Zweifelsohne gehören Helfahrt zu den besten und engagiertesten Bands der deutschen Pagan Metal Szene. Kürzlich ist ihr zweites Album, "Wiedergang", erschienen, auf welches die fünf Bayern sehr...

Zweifelsohne gehören Helfahrt zu den besten und engagiertesten Bands der deutschen Pagan Metal Szene. Kürzlich ist ihr zweites Album, "Wiedergang", erschienen, auf welches die fünf Bayern sehr positive Resonanz erhalten haben. Mittlerweile wird bereits an der neuen Scheibe gearbeitet und Anfangs nächstes Jahr geht es auf Europa-Tour. Nebst ihrem Beitrag zum Schwermetall-Jubiläumskonzert gibt es also mehr als einen Grund, mit dem Sänger Max ein Interview zu führen. Heraus gekommen ist ein interessantes Gespräch über Brauchtum, Klischees und Weiterentwicklung.

Nun habt ihr ein wenig Abstand zu der Veröffentlichung eures Albums "Wiedergang". Seid ihr immer noch gleich zufrieden damit wie am Anfang?

Max: Definitiv! In erster Linie ist es immer so, dass die Musik uns gefallen muss! Der Rest ist mehr oder minder uninteressant und wir versuchen, uns so wenig wie möglich von Aussen beeinflussen zu lassen. Sicherlich will ich nicht leugnen, dass uns positive oder negeative Rezensionen vollkomen kalt lassen, aber solange wir persönlich mit unserer Arbeit zufrieden sind, ist alles in Ordnung. "Wiedergang" ist ja auch für uns selbst ein Experiment gewesen, in welchem wir versucht haben, unsere Grenzen in Punkto Härte, Geschwindigkeit und Rohheit auszutesten - und zwar bilateral. Somit wussten wir schon vor den Aufnahmen, dass es mit diesem Album schwieriger sein würde, positives Feedback zu erlangen als wenn wir ein straighteres Album veröffentlicht hätten. Aber um auf deine Frage nochmals einzugehen: Eigentlich sind wir sehr zufrieden, auch wenn du als Künstler niemals 100% zufrieden sein kannst - das verbietet einfach der eigene Perfektionismus und ich kann mir gut denken, dass viele wissen, wovon ich spreche, wenn ich sage, dass die Suche nach "dem einen Riff" schon so manchen Musiker in den Wahnsinn getrieben hat.

Passend zum Albumtitel "Wiedergang" ist auf dem CD-Cover offensichtlich ein Wiedergänger (Verstorbene, die – oft als körperliche Erscheinung – in die Welt der Lebenden zurückkehren) abgebildet. Erzählt doch bitte, wie ihr zu dieser Thematik kamt und welchen persönlichen Bezug ihr dazu habt.

Max: Es hat mich immer schon fasziniert, wie gleich wir Menschen in vielerlei Hinsicht sind. Die Wiedergänger-Kulte gibt es in fast allen Kulturkreisen dieser Erde. Der Tod ist die stärkste spirituelle und emotionale Erfahrung, die ein Mensch neben der Geburt je erfahren kann. Speziell im so genannten germanischen Kulturkreis aber auch auf der ganzen Welt wurde der Umgang des Ablebens in vielerlei Mythen und Bräuchen verarbeitet. Selbst noch heute scheint uns Menschen nichts anderes mehr zu beschäftigen als diese Thematik. Unterbewusst! Das bemerkt man ja schon wenn man den Fernseher anmacht. Genauso war es auch schon vor ein paar hundert Jahren - vieles wurde mit Spiritualität in Verbindung gebracht. Man wollte den Tod plausibel erscheinen lassen, man wollte den Grund, das "Warum" verstehen, um so einfacher den Umstand akzeptieren zu können. Die Wiedergänger-Bräuche und -Sagen sind hierbei wohl die, plump gesagt, "unheimlichsten" und bedrohlichsten Sagen. Ein Verstorbener kehrt in windiger Nacht zurück, um Rache an all jenen zu nehmen, die der Sagengestalt noch etwas schulden. Faszinierend. Tatsächlich gab es diesen Glauben, welcher vor allem heute im Perchtenbrauchtum besungen und betanzt wird, noch vor weniger als 90 Jahren in unserer Region. Für manche Altvorderen ist es tatsächlich noch absolute Realität und keineswegs ein Kindermärchen. Was das Album und unseren Bezug zu dieser Thematik betrifft: Als wir bemerkten, dass die Songs für "Wiedergang" sich in eine ungewohnt härtere, rohere Form entwickelten, lag es auf der Hand, dieses Thema für dieses Liedgut aufzugreifen. Mit dem Gedanken haben wir jedoch schon längere Zeit gespielt.

