Fabelwesen!

Satanismus, Christentum, keltische und nordische Religionen sowie die zugehörigen Mythologien!

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Graf von Hirilorn
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

DER BIERMOLCH...

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Bereits im 16. Jahrhundert gab es den Aberglauben, ein Brauer würde mehr Bier verkaufen, wenn er den Galgenstrick und den abgetrennten Daumen, oder nach einem Text aus dem Jahr 1713 das „membrum virile“ ( :lol: ), eines Gehängten in das Fass lege. Noch Heinrich Heine erwähnte in seinen 1855 vollendeten Memoiren die „Hexenkunst“, dass der an einem Faden in das Fass gehängte abgeschnittene Finger eines Gehenkten das Bier vermehren und wohlschmeckender machen würde.

Die Beschaffung der für diese Praktiken benötigten Körperteile war bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch die in der Öffentlichkeit praktizierten Hinrichtungen mit anschließendem manchmal längeren Hängenlassen der Leiche möglich.

1873 musste sich dann in Ravensburg ein Braumeister in der Zeitung gegen die Beschuldigung verteidigen, einen Biermolch zu halten.

Die Wasseralfinger Schlegelbrauerei braute Erzählungen zufolge bis zum Ersten Weltkrieg mit Hilfe von Biermolchen.

Laut Michael Buck handelt es sich bei den Legenden über das sagenhafte Tier um einen Aberglauben schwäbischer Bauern, wonach der Biermolch „von schlechten Brauern im Lagerfass gehalten wird, alles Bier sauft, wieder von sich gibt und durch sein Gift berauschend macht. Bei diesem Geschäft wird der Molch 7–9 Pfund schwer“. Das vorrangige Ziel des Einsatzes eines Biermolches sei es gewesen, den Verkauf des Bieres zu beeinflussen, womit der Molch zu den zahlreichen Zaubern gehört, mittels derer Bier vor Hexerei bewahrt oder wohlschmeckender erhalten werden sollte.
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Dr.Gonzo
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Dr.Gonzo »

Die Gonz'sche Hosenschlange

Bei der Gonz'schen Hosenschlange handelt es sich um ein Uraltes und mystisches Wesen, dessen vermeidliche Existenz in der Folklore Mitteleuropas seit Äonen überliefert wird. Es soll sich dabei um ein bis zu mehreren duzend Metern grosses, Wurm oder Schlangenartiges Fabelwesen handeln.
Das Wesen soll grösstenteils Menschen Meiden und nur getrieben von seiner Erlösungsbedürftigkeit, einsame Frauen in der Nacht heimsuchen.

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Ein Weiblicher Homo sapiens mit einem Miniaturnachbau einer Gonz'schen Hosenschlange

Gonz'sch Hosenschlagen wurden besonders wegen ihrer besonderen Heilkräfte geschätzt. Sitzt auf ihm eine Kranke, so stellt das Wesen zunächst fest, ob Heilung überhaupt möglich ist. Sollte das Wesen den Tod vorhersehen, so wendet es seinen Kopf und schaut die Kranke nicht mehr an. Wenn aber eine Heilung herbeigeführt werden kann, so schaut der Wurm der Erkrankten ins Gesicht und sondert aus dessen Kopfspitze ein heilendes Elixier ab. Sobald das Gesicht der Patientin mit dem Elixier bedeckt ist, verschwinden alle Krankheitserscheinungen sofort und diese Frauen gelten als von jeglichem Leiden geheilt.
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Graf von Hirilorn
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

Na ja... jeder muss ja in irgendwas gut sein... :roll:

Aber nun zurück zum Thema:

DER WRUKOLAKAS

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Der Ausdruck Wrykólakas bezeichnet im griechischen und salentinischen Volksglauben einen Vampir. Ursprünglich slawischer Herkunft bezeichnete er einen Werwolf.

Nach dem griechischen Volksglauben führte ein frevelhafter Lebenswandel, die Exkommunikation, der Abfall vom orthodoxen Glauben, die Bestattung in ungeweihter Erde, besonders aber der Verzehr von Fleisch eines vom Werwolf gerissenen Schafes dazu, dass ein Mensch nach seinem Tod zum Wrykólakas wird. Nach bestimmten Vorstellungen verwandelte sich auch ein getöteter Werwolf in einen mächtigen Vampir, der dabei die Fangzähne, behaarten Handflächen und die glühenden Augen des Werwolfs übernimmt. Der Wrykólakas klopfte nachts an die Haustür und rief die Bewohner beim Namen. Wenn er beim ersten Mal keine Antwort bekam, ging er vorbei, ohne Schaden anzurichten. Daher antwortete man in bestimmten Gebieten erst beim zweiten Mal auf Klopfen oder Rufen. Opfer des Wrykólakas wurden selbst zu Vampiren. Da ein solcher Blutsauger immer mächtiger wurde, wenn er ungehindert seinem Treiben nachgehen konnte, musste dem verdächtigen Leichnam so schnell wie möglich der Garaus gemacht werden. Traditionelle Methoden waren das allseits bekannte Pfählen, Enthaupten, Ausreißen des Herzens mit anschließendem Aufkochen in Essig und das Verbrennen des Leichnams. Dabei wurden auch die von ihm befallenen Opfer wieder vom Fluch der untoten Existenz befreit.

Im griechisch-orthodoxen Ritus war es üblich, nach 40 Tagen das Grab eines Verstorbenen zu öffnen und im Beisein des Priesters zu überprüfen, ob die Verwesung so weit fortgeschritten war, dass mit einer Rückkehr des Toten als Vampir nicht mehr zu rechnen war. Schien die Verwesung jedoch nicht eingesetzt zu haben, galt der Leichnam nach allgemeiner Überzeugung als vom Teufel besessen und musste daher vernichtet werden. Als unverweslich galt jeder Tote, der nicht erlöst werden konnte. Es wird häufig berichtet, dass die orthodoxe Kirche diesen Volksglauben ausgenutzt habe, um die Gläubigen vom Übertritt zum Islam abzuhalten. Die Furcht, nicht erlöst werden zu können, beherrschte die Menschen auf dem Balkan.

Die merkwürdige Begriffsverwirrung ist bedingt durch die Übernahme des slawischen Wortes "vurkudlak", das übersetzt "Wolfspelz" bedeutet und auch bei den Serben, Makedoniern und Bulgaren inzwischen die Bedeutung von "Vampir" angenommen hat, zuweilen aber auch den Werwolf bezeichnet. Hintergrund ist der europaweit verbreitete Volksglaube, dass ein Mensch, der zu Lebzeiten andere in Gestalt eines Werwolfs schädigte, unerkannt blieb und nicht bestraft wurde, nach seinem Tod als Vampir wiederkehren oder als Nachzehrer aus dem Grab heraus die Lebenden schädigen werde, wenn nicht entsprechende Maßnahmen zum Bannen oder Vernichten des Unholds ergriffen wurden. Das ursprüngliche griechische Wort für Werwolf lautete "kallikántsaros", während der häufig in der Literatur gefundene Begriff "lykanthropos" (wörtlich: "Wolfsmensch") nur in der Gelehrtensprache, etwa bei den Medizinern, vorkam. Ein urgriechischer Begriff für Vampir, der aus der Zeit vor der Übernahme des slawischen Wortes datiert, ist nicht bekannt, was zu der Annahme geführt hat, die Griechen hätten den Vampirglauben erst durch den Kontakt mit den einwandernden Slawen angenommen. Bislang brachten alle Versuche, die unterschiedlichen Wurzeln des griechischen Vampirglaubens zu ermitteln, keine befriedigenden Erfolge. Es ist jedenfalls nicht gesichert, dass andere blutsaugende Wesen, die uns aus der antiken Mythologie bekannt sind, als Vorläufer der Vampire zu sehen sind, denn es handelt sich bei ihnen um Dämonen (Lamien oder Empusen) und nicht um wiederkehrende Tote, also menschliche Wesen. Sie haben daher einen anders gelagerten mythischen Hintergrund, auch wenn einige der ihnen zugeschriebenen Eigenschaften mit denen der Vampire verschmolzen sind.

*alles selber gewusst
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Das ist ja totaler Wahnsinn, Graf *wusste das alles überhaupt nicht*! Ich muss jetzt nur versuchen, mir diesen griechisch-slawischen Namen zu merken, aber das war gerade auf jdF total spannend zu lesen!
:D

Dann ist dieser Mythos wahrscheinlich auch der Ursprung, von der Verbindung zwischen Vampiren und Werwölfen (über die mir bis jetzt noch niemand eine so genaue Auskunft geben konnte). Mega.
:teufel 6:



Und LOOOL@Hosenschlange, Gonzo *hat sich eben davor auf jdf noch halb krank gelacht*. :lol:


(ich hab auch wieder was in Arbeit, wird aber noch nicht fertig heute Nacht)
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Graf von Hirilorn
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

vampyr supersusi hat geschrieben: 24.06.2021, 00:51 (ich hab auch wieder was in Arbeit, wird aber noch nicht fertig heute Nacht)
Ja, es ist immer eine saumässige Arbeit, nicht...?
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Ach nein, Arbeit eigentlich nicht (weil dazu macht es viel zu viel Spass :Engel: ). Aber es braucht auf jdF Zeit, das stimmt und man muss auf jdF auch INSPIRIERT dazu sein in dem Moment (ohne Inspiration werden meine Texte sonst immer so grässlich, dass das wahrscheinlich kein Mensch freiwillig lesen würde).
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Graf von Hirilorn
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

DER LINDWURM VON LAMBTON...

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Der Lindwurm von Lambton (engl. Lambton Worm) ist eine Volkssage aus Nordostengland. Sie handelt von einem Lindwurm, der das Dorf Lambton in der damaligen Grafschaft Durham heimsuchte. Die Sage ist eine der bekanntesten und detailreichsten britischen Drachensagen und wird in zahlreichen Märchenbüchern, einer Oper, einem Film und einem Volkslied behandelt. Auffallend im Vergleich zu anderen Drachensagen Großbritanniens sind die starken religiösen Elemente dieser Erzählung.

Die Sage erzählt von dem jungen John Lambton, Sohn des Herrn von Lambton. Dieser angelt, entgegen dem Sabbatgebot, an einem Sonntag am Wear. Da er dabei kein Glück hat, beginnt er, lauthals zu fluchen, worauf er eine seltsame, wurmartige und ekelerregende Kreatur fängt. Verwirrt ob seines Fanges ist John unschlüssig, was er mit dem Wesen tun soll. Obwohl ihm ein alter Mann rät, den Wurm zu behalten, kann sich der Junge aufgrund der Hässlichkeit seines Fangs nicht dazu überwinden und wirft ihn stattdessen in den Dorfbrunnen.

Während der junge Lambton das Ereignis über die Jahre vergisst, wächst der Wurm im Brunnen zu einem Lindwurm heran, bis er eines Tages den Brunnen verlässt und auf einer Insel im Wear (in anderen Versionen auf einem Hügel am Ufer) Unterschlupf findet, wo er tagsüber haust. Nachts verlässt die Kreatur die Insel jedoch, um die Milch der Kühe zu stehlen, Schafe zu fressen und Frauen und Mädchen zu jagen. Daraufhin erinnert sich der junge Herr von Lambton seiner Tat und versucht, diese auf einem Kreuzzug im Heiligen Land abzubüßen. Der Lindwurm wächst jedoch weiter und wütet auf den Ländereien. Schließlich bedroht er gar die Burg Lambton, wo sich der alte Herr von Lambton und die Burgbewohner nur dadurch zu helfen wissen, dass sie dem Lindwurm jede Nacht die Milch von neun Kühen anbieten, um ihn zu besänftigen. Zwar versuchen zahlreiche Ritter und Drachentöter, das Untier zu erschlagen, haben jedoch allesamt keinen Erfolg, da sich abgeschlagene Körperteile stets aufs Neue zusammenfügen.

So wütet der Lindwurm von Lambton sieben Jahre lang in der Umgebung von Washington, bis der junge Herr von Lambton vom Kreuzzug zurückkehrt und seine Heimat verwüstet und verlassen vorfindet. Er begibt sich zur Burg, wo er seinen Vater um Vergebung bittet. Dieser vergibt ihm, mahnt ihn jedoch, das von ihm heraufbeschworene Unheil zu beenden, und schickt ihn zu diesem Zweck zu einer Hexe. Diese weist ihn an, eine stachelbewehrte Rüstung anzulegen und dem Lindwurm so gegenüberzutreten, und verspricht ihm, er werde siegreich sein. Gleichzeitig mahnt sie ihn, als Opfer das erste Wesen zu erschlagen, dem er nach seinem Kampf mit dem Ungeheuer begegnet, sonst würde ihn ihr Fluch ereilen und für neun Generationen würde keiner der Herren von Lambton eines friedlichen Todes sterben. Der junge Lambton schwört dies und vereinbart mit den Burgbewohnern, auf sein Signal hin seinen Jagdhund zum Tor hinauszuschicken, wenn er zurückkehrt.

Anschließend begibt er sich in der Stachelrüstung auf die Insel im Wear und tritt dem Lindwurm entgegen. Dieser versucht ihn mit seinem Leib zu erdrücken, wodurch sich die Stacheln der Rüstung in sein Fleisch bohren. Das so geschwächte Ungetüm kann der junge Lambton mit seinem Schwert in zwei Teile schlagen und so töten, dass der Fluss die Körperteile hinwegträgt, ohne dass diese sich zusammenfügen können. Anschließend watet er zurück an Land und bläst sein Horn als Signal. Sein Vater vergisst jedoch vor Freude die Abmachung und eilt ihm als erster entgegen. Da es der junge Lambton nicht übers Herz bringt, seinen Vater zu töten, erschlägt er zwar den Hund, wird aber trotzdem vom Fluch ereilt, ebenso wie die nächsten acht Herren von Lambton. Als letzter betroffener Nachfahr des Drachentöters wird üblicherweise Henry Lambton, Esq., Mitglied des britischen Parlaments genannt, der 1761 ums Leben kam.

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(da kein tatsächliches Bild gefunden wurde, wurde hier ein Typähnliches verw.)

Das Alter der Sage lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Vor ihrer Verbreitung in gedruckten Fassungen seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Erzählung mündlich überliefert. Daher lässt sich nicht belegen, wie lange die Sage vor den ersten Druckfassungen tradiert wurde. Im Gegensatz zu der häufig vorgebrachten Behauptung, die Geschichte sei über die Jahrhunderte im Wesentlichen unverändert überliefert worden, geht Jacqueline Simpson davon aus, dass die Geschichte über einen längeren Zeitraum mit immer neuen Ergänzungen angereichert und ausgebaut wurde. Der Kern der Sage, der Drachenkampf, stamme womöglich noch aus dem Mittelalter oder der Tudor-Ära, während sie den Fluch für eine deutlich jüngere Ergänzung hält. Leander Petzoldt datiert den Lindwurm von Lambton dagegen eher vorsichtig in das 18./19. Jahrhundert.

Der historische Kern der Geschichte ist ebenfalls unklar. Moses Aaron Richardson äußert eine ältere These, wonach in der Erzählung vom grausamen Drachen das Ereignis einer feindlichen Invasion symbolisch verarbeitet wurde. Vor ihm brachten schon C. Sharpe und W. Hutchinson diese Theorie vor – letzterer mit unverhohlener Skepsis. Ebenfalls ungewiss ist der Zeitraum, in dem die Sage spielt. Die Erwähnung der Kreuzzüge und einige modernere Elemente der Sage sprechen für das 13. oder 14. Jahrhundert. Der historische John Lambton, Ritter des Johanniterordens, lebte im 15. Jahrhundert. Da die mündliche Tradition bei der Überlieferung oft Ungenauigkeiten aufweist, spricht Moses Aaron Richardson von einem früheren Datum der Ereignisse. Gleichzeitig behauptet Richardson, dass die Lords of Lambton tatsächlich für neun Generationen eines gewaltsamen Todes starben, wohingegen John Timbs dem widerspricht.

Bei der Geschichte vom Lindwurm von Lambton handelt es sich um eine sogenannte Familiensage, die dem Geschlecht derer von Lambton, den späteren Earls of Durham, einen mythologischen Hintergrund verleiht. Gleichzeitig weicht die Geschichte aber auch vom Muster klassischer Familiensagen ab: Während diese zumeist die Gründung des jeweiligen Geschlechts aufgrund von sagenhaften Ereignissen erzählen und den Ahnvater mythisch überhöhen, lassen sich diese Elemente im Lambton Worm nicht finden. Der junge Lambton wird weder als besonders tugendhaft noch als Gründer des Geschlechts beschrieben. Auch die Tötung des Drachen erscheint angesichts der Verantwortung John Lambtons für das Unheil nicht als große Heldentat, sondern bringt noch einen Fluch mit sich. Zudem war das Geschlecht derer von Lambton bereits vor dem Handlungszeitraum der Sage eine angesehene Familie, deren Stellung nicht durch die Tötung eines Drachen begründet werden konnte.

Im Kontext der Sage wird meist auch eine handschriftliche Ahnentafel erwähnt, welche im Besitz der Familie Middleton in Offerton sei. Hier fände sich der eigentümliche Eintrag: "Johan Lambeton that slewe ye Worme was Knight of Rhoodes and Lord of Lambton and Wod Apilton efter the dethe of fower brothers sans esshewe masle." (dt. "John Lambton, der den Drachen erschlug, war Ritter von Rhodos und Herr von Lambton und Wood Appleton nach dem Tod von vier Brüdern ohne männliche Nachkommen.") Dieser historische John Lambton wird als Ritter von Rhodos, also als Johanniter bezeichnet; er lebte in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Ein anderer Ritter des Johanniterordens, der gut 100 Jahre vor John lebte, war Dieudonné de Gozon. Auch von ihm wird erzählt, dass er einen Drachen bezwang. Ob die Legende um Dieudonné de Gozon der Ausgangspunkt für die Sage von Lambton ist, muss nach heutiger Quellenlage allerdings Spekulation bleiben.

Eine andere Perspektive vertritt John A. Boyle. Er vergleicht John Lambton und andere historische Personen, von denen ein Sieg über einen Drachen oder eine Schlange erzählt wird, mit mythischen Drachentötern: Das babylonische Enûma elîsch einerseits berichtet, wie Marduk die schlangen- oder drachengestaltige Wassergöttin Tiamat besiegt und aus ihrem Körper die Welt erschafft. Im indischen Rigveda andererseits findet sich die Erzählung von Indra, er erschlägt den Vṛtra (auch "Ahi") und befreit dadurch das Element des Wassers, das der Schlangendrache zuvor gefangen hielt. Im Hinblick auf die Legende von Lambton folgert Boyle: "in bisecting the Worm Sir John is re-enacting the rôles both of Marduk and of Indra; he is at once a demiurge and a rain-god."

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The Lambton Worm ist geographisch sehr genau verortet. Das Dorf Lambton ist auch heute noch erhalten, zudem wurden im Lauf der Zeit vielen Schauplätzen konkrete landschaftliche Objekte zugeordnet. Teilweise sind diese Orte heute noch erhalten, einige existieren heute jedoch nicht mehr oder lediglich in einer anderen Form.

Der Hügel bzw. die Insel, auf der der Lindwurm von Lambton Unterschlupf suchte, wurde von der ansässigen Bevölkerung entweder im Penshaw Hill südlich des Wear oder, öfter, im nahe gelegenen Worm Hill bei Fatfield gesehen, einem von Menschenhand aufgeschütteten 153 m hohen Hügel nördlich des Flusses.

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Zwischen Wear und Worm Hill liegt der Brunnen, in dem der Lindwurm angeblich wuchs. Der steinerne Brunnen verfügte früher über ein Dach sowie einen eisernen Schöpfeimer und stand zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Ruf, ein Wunschbrunnen zu sein. Zu dieser Zeit fanden dort die Mitsommernachtsfeiern der Gegend statt.

Die Burg Lambton Hall der Sage ist nicht zu verwechseln mit dem heutigen Lambton Castle im County Durham. Letzteres wurde erst um 1800 erbaut, während die alte Burg bereits 1787 nicht mehr stand. Sie befand sich ursprünglich auf der rechten Seite des Wear, gegenüber dem neuen Anwesen. Auf Lambton Castle existiert eine Statue des John Lambton als Drachentöter, der in Stachelrüstung den Lindwurm erschlägt. Auch ein Stück „Drachenhaut“ soll hier früher aufbewahrt worden sein, ebenso wie der steinerne Trog, aus dem der Lindwurm die Kuhmilch trank.

Die Dorfkapelle, in der John Lambton nach der Sage seinen Eid schwor, existiert heute nicht mehr. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts war sie nur noch als Ruine erhalten. Sie soll eine Statue eines Mannes enthalten haben, der sich aus Fesseln befreit. Diese Statue wurde von der Bevölkerung mit dem Drachentöter aus der Sage assoziiert, obgleich sich dafür kein Hinweis an der Statue selbst oder in der Kirche fand

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Die Geschichte vom Lambton-Lindwurm war eine der beliebtesten Sagen in der Gegend von Durham. Robert Surtees (1779–1834), Historiker der Region, gab sie 1809 in einem Brief an seinen Freund Sir Walter Scott wieder. Einige Jahre später band er sie in den zweiten Teil seiner mehrbändigen Geschichte des Countys Durham ein. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde die Sage auch überregional äußerst populär. Unterschiedliche mündliche Traditionen wurden abgeglichen und kombiniert, und die Geschichte wurde in zahlreiche Märchen- und Sagensammlungen aufgenommen. Seitdem wurde die Erzählung vielfach adaptiert.

1867 schuf C. M. Leumane auf Basis der Erzählung ein Volkslied namens The Lambton Worm, das die Geschichte im Mackem-Dialekt des nordöstlichen Englands schildert und in Großbritannien weite Verbreitung fand. Dieses Lied ist heute das bekannteste über den Lindwurm, es finden sich aber bereits früher Gedichte, die den Stoff behandeln.
Robert Sherlaw Johnson als Komponist und Anne Ridler als Librettistin veröffentlichten 1978 die Oper The Lambton Worm. Der Horrorautor Bram Stoker verwendete einige Elemente der Legende in seinem Buch The Lair of the White Worm von 1911, das später als Der Biss der Schlangenfrau verfilmt wurde. In Thomas Pynchons Roman Mason & Dixon nimmt die Nacherzählung der Sage durch die Hauptfigur Jeremiah Dixon ein ganzes Kapitel ein. Auch in Comics wurde die Erzählung adaptiert. So schildert Jeff Smith in Rose, dem Prolog zur Bone-Reihe, einen ähnlichen Kampf mit einem Drachen. In Bryan Talbots Graphic Novel Alice in Sunderland wird die Sage vom Lindwurm, neben anderen Erzählungen aus dem Nordosten Englands, ebenfalls wiedergegeben.

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Beitrag von vampyr supersusi »

Die Erdzwerge

Dvalin, Dvalinn oder Dwalin ist ihr Stammvater, und er ist der Sohn von Durin, dem Schlummernden (oder auch: dem Stillen), der der zweite Zwerg nach Modsognir war. Sein Name leitet sich ab von 'dvala', was neben 'verzögert' oder 'aufgehalten' auch 'trüben', 'wirbeln' 'stinken' oder 'Staub' bedeuten kann und ein Hinweis auf seine Herkunft aus der Erde ist, aus der er geschaffen wurde. Von ihm stammt die Gruppe von Erdzwergen ab, die durch das Gestein aus dem Inneren der Erde nach oben gestiegen sind. Dies ist in der Dvergatal, der Zwergenzählung der Völuspa näher beschrieben:
Zeit ist's, die Zwerge von Dwalins Zunft
Den Leuten zu leiten bis Lofar hinauf,
Die aus Gestein und Klüften strebten
Von Aurwangs Tiefen zum Erdenfeld.
'Lofar' bedeutet auch 'Handfläche' oder 'Fläche', in dem Fall 'Oberfläche' (und ist daher nicht ein weiterer Zwergenname, wie manche vermuten).

'Aurwang' oder altnordisch 'Aurvangar' bedeutet 'die unteren Felder', also ist es ein anderer Name für die Nidavellir von Svartalfheim, von denen die Zwerge stammen.

Man weiss über Erdzwerge, dass sie Ordnung mögen, und deswegen im Garten zum Beispiel Unrat beseitigen. Oder auch im Haus, nach alten Volkssagen, die über Heinzelmännchen berichten. Das hat etwas zu tun mit der wichtigsten von ihren Aufgaben:
Fialar und Frosti, Finnar und Ginnar,
Heri, Höggstari, Hliodolf, Moin.
So lange Menschen leben auf Erden,
Wird zu Lofar hinauf ihr Geschlecht geleitet.
Der Mensch macht Feuer. Und damit dieses nicht ausser Kontrolle gerät, gibt es die Zwerge, und die von Dvalins Zunft müssen daher auch uns dabei beobachten. Und korrigieren, deswegen räumen sie auf, zum Beispiel, um das Feuer nicht falsch zu füttern.
In der Natur erfüllen sie ja eine ähnliche Aufgabe, das geht aus der Alwissmal hervor.

In der deutschen Übersetzung der Alwissmal heisst es:
Sonne sagen Menschen, Gestirn die Seligen,
Zwerge Zwergs Überlisterin,
Lichtauge Joten, Alfen Glanzkreiß,
Allklar der Asen Freunde.
Da ist in der Übersetzung irgendwie ein Teil verloren gegangen, weil in der altnordischen Version heisst es:
Sol heitir meþ monnom,
enn svnna meþ goþom,
kalla dvergar Dvalins lęica,
eyglo iotnar,
alfar fagra hvel,
alscír asa synir.
Ich würde 'leica' jetzt von 'leikr' ableiten, was in dem Fall 'hüpfen', 'Spiel' oder 'Tanz' bedeutet. Die Zwerge nennen die Sonne also 'Dvalins Tänzerin', oder 'Dvalins Gespielin', weil sie das Feuer durch Wärme und Trockenheit schüren kann. Und Dvalin spielt oder tanzt mit ihr, bzw. mit ihren Strahlen, um wiederum das Feuer zu kontrollieren. Vielleicht wird deshalb der Skaldenmet, ein besonderer Honigwein, nach dessen Genuss ein jeder sehr gut dichten und singen kann, in der Skaldendichtung manchmal auch als 'Dvalins Getränk' bezeichnet.

Die Havamal berichtet noch, dass Dvalin die Zwerge die Runenkunde lehrte:
Runen wirst du finