Productions. Es wird eine Live-CD sein. Fehlt für eine Studio-CD einfach das Geld oder gar die Lust? Eine Studio-CD einhämmern bedeutet ja auch viel Vorbereitung und Arbeit. Daran wird's ja wohl aber nicht liegen, oder?

Beleth/Cerberus: Durch finanzielle Engpässe war uns bisher eine teure Studioproduktion verwehrt. Da bei den Liveauftritten Mitschnitte angefertigt wurden, bot sich uns durch Schwarzdorn Productions vor kurzem die Möglichkeit, diese zu veröffentlichen. Hiermit noch mal ein Dank an diese für den Support des Undergrounds. Im Moment arbeiten wir an einigen Aufnahmetechniken und Ideen und werden gegebenenfalls in Kürze die Möglichkeit haben, eine professionell aufgenommene Fassung der Lieder zu präsentieren.

Jetzt habe ich mir natürlich mal die mp3 Songs auf Eurer Webseite angehört, die eigentlich sehr vielversprechend klingen, wie ich finde, soundtechnisch aber noch ein gutes Stück unter dem liegen, was ich selbst als "Undergroundmaterial" akzeptieren würde, wenn ich Geld dafür zahlen müsste. Die Soundfiles sind allerdings auch nur mit 96 Kbits aufgenommen worden. Was können wir denn von dieser Live-CD klangtechnisch erwarten?

Beleth/Cerberus: Schon mal die Live CD von Satyricon All Evil Börek gehört? Diese Band ist um einiges weiter als wir und hat einen Sound, bei dem man nicht ausmachen kann, welcher Song überhaupt gerade gespielt wird. Das ist unter aller Sau. Da finde ich unsere Aufnahme im Gegensatz zu dieser schon recht akzeptabel. Wir waren zu dem Zeitpunkt noch eine sehr kleine Band, die in den Anfängen stand, und wir haben uns grosse Mühe geben müssen, das Konzert überhaupt spielen zu können. Nun ist diese Aufnahme nun mal Live, und man konnte zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht viel mehr erwarten, als dort eben zu hören ist. Es war das erste Konzert, und wir hatten nur einen Monat zur Vorbereitung. Viele grosse Bands haben einen schlechteren Sound auf ihren Live CDs. Diese Meinung stammt ausserdem nicht von mir, da ich dies bei der eigenen Musik gar nicht beurteilen kann. Das wurde mir in diversen Feedbacks so mitgeteilt. Auf dieser CD findet man unser Live Konzert sowie einen Videoclip des Songs Cerberus, ebenfalls aufgenommen an diesem Konzert. Es soll auch nur ein Anfang in die grosse Welt der Musik darstellen, und wir sind ja nun dabei, qualitativ "hochwertiges" Material einzuspielen. Wir haben schon ein paar Erfahrungen betreffend Aufnahme machen können und unser Spektrum an Wissen immens erweitert. Die jetzige CD wird in Zukunft nur für die Leute, die an uns glauben, ein Leckerbissen sein, falls sich der erwünschte Erfolg bei uns jetzt auch so einstellt, wie wir es gerne hätten. Leider ist das bei der Anzahl an Bands nicht immer so leicht. Aber wir tun unser Bestes und plädieren darauf, dass es noch Leute gibt, die nicht nur das Image einer Band sondern auch die Arbeit, die hinter der Musik steckt, zu würdigen wissen.

Interessanterweise sitzt eine Frau bei Euch am Schlagzeug, Astrega. Ansonsten kriegen die Damen in der Metalwelt meist nur ein Mikro oder ein Keyboard in die Hände gedrückt - Drummerinen sind in der extremen Musikszene eigentlich ein Novum. Wie seid Ihr denn auf Astrega gekommen?

Beleth/Cerberus: Nachdem unser Drummer die Band verlassen hatte, waren wir sehr verzweifelt auf Schlagzeugersuche. Eine Zeit lang haben wir die Hilfe eines Drumcomputers in Anspruch genommen, um nicht aus der Übung zu kommen. Unser Gitarrist P.O.D. hat dann durch Zufall Astrega vor sich aus dem Zug steigen sehen. Es schauten ihr ein paar Sticks aus dem Rucksack heraus. Also sprach er sie an, und sie spielte kurz darauf bei uns vor. Wir sind alle sehr froh, dass wir Astrega in unserer Band haben. Sie ist sehr engagiert und kommt auch oft mit neuen Ideen zum Einsatz. Ich finde, dass es scheissegal ist, welchen Geschlechtes man ist. Wenn man sein Instrument gut beherrscht und mit Leib und Seele bei der Sache ist, spielt so etwas gar keine Rolle mehr. Leute, die meinen, dass weibliche Geschlechter nichts in einer Black Metal Band zu suchen haben, sind für mich nur kleine Lichter, die versuchen, dadurch ihre Minderwertigkeitskomplexe aus der Welt zu schaffen. Diese Meinung hat keinerlei Begründung. Ausserdem glaube ich nicht, dass die Damen ihre Instrumente in die Hand gedrückt bekommen, so wie du es umschreibst, sondern dass sie nun mal eben das Instrument beherrschen, welches sie in der jeweiligen Band spielen (zur Klarstellung, "in die Hand gedrückt bekommen" war eher sinnbildlich gemeint - Verf.).

Wie Ihr in Eurer Biografie schreibt, hat Cerberus seit dem Bestehen schon ca. 20 Line-Up Wechsel überstehen müssen. Bist Du als "Bandchef" unausstehlich oder sind's die bisherigen ex-Bandmitglieder gewesen?

Beleth/Cerberus: Natürlich bin ich unausstehlich. Nein. Scherz beiseite. Es gab mehrere Gründe, warum diese Wechsel zustande gekommen sind. Einige Musiker hatten andere musikalische Ideologien und Vorstellungen über die Entwicklung der Band. Wir sind nicht mehr ganz mitgekommen und wollten uns auch nicht dem spielerischen Können der anderen Musiker anpassen. Wir wollten nur harten Black Metal spielen, und hätten wir diese Musiker behalten, würden wir heute so klingen wie Dimmu Borgir. Dann hatten wir noch Musiker, die sich mit unserer Musik nicht so ganz anfreunden konnten. Sie waren nur testweise bei uns und haben sich dann letzten Endes doch dazu entschlossen, ihr Können in anderen Bands einzusetzen. Ein paar Andere waren charakterlich total daneben. Sie kamen, tranken ihr Bier, verspielten sich während der Probe 50 mal und gingen wieder nach Hause. Dann hatten wir Leute, die ständig zu spät oder einfach gar nicht zur Probe kamen, mit der Meinung, sie müssten vorher nicht einmal Bescheid geben. Auch gab es solche, die sich der Miete für den Proberaum zu fein waren oder einfach das Geld nicht hatten. Wir können nicht immer deren Miete auf unsere Kosten blechen, ohne mal etwas ausrasten zu dürfen. Dann gab es noch welche, die einfach nur das taten, was Ihre Aufgabe war, ohne sich den anderen ein wenig anzupassen oder vernünftig über die Songs zu sprechen, um einen gesunden Mittelweg zu finden. Am Ende nun besteht die Band aus dem Abschaum, der übrig blieb, die Unausstehlichen, die in keiner andere Band Unterschlupf fanden.

Weiter gibt es in Eurer Biografie eine total witzige Passage, wie ich finde. Sie lautet: "Die Band hatte aufgrund einer grossen Bandpause ... alle alten Songs vergessen. Nun kam aber das Angebot eines Konzertes, was die Band nicht abschlagen konnte." Wie habt Ihr Euch über die Runden gerettet?

Beleth/Cerberus: Die Bandpause entstand durch eine kleine Überschwemmung einer unserer Proberäume. Wir hatten bestimmt sechs Monate nichts mehr gemacht und haben mit dem Gedanken gespielt, die Band dem Erdboden gleich zu machen. Aber wir bekamen ein Konzertangebot und sagten mal auf gut Glück zu. Eine andere Band aus Solingen machte uns das Angebot, deren Raum nutzen zu können, um uns für das Konzert vorzubereiten. Als alles mit dem Umzug und den ganzen anderen Sachen erledigt war, hatten wir noch vier Wochen Zeit. Leider waren wir auch aus familiären und beruflichen Gründen nicht in der Lage, täglich zu proben. Also hatten wir nur den Samstag jeder Woche Zeit dafür. Wir schrieben bei jeder Probe ein neues Lied. Am Abend des Konzertes wurde dann noch eines im Backstagebereich geschrieben. Auf der Bühne hatten wir zwar die Hälfte wieder vergessen, aber da wir ein dermassen gut eingespieltes Team sind, konnten wir uns noch mit einigen Improvisationen retten. Diese sind auch noch bis heute in den Songs enthalten, da sie doch schon recht gut rüber kamen. Naja ... Nach dem Konzert bekamen wir dann noch gutes Feedback, und wir waren wieder auf dem Weg nach oben.

Es gibt eine interessante Aussage von Dir. Du hast ja einen Sohn, und in einem Interview wurde mal das Thema Erziehung angesprochen. Du hast eine mir persönlich sehr sympathische Antwort gegeben. Unter anderem meintest Du: "Er wird da in keinster Weise von mir beeinflusst. Wenn er mal später Techno hört, ist es ok. Wenn er mal Christ wird, ist es auch ok." Toleranz ist ja nicht gerade das, was man im allgemeinen als Hauptstärke der Black Metaller bezeichnen könnte, insbesondere dann, wenn es um Religion geht. Wie stehst Du den genreüblichen Klischees des Black Metals gegenüber?

Beleth/Cerberus: Die Frage der Erziehung des eigenen Kindes ist keine Frage der Einstellung sondern eher eine der Moral. Es kann nicht sein, dass man einem Kind die eigene Entwicklung vorenthält, nur weil man der Meinung ist, dass die eigene Einstellung auch für die Nachkommen zählen muss. Einem Kind den Lebensweg vorschreiben zu wollen würde bedeuten, dass man die natürliche Entwicklung des Kindes erheblich stört. Daher hatte ich eigentlich vor, meinen Sohn so zu erziehen, dass ihm alle Möglichkeiten und Wege des Lebens offen stehen. Nun hat sich meine Frau von mir getrennt und den Sohn bei sich behalten. Also habe ich auf die Erziehung meines Sohnes keinen Einfluss mehr. Der Trauer überdrüssig geworden, bin ich nun zu dem Entschluss gekommen, meine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und dem Leben freien Lauf zu lassen. So eine Trennung hat nun mal eben seine Vor- und Nachteile. Zum einen ist es schade, dass ich meinen Sohn nicht mehr den ganzen Tag um mich habe, zum anderen ist es auch gut, da ich nun meine Zeit für mich verwenden kann, um mich meinen zukünftigen Wegen zu widmen.

Wenn ich jetzt einfach mal behaupte, dass der traditionelle Black Metal sich hauptsächlich durch den "true"-Wahnsinn, der sich teilweise in wirklich saublöden Aktionen niederschlägt und bishin zur Verbreitung von rassistischen und faschistischen Parolen reicht, selbst kaputt macht, würdest Du mir dann beipflichten oder eher widersprechen? Ich meine, die alleinige Schuld nur einigen "kommerziellen" Vertretern des Genres wie Dimmu Borgir oder Cradle Of Filth zu geben, wäre doch wirklich etwas zu billig, oder?

Beleth/Cerberus: In Deiner Frage selber zeigst Du schon die zwei Extreme der Szene auf. Zum einen die Seite, welche sich durch Kirchenbrände und Morde darstellt, auf der andere die "kommerzielle" Seite mit ihrem Kunstblut, den Feuerspuckern und den Windmaschinen auf der Bühne. Am Ende wird sich zeigen, welche davon das grössere Publikumsinteresse zu gewinnen vermag. Szenengrössen allerdings mit norwegischem Underground vergleichen zu wollen, wäre eine Absurdität. Warum also die ganzen Streitgespräche und Fragen, wer der wirklich "Wahre" davon ist?

Dem Wort "Hölle" begegnet man bei Euch öfters mal, meist natürlich in einem symbolischen Sinne und auch sicherlich nicht zuletzt deswegen, weil der Name Cerberus für die Figur eines Höllenhundes in der griechischen Mythologie steht. Aber trotzdem. Gibt es Deiner Meinung nach so etwas wie die Hölle und wie stellst Du Dir sie vor?

Beleth/Cerberus: Diese Antwort werde ich Dir nach dem Tod geben können. Jeder in der Band hat seine eigene, individuelle Vorstellung der Existenz, angefangen vom Paganismus bis hin zum Atheismus, und insofern ist wohl das Wort "Hölle" wirklich nur als eine reine Metapher zu verstehen.

Was bedeutet für Dich Underground? Musikaufnahmen mit Minimalbudget? Das Ausschliessen, jemals mit einer Band ein bisschen Geld verdienen zu wollen? Musik zu machen, die von den Massen ignoriert wird? Ist Underground ein Art Lebensphilosophie oder mehr nur ein Zustand?

Beleth/Cerberus:: Underground ist einfach nur eine Szene, in der sich Bands befinden, die keinen Weg finden oder auch finden wollen, sich zu vermarkten, oder eben solche, die den Ideologien der norwegischen Kirchenzündler folgen, Musik zum Spass betreiben und tausende Andere. Den Underground auf eine dieser Aspekte reduzieren zu wollen wäre wohl wieder engstirnig.

Zum Schluss noch ein persönliches Wort von Beleth an alle Leser: "Bei Interesse kann jeder gerne mal unter http://www.darkmanic.de/cerberus/Cerberus-Was_War_Vergeht.mp3 ein wenig vorkosten, wie sich unsere Aufnahmen in Zukunft anhören werden!"