"Wiedergang" hat auffallend gute Kritiken erhalten. Das bedeutet, dass bei eurer nächsten CD die Erwartungen sehr hoch sein werden. Setzt das euch stark unter Druck oder lässt ihr euch davon unbeirrt?

Max: Sicherlich kann ich nicht leugnen, dass wir uns überhaupt nicht von dieser Gegebenheit beeinflussen lassen. Das kann niemand und es wäre schlichtweg gelogen, wenn ich diese Frage verneinen würde. Allerdings ist es bei Helfahrt so, dass die Songs in erster Linie erstmal uns selbst gut gefallen müssen, ehe wir uns darüber Gedanken machen, ob die neuen Kompositionen mancherlei Erwartung trifft. Im Endeffekt ist das auch alles war zählt. Wir haben uns bisher noch nie wirklich Sorgen darüber gemacht, ob wir mit den neuen Lieder die alten Songs übertreffen -es war auch zudem nie unser Ziel. Es ist schön, dass wir noch immer durchaus kreativ und motiviert Musik machen. Solange dieser Umstand noch gegeben ist, mache ich mir auch überhaupt keine Gedanken über die Ab- oder Zunahme der Qualität.

Für eine Band aus dem Bereich Pagan Metal verwendet ihr auf eurer neuen Scheibe auffallend wenig Folk-Instrumente. War dies Absicht oder nur Zufall bei diesem Werk?

Max: Ich finde, dass man nicht unbedingt immer zu Hauf Folk-Instrumente in seine Kompositionen einbauen muss, um Pagan Metal zu sein bzw. um die eigene Musik mit dieser Bezeichnung zu etikettieren. Wenn man sich die ersten Black/Pagan Metal Bands Ende der 90er ansieht, wird man merken, dass die meisten allerhöchstens eine Maultrommel verwendeten. Ganz davon abgesehen finde ich, dass traditionelle Musikinstrumente, wie sie im Folk verwendet werden, nicht immer zwingend notwendig für eine Pagan Metal Band sind. Wir haben bei "Wiedergang" jedoch nicht absichtlich weniger Folk-Instrumente verwendet, sondern es war einfach purer Zufall. Mir persönlich hätten mehr Folk-Sachen auch gefallen. Die Kompositionen waren jedoch nicht wirklich passend, um diesen noch weitere Instrumente aufzubürden. Viele Riffs waren in unseren Ohren einfach schon atmosphärisch genug. Alles Zusätzliche hätte die Grundstimmung und Aussagekraft der Komposition zunichte gemacht. Generell haben wir nichts gegen mehr traditionelle Folk-Sachen. Mal sehen, vielleicht ist dies beim nächsten Album, welches wir voraussichtlich schon 2009 aufnehmen werden, gewährleistet.

Wie wichtig ist euch Authenzität in euren Texten? Und wie gross ist der Anteil an Metaphern?

Max: Wir behandeln vor allem die germanische Mythologie - ausnahmslos metaphorisch und werden diese auch niemals personalisieren. Das können andere besser und wir sehen keinen Sinn darin, über blutige Schlachten und tapfere Kämpen zu singen, wenn weder wir, noch der Hörer sich wirklich damit identifizieren kann. Wir sehen unser Schaffen allumfassend auf Klang, Komposition, Bühnenshow und natürlich die Texte an. Zusammen ergibt es, was wir sind und wir versuchen natürlich auch, durch unsere Lyrik den aufmerksamen Leser unsere Empfindungen, Visionen und Vorstellungen von alten Bräuchen, germanischer Mythologie und vor allem dem Naturmystizismus auf unsere Art näher zu bringen. Wir wollen aufzeigen, dass die Grenzen dieser Thematiken verschwimmen und in ihrer Einzigartigkeit letzten Endes eine Einheit bilden. Genau wie wir. Brauchtum ist indes die Seele eines jeden Landes. Hier in Bayern sind viele Bräuche am Schwinden. Wir versuchen, durch die Vertonung unserer Kunst dieses Brauchtum nicht vollends untergehen zu lassen. Die Leser unserer Texte sollen sich Gedanken machen. Wer meine und Bastis Texte liest, weiss wovon ich spreche.

Bei Schwermetall haben wir bereits ein Special über Black Metal in Bayern veröffentlicht. Die Pagan Metal – Szene in Bayern scheint nicht unbeträchtlich zu sein. Was könnt ihr uns darüber erzählen?

Max: Hmm, ich finde das die Pagan Metal - Szene doch nicht nur in Bayern beträchtlich ist. Ehrlich gesagt haben wir aber auch nicht wirklich Ahnung, was dieses Thema betrifft. Was aber auch daran liegen mag, dass wir Helfahrer auch nicht wirklich informiert sind, da wir ja kaum noch was innerhalb der Szene unternehmen und so auch kaum was mitbekommen. Es gibt jedoch ein paar richtig gute, hoffnungsvolle Bands, wie zum Beispiel Ars Irae, die einen ähnlichen Sound machen wie wir. Es ist hier eher so, dass die Bands sich zwar untereinander kennen, jedoch nicht wirklich viel miteinander zu tun haben. Vielmehr "wurschtelt" da jeder für sich hin - wie in einem Schrebergarten, in welchem die Aktivitäten des Nachbarn auch nicht interessieren, haha.

Einer unserer Kritiker fand in einem Review die lobenden Worte "...weit ab von gängigen Klischees wird so manche Peinlichkeit locker umschifft". Wie geht ihr mit dem Thema Klischees im Pagan Metal um?

Max: Wir haben uns nie um ein Image gekümmert. Wir sind uns immer selbst treu geblieben und versuchen nach wie vor uns ganz natürlich zu präsentieren. Unsere Texte befassen sich durchaus auch mit der germanischen Mythologie, jedoch in einem völlig anderen, vielmehr romantisch-metaphorischen Kontext. Klischees haften jeder Szene oder Gruppierung an, das ist ganz normal. Manche verwenden Klischees, um mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, andere hingegen sind unterbewusst klischeehaft. Generell schreiben wir niemanden vor, wie er sich nach aussen hin präsentieren soll. Schliesslich lebt der Metal ja auch irgendwie von Klischees. Wir jedoch haben da einen anderen Weg gewählt und sind damit bisher auch recht zufrieden. Warum heucheln, wenn die Wahrheit viel interessanter ist?

Max, in einem Interview hast du kürzlich gesagt, du seist schon seit drei Jahren kein "Szene-Interner" mehr. Wie ist es dazu gekommen, und hat das auf deine Bandtätigkeit keinen Einfluss?

Max: Vor ca. fünf Jahren entschied ich mich, meine Szene-Aktivitäten ein bisschen einzudämmen. Dies hatte diverse Gründe, auf die ich hier nicht weiter eingehen will. Allerdings kann ich auch sagen, dass es vielleicht auch eine ganz normale Weiterentwicklung für mich war. Das soll natürlich nicht heissen, dass ich mich mit Metal überhaupt nicht mehr auseinandersetze oder damit nichts mehr zu tun haben will. Ich kaufe mir immer noch gerne rare Scheiben und höre fast täglich Metal-Musik. Allerdings habe ich meinen Horizont erweitert was andere Musik und andere Künstler betrifft. Ich setze mir keine Grenzen mehr und nehme keine Rücksicht auf etwaige Kleidervorschriften, True/Untrueness oder Haarlängenangaben wie sie in der Szene immer noch propagiert werden. Ich habe da eine ähnlich Meinung wie Fenriz von Darkthrone; Anstatt also jedes Wochenende auf Konzerten oder in Szene-Kneipen rum zu hängen, unternehme ich viel lieber andere Dinge wie zum Beispiel wandern und bergsteigen in unseren Bergen, die wir ja fast vor der Haustür haben. Ich mache diverse Sachen im Neo-Folk/Ambient Bereich, da ich sehr gut mit diversen Protagonisten wie z.B. Dimo von Svarrogh befreundet bin oder ich versuche mich an neuen Songs für Helfahrt, zusammen mit dem Rest der Band. Natürlich möchte ich jedoch hier nicht unsere legendären 80ies Poser-Rock-Abende unerwähnt lassen, welche alle paar Monate in meinem Haus stattfinden. Man müsste schon fast Eintritt dafür verlangen, haha! Der Metal ist in meinem Leben also noch durchaus allgegenwärtig. Jedoch hat sich mein Interessenspektrum einfach erweitert und ich lege nicht mehr erste Priorität darauf.

Ursprünglich war das musikalische Konzept von Helfahrt, "folklorische Musik mit Akustik Gitarren, Akustik Bass sowie anderer Instrumente wie Maultrommel und Flöte zu komponieren". Mittlerweile ist der Härtegrad eurer Musik deutlich gestiegen. Habt ihr nun euren Stil gefunden oder fühlt ihr euch diesbezüglich noch in einer Entwicklungsphase?

Max: Ich denke als Künstler wirst du niemals deinen Stil finden. Der "Stil", die Art der Musik, die man macht, wird immer von anderen etikettiert werden. Das ist aber auch vollkommen normal so und stört mich nicht weiter. Das höchste Ziel und der einzige Grund für mich Musik zu machen ist die Selbstverwirklichung. Dies ist ein niemals endender Prozess und solange er anhält, werde ich mich auch in einer Art Weiterentwicklung befinden. Dieser Umstand ist mir wichtig, da ich mir wie schon erwähnt auch keine Grenzen setzen will. Unsere neuen Songs sind schon wieder um einiges anders als die Lieder auf "Wiedergang" und ich wage schon jetzt zu sagen, dass es wohl die besten sind, die wir bisher geschrieben haben. Da Basti und ich aus reiner Emotion komponieren, können wir auch nie sagen, in welche Richtung ein Song oder Riff gehen wird. Und das ist auch gut so.

Anfangs 2009 seid ihr im Rahmen der "Light a Pagan Fire"-Tour mit Gernotshagen und Odroerir auf Achse. Aus welchem Grund gerade mit diesen zwei Bands?

Max: Wir kennen Odroerir und Gernotshagen nun schon seit ein paar Jahren und schätzen die Personen hinter der Musik wirklich sehr. Es sind gute Freunde geworden und wir sind sehr stolz die Möglichkeit zu haben, mit diesen Menschen für 18 Tage Europa unsicher zu machen. Warum es genau diese beiden Thüringer Bands sind, kann ich jedoch nicht wirklich sagen. Das hat sich einfach so ergeben denke ich. Gernotshagen sind ja auch bei Trollzorn Records unter Vertrag, Odroerir beim Partnerlabel Einheit Produktionen. Eine gemeinsame Zusammenarbeit stand daher sowieso schon länger zur Debatte. Ich finde auch, dass das Tour-Package durchaus interessant ist: Es ist für jeden Geschmack etwas dabei, jeder Härtegrad im Pagan Metal ist vertreten. Des Weiteren werden uns Eluveitie, Eisregen, Menhir und viele andere Bands ein Stück begleiten. Was will man also mehr?! Ich würde mich freuen, den einen oder anderen Leser dieser Zeilen vor Ort anzutreffen.

Ihr werdet im November am Jubiläums-Konzert von Schwermetall auftreten. Was sind eure Verbindungen zu Schwermetall? Was könnt ihr über Schwermetall sagen?

Max: Schwermetall.ch ist für mich schon immer ein durchaus interessantes Magazin gewesen. Ich schätze vor allem auch, dass ihr immer wieder coole Veranstaltungen ins Leben ruft, die den Underground - wer dieses antiquierte Wort der 90er noch kennt - unterstützen. Eure Beiträge sind, soweit das bei einer Rezension überhaupt gewährleistet ist, immer sehr objektiv gehalten, gut durchdacht und geschrieben. Und wir von Helfahrt haben mit euch immer nur gute Erfahrungen gemacht! Schmierfinken wie eine Diana Glöckner (Redaktorin vom Legacy – Anm. der Redaktion) sollten sich durchaus `mal eine Scheibe von euren Beiträgen abschneiden.
Wir freuen uns schon sehr auf das Konzert in Zug und anlässlich eures Geburtstages werden wir auch einen kleinen Überraschungs-Song spielen - man darf also gespannt sein! Wir sehen uns am 22.11.!

Da freuen wir uns natürlich umso mehr auf euren Auftritt und den ganzen Abend! Herzlichen Dank, Max, dass du dir die Zeit genommen hast, die Fragen zu beantworten.