Mit dem dritten Album "Weltenzerstörer" haben sich Ernte als Schweizer Qualitätssiegel in Sachen Schwarzmetall etabliert. Damit hat sich das Duett qualifiziert für eine Hinterfragung in Form eines Interviews. Warum zu viele Menschen zu viel kranken Mist produzieren und wie die Weltenzerstörung zu Stande gekommen ist, erfahrt ihr darin.
Euer neues Album "Weltenzerstörer" wird als klangliche Offensive gegen die Absurditäten und Heucheleien der modernen Welt beschrieben. Was hat euch dazu inspiriert, solch ein starkes und wütendes Manifest zu erschaffen?
Black Metal war noch nie ein friedvolles Genre – und wir machen nicht nur Black Metal, wir leben ihn auch. Unsere Ansichten in Bezug auf die moderne bzw. postmoderne Welt sind ziemlich extrem und geprägt von Ablehnung und Verachtung. Da ist ein solches Album eigentlich die logische Konsequenz.
Die Kombination aus schneidenden Gitarrenriffs, unbarmherziger Percussion und markerschütternder Violine erzeugt eine einzigartige Atmosphäre. Wie ist diese besondere Instrumentierung entstanden und welche Rolle spielt sie in der Gesamtbotschaft des Albums?
Askahex: Die Violine ist ja das einzige spezielle Instrument. Alles andere ist klassische Metalbesetzung. Die Violine haben wir eigentlich nur in zwei Songs eingesetzt – ich spiele dieses Instrument seit meiner Kindheit und setze es immer wieder gerne im extremen Metal ein. Das habe ich bereits früher bei Shever oder Ashtar gemacht.
Wenn du es schon ansprichst: Askahex, du bist bereits durch deine Arbeit bei Ashtar und shEver bekannt. Wie hat deine musikalische Vergangenheit deine Arbeit an "Weltenzerstörer" beeinflusst?
Askahex: Alle bisherigen musikalischen Outputs, an denen ich in irgendeiner Form beteiligt war, sind extrem – ob das jetzt Doom oder Black Metal oder sonst was war, spielt keine Rolle. Meine Art, Songs und Lyrics zu schreiben, hat sich im Laufe der Zeit zwar ein wenig perfektioniert – sprich, ich benötige weniger Zeit dafür – ist aber sonst relativ gleichgeblieben. Ich denke, dass meine Vorliebe für doomige, schleppende, aber brutale und mächtige Riffs sicher auch in die Songs von "Weltenzerstörer" eingeflossen ist, auch wenn Häxär derjenige ist, der die Songs geschrieben hat.
In der Rezension wird das Album als ein Manifest der Misantrophie beschrieben, das die kranke Welt der falschen Gefühle und des Konsums zerstören will. Wie wichtig ist euch dieser thematische Fokus und welche Botschaft wollt ihr damit vermitteln?
Wir verachten die Menschheit und ihr Verhalten als kollektive Masse zutiefst. Unsere Musik ist ein Manifest dieser Verachtung. Aber es gibt auch noch andere, sehr wichtige Aspekte in unserer Musik, zum Beispiel die Erweckung von uralten Mächten durch Rituale und Aufrufungen, die Wiederbelebung von Erzählungen und Sagen, die Macht der Natur, in welcher der Mensch verschwindet.
Der Titeltrack, begleitet von einem satanischen Ritual und dem Meeresungeheuer Leviathan, hat eine besonders düstere und intensive Stimmung. Könnt ihr uns mehr über die Entstehung und Bedeutung dieses Tracks erzählen?
Askahex: Als Häxär mir die Rohversion dieses Songs im Studio gezeigt hat, wusste ich gleich, in welche Richtung meine Lyrics dazu gehen würden. Die sinistre Düsternis der Riffs, die gleichzeitge Erhabenheit, es klang für mich eindeutig nach einem Ritual, nach einer Anrufung einer Macht, eines Dämons. Für den dazu gehörigen Video war es dann auch klar, dass wir auf einer Ruine in der Nähe drehen würden – und es war wirklich magisch, als im Winter die Dämmerung einbrach und unsere Fackeln und Kerzen den Altar erleuchteten.
Ihr habt das Album im Inferno Studio in der Schweiz aufgenommen und gemischt, und Greg Chandler im Priory Recording Studio in Großbritannien hat es gemastert. Wie war der Aufnahmeprozess und wie habt ihr die klangliche Tiefe und Intensität erreicht?
Vielen Dank für das Kompliment, das freut uns sehr. Der Aufnahmeprozess war allerdings nicht anders als bei den beiden vorherigen Alben. Wir nehmen alles in unserem Studio auf, mischen die Songs selbst und senden sie dann zum Mastering nach England. In diesen drei Jahren haben wir sicherlich einiges dazu gelernt. Das Soundverständnis und Soundengineering haben sich verbessert.
"Weltenzerstörer" ist bewusst im Plural gehalten, um sowohl physische als auch geistige und emotionale Gefüge zu adressieren. Was bedeutet für euch die Zerstörung dieser unterschiedlichen "Welten" und wie reflektiert sich das in eurer Musik?
Black Metal ist extrem, aggressiv und provokativ. Wie bereits gesagt, verachten wir alle Arten von modernen Religionen, in deren Namen getötet und gelogen wird, all die unzähligen kranken Gedanken und Taten in der heutigen Welt, die Konsumsucht der Postmoderne, usw. Unsere Musik ist ein der Ausdruck unserer Gedanken und Gefühle.
Eure Musik wird oft als ein Ruf nach Einsamkeit und einem höheren Sinn inmitten des Chaos beschrieben. Welche Rolle spielt die Einsamkeit in eurem kreativen Prozess und in der Botschaft von "Weltenzerstörer"?
Askahex: Um einen höheren Sinn zu suchen und vielleicht auch zu finden, muss man meines Erachtens die Einsamkeit suchen. Zu viele Menschen auf einem Haufen produzieren viel zu viel kranken Mist – man sehe sich mal in der Welt um…
Mit "Weltenzerstörer" fordert ihr die Zerstörung der heutigen kranken Welt und eine Rückkehr zur Natur. Glaubt ihr, dass Musik eine wirkungsvolle Plattform für solche radikalen Botschaften sein kann, und wie seht ihr eure Rolle als Künstler in diesem Kontext?
Ehrlich gesagt geht es uns nicht darum, irgendwelche Leute zu bekehren oder von unserer Meinung zu überzeugen. Unsere Musik ist die Art, wie wir unsere Emotionen, unsere Verachtung, unsere Leidenschaft ausdrücken. Kunst ist für uns reine Ausdrucksform, und nicht Mittel zum Zweck.
Ihr habt beide neben euren musikalischen Projekten auch klassische Jobs. Wissen eure Arbeitskollegen (bei der Stadt oder sonst) von eurer schwarzen Seite?
Natürlich laufen wir nicht ständig in Bandshirts, Kampfstiefeln und Corpse Paint rum, und wir reiben auch nicht jedem Kunden oder jeder Mitarbeiterin unseren Musikstil unter die Nase. Aber es ist auch kein Geheimnis. Und wenn man eine bestimmte Einstellung hat und einen gewissen Lebensstil pflegt, steht man grundsätzlich ohne Kompromisse dazu.
Was darf man von Ernte in Zukunft erwarten? Sind Konzerte geplant?
Ja, wir haben vergangenes Jahr unser Live-Debüt gegeben, und wir werden versuchen, auch in Zukunft ausgewählte Konzerte zu spielen, die sich für uns in irgendeiner Form lohnen. Das muss nicht immer Geld sein. Unser nächster Auftritt ist am Meh Suff! Festival in Hüttikon – ein Meilenstein in unserer Bandgeschichte. Zudem schreiben wir bereits an neuen Songs für ein viertes Album – bis dieses erscheinen wird, dauert es aber noch eine ganze Weile. Wir werden uns diesmal bewusst etwas mehr Zeit lassen, denn nach 3 Alben innerhalb von 3 Jahren droht sonst sicherlich die musikalische Wiederholung.
Besten Dank für die Hintergründe und alles Gute am Meh Suff!!