Lieblingsfilm
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Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zum Film. Genau wie sein Regisseur selbst, der im Nachhinein angedeutet hat, dass es womöglich ein Fehler gewesen ist, die Rollen der Herrscher mit Nazis zu besetzen, weil der durchschnittliche Zuschauer nun nur noch annehmen werde, dass es sich um einen "Film gegen Nazis" handelt, während Pasolini selbst die Entartung der Mächtigen DURCH die Macht ganz allgemein, eben so wie bei de Sade dargestellt, wiedergeben wollte.
Pasolini hat damals auch betont, dass der italienische Faschismus (zu welchem er natürlich ein negatives Verhältnis hatte) nichts sei, im Vergleich zum nun heraufziehenden, kapitalistischen Faschismus. Ich denke, wenn der Meister den Film nochmal machen könnte, dann wären die Herren diesmal wohl wieder Bankiers, Richter Politiker und so weiter, wie auch schon in der Vorlage... Und man müsste nicht mehr Kommentare wie "ein Mahnmal gegen Faschismus" dazu lesen.
Pasolini hat damals auch betont, dass der italienische Faschismus (zu welchem er natürlich ein negatives Verhältnis hatte) nichts sei, im Vergleich zum nun heraufziehenden, kapitalistischen Faschismus. Ich denke, wenn der Meister den Film nochmal machen könnte, dann wären die Herren diesmal wohl wieder Bankiers, Richter Politiker und so weiter, wie auch schon in der Vorlage... Und man müsste nicht mehr Kommentare wie "ein Mahnmal gegen Faschismus" dazu lesen.
- marinetti
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Also erstens kommt kein einziger Nazi in diesem Film vor. (Ausgenommen ein paar wenige Wehrmachtstruppen ganz am Anfang) es sind ausschliesslich Bankiers, Richter und Bürgermeister vom damaligen Regime der Republik von Salo. Die Aussage im Film: "Wir Faschisten sind die wahren Anarchisten" find ich jedenfalls GENIAL!
Natürlich ist der Film ganz einfach auf heutige Strukturen anpassbar.
Ja das ist der Nebeneffekt. Bezeichnend für den Menschentypus der sowas in diesen Film interpretiert.Clement hat geschrieben:Und man müsste nicht mehr Kommentare wie "ein Mahnmal gegen Faschismus" dazu lesen.
Natürlich ist der Film ganz einfach auf heutige Strukturen anpassbar.
- Graf von Hirilorn
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Ja... Das mit den Nazis war ein Fehler von mir. Aber Sie wissen schon, wie ich es meine.
Und natürlich ist die Aussage "Wir Faschisten sind die wahren Anarchisten" genial. Sie deckt sich auch haargenau mit einer Aussage, die ich schon vor mehr als zehn Jahren gemacht habe (freilich mit einem anderen Faschismusverständnis als Sie): "Die Anarchie ist die Muttter des Faschismus", und das ist auch logisch. Würden, wie die dummen linken Anarchisten es wünschen, alle Gesetze wegfallen, würden sich sofort einzelne Gruppierungen bis zum Tod um die Macht streiten. Davon würde dann die grösste und stärkste obsiegen und diese würde dann tyrannisch herrschen, was die dummen Anarchisten, welche den gesetzlosen Zustand zuvor herbeigewünscht hatten, dann als "Faschismus" verteufeln würden...
Beweise hierfür findet man in jeder Region der Welt, wo kein übergeordnetes, menschengemachtes Gesetz existiert. Dort herrscht das Recht des Stärkeren und herrschen Herrscher, wie sie wollen. Man könnte auch sagen: Die Natur ist faschistisch.
Und natürlich ist die Aussage "Wir Faschisten sind die wahren Anarchisten" genial. Sie deckt sich auch haargenau mit einer Aussage, die ich schon vor mehr als zehn Jahren gemacht habe (freilich mit einem anderen Faschismusverständnis als Sie): "Die Anarchie ist die Muttter des Faschismus", und das ist auch logisch. Würden, wie die dummen linken Anarchisten es wünschen, alle Gesetze wegfallen, würden sich sofort einzelne Gruppierungen bis zum Tod um die Macht streiten. Davon würde dann die grösste und stärkste obsiegen und diese würde dann tyrannisch herrschen, was die dummen Anarchisten, welche den gesetzlosen Zustand zuvor herbeigewünscht hatten, dann als "Faschismus" verteufeln würden...
Beweise hierfür findet man in jeder Region der Welt, wo kein übergeordnetes, menschengemachtes Gesetz existiert. Dort herrscht das Recht des Stärkeren und herrschen Herrscher, wie sie wollen. Man könnte auch sagen: Die Natur ist faschistisch.
- marinetti
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Klar, muss einfach in diesem Falle der Richtigkeit halber getrennt werden. Ob wohl es ja tatsächlich auch Nazis gegeben haben soll die faschistisch warenJa... Das mit den Nazis war ein Fehler von mir. Aber Sie wissen schon, wie ich es meine.
Aber eben im Film ging es ja auch um Bankiers, Bürgermeister, hohe Kirchenämter und Richter. Von da her stimmt das schon wie in der Vorlage.Ich denke, wenn der Meister den Film nochmal machen könnte, dann wären die Herren diesmal wohl wieder Bankiers, Richter Politiker und so weiter, wie auch schon in der Vorlage...
- Graf von Hirilorn
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@Ragnar: Pasolinis Tod ist glaub ich bis heute nicht ganz geklärt. Scheinbar soll ihn ein drogensüchtiger Strichjunge erschlagen haben, aber man munkelt auch, Italiens rechter Flügel habe ihn auf dem Gewissen...
@Marinetti und Clement: Nun ja, aus der Sicht der Linken wäre ja ein jeder Faschismus eben gerade die Entartung der Mächtigen DURCH die Macht, also wird Pasolini die Republik Salo in der Sterbezeit des italienischen Faschismus schon mit Bedacht gewählt haben... Und er wird ja nicht müde, die vier Faschisten als fehlgebildete, dummschwätzende, eben entartete Volltrottel darzustellen, etwa in der Szene, wo sie nach einer ihrer Orgien im Zimmer rumliegen und wild mit irgendwelchen Zitaten von Benn, Nietzsche, Dada etc. um sich schmeissen, die gar keinen Zusammenhang ergeben. Ich weiss jetzt nicht, ob ich mich recht erinnere, aber ich glaube, in der italienischen Version wird während der Folterszene im Radio eine Rede von Ezra Pound abgespielt (in der deutschen Version ist es stattdessen glaub ich ein Zitat von Dante), dem avantgardistischen Dichter aus Amerika, der wegen seiner Sympathien zum Faschismus von seinen Landsmännern ins Irrenhaus gesteckt wurde. Also hier wird schon sehr klar die Entartung gezeigt, die Pasolini speziell im Faschismus sah, einerlei, ob jetzt die Rahmenstruktur von Sades Roman stammt. Wo Sade nämlich philosophisch war, ist Pasolini eben doch spezifisch politisch. Wo genau haben Sie das denn gelesen, Herr Clement, dass Pasolini es im Nachhinein für einen Fehler hielt, die Protagonisten mit Faschisten zu besetzen? Wäre sehr interessant...
Zudem sind ja im Film eigentlich doch Spuren einer Kritik am Kapitalismus vorhanden, z.B. soll Pasolini die Gaggi-Fressszenen als bewusste Absage an die (kapitalistische) Konsumgeilheit der heutigen Zeit gesehen haben.
Was Sie da über die Machtkämpfe in einem gesetzlosen, anarchistischen System sagen, Clement, hat durchaus Hand und Fuss, dazu muss man sich ja nur die Inselrealitäten der Ghettos zu Gemüte führen, wo Bandenstrukturen eigentlich kleine Regierungen mit einem eigenen Machtapparat sind.
Darum mag ich ja Clockwork Orange so... Alex ist das ultimative Zwitterwesen aus Anarchist und Faschist, der am Ende des Films keine Sekunde zögert, die ihm vom Minister angebotene Stelle anzunehmen - es ist ja völlig klar, welche Position Alex in dem aufkommenden Polizeistaat/Regime haben wird: er wird wie seine ehemaligen Droogies Polizist werden, wo er seine anarchistischen Machtfantasien im Schutz einer faschistischen Regierung wird ausleben können... Und wie herrlich zynisch sein letzter Satz im Film ist - "I was cured, alright!" - zeigt sich ja gerade in der Tatsache, dass Alex seine Gehirnwäsche zum Gutmenschen als Krankheit sah und nun, nach der Neutralisierung, wieder das gleiche gesunde sadistisch-anarchistische Faschoarschloch ist wie vor der Ludovico-Behandlung.
@Marinetti und Clement: Nun ja, aus der Sicht der Linken wäre ja ein jeder Faschismus eben gerade die Entartung der Mächtigen DURCH die Macht, also wird Pasolini die Republik Salo in der Sterbezeit des italienischen Faschismus schon mit Bedacht gewählt haben... Und er wird ja nicht müde, die vier Faschisten als fehlgebildete, dummschwätzende, eben entartete Volltrottel darzustellen, etwa in der Szene, wo sie nach einer ihrer Orgien im Zimmer rumliegen und wild mit irgendwelchen Zitaten von Benn, Nietzsche, Dada etc. um sich schmeissen, die gar keinen Zusammenhang ergeben. Ich weiss jetzt nicht, ob ich mich recht erinnere, aber ich glaube, in der italienischen Version wird während der Folterszene im Radio eine Rede von Ezra Pound abgespielt (in der deutschen Version ist es stattdessen glaub ich ein Zitat von Dante), dem avantgardistischen Dichter aus Amerika, der wegen seiner Sympathien zum Faschismus von seinen Landsmännern ins Irrenhaus gesteckt wurde. Also hier wird schon sehr klar die Entartung gezeigt, die Pasolini speziell im Faschismus sah, einerlei, ob jetzt die Rahmenstruktur von Sades Roman stammt. Wo Sade nämlich philosophisch war, ist Pasolini eben doch spezifisch politisch. Wo genau haben Sie das denn gelesen, Herr Clement, dass Pasolini es im Nachhinein für einen Fehler hielt, die Protagonisten mit Faschisten zu besetzen? Wäre sehr interessant...
Zudem sind ja im Film eigentlich doch Spuren einer Kritik am Kapitalismus vorhanden, z.B. soll Pasolini die Gaggi-Fressszenen als bewusste Absage an die (kapitalistische) Konsumgeilheit der heutigen Zeit gesehen haben.
Was Sie da über die Machtkämpfe in einem gesetzlosen, anarchistischen System sagen, Clement, hat durchaus Hand und Fuss, dazu muss man sich ja nur die Inselrealitäten der Ghettos zu Gemüte führen, wo Bandenstrukturen eigentlich kleine Regierungen mit einem eigenen Machtapparat sind.
Darum mag ich ja Clockwork Orange so... Alex ist das ultimative Zwitterwesen aus Anarchist und Faschist, der am Ende des Films keine Sekunde zögert, die ihm vom Minister angebotene Stelle anzunehmen - es ist ja völlig klar, welche Position Alex in dem aufkommenden Polizeistaat/Regime haben wird: er wird wie seine ehemaligen Droogies Polizist werden, wo er seine anarchistischen Machtfantasien im Schutz einer faschistischen Regierung wird ausleben können... Und wie herrlich zynisch sein letzter Satz im Film ist - "I was cured, alright!" - zeigt sich ja gerade in der Tatsache, dass Alex seine Gehirnwäsche zum Gutmenschen als Krankheit sah und nun, nach der Neutralisierung, wieder das gleiche gesunde sadistisch-anarchistische Faschoarschloch ist wie vor der Ludovico-Behandlung.
- marinetti
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Ja Clockwork Orange ist von daher auch sehr futuristisch. Alex ist anfangs ja sowas wie eine Gewalt oder Naturkathastruphe mit Form, also mit Stil. Das sind schon sehr eindrückliche Szenen. Er vereint schlussendlich einen endtäuschten Anarchisten mit einem enttäuschten Bürger. Während seine Kumpels ja wirklich einfach auf den Zug aufspringen aber in Grunde ja auch nicht sonderlich viel davon verstehen. Trotzdem werden Sie für eine kurze Zeit Teil dieser "Gewalt".
- Von Horffburg
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- Von Horffburg
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"Lord of Ages" ist da zwar nicht drauf, aber stimmt... Terry Tucker's "Overture to the Sun" hat er da verwendet. Übrigens finde ich die Originalversionen von "Lord of Ages" und "Electricity" von 1989/90 (damals noch mit Boyd Rice) eine Spur kultiger als die späteren Versionen. Die hab ich auf einem uralten Sampler namens "The Lamp of the Invisible Light".
Auf der "Gospel": bei Beginn des zweiten Liedes "Voyage (Canto I)" hört man ein Sample, wo Alex im Film als Römer den armen Jesus auf seinem Kreuzgang traktiert. Gleich danach folgt Geschwafel von Ezra Pound (Salo!).
Im Ausklang des letzten Liedes hört man die Melodie von "Singing in the Rain", und wenn man genau hinhört, vernimmt man sogar kurz die Stimme von Alex in der Szene, wo er bei seinem früheren Opfer ein Bad nimmt und dabei das Lied singt (und sich dadurch verrät).
Kann sein, dass es noch mehr Zitate hat, ich meine, die ganze Scheibe ist ja ein einziges Sammelsurium an Zitaten und Versatzstücken klassischer Musik etc. "Reign I Forever" basiert ja z.B. auf einem Sample von Prokofiev, und zwar vom gleichen Stück, das im Vorspann des Films "Caligula" von Tinto Brass läuft (witzigerweise ebenfalls wie bei Clockwork Orange mit Malcolm McDowell in der Hauptrolle).
Ich denke, man kann bei Moynihan/Blood Axis (zumindest Mitte der 90er) diese drei Filme - "Salo", "Clockwork Orange" und "Caligula" - als wichtigen Einfluss in ästhetischer Hinsicht sehen.
Auf der "Gospel": bei Beginn des zweiten Liedes "Voyage (Canto I)" hört man ein Sample, wo Alex im Film als Römer den armen Jesus auf seinem Kreuzgang traktiert. Gleich danach folgt Geschwafel von Ezra Pound (Salo!).
Im Ausklang des letzten Liedes hört man die Melodie von "Singing in the Rain", und wenn man genau hinhört, vernimmt man sogar kurz die Stimme von Alex in der Szene, wo er bei seinem früheren Opfer ein Bad nimmt und dabei das Lied singt (und sich dadurch verrät).
Kann sein, dass es noch mehr Zitate hat, ich meine, die ganze Scheibe ist ja ein einziges Sammelsurium an Zitaten und Versatzstücken klassischer Musik etc. "Reign I Forever" basiert ja z.B. auf einem Sample von Prokofiev, und zwar vom gleichen Stück, das im Vorspann des Films "Caligula" von Tinto Brass läuft (witzigerweise ebenfalls wie bei Clockwork Orange mit Malcolm McDowell in der Hauptrolle).
Ich denke, man kann bei Moynihan/Blood Axis (zumindest Mitte der 90er) diese drei Filme - "Salo", "Clockwork Orange" und "Caligula" - als wichtigen Einfluss in ästhetischer Hinsicht sehen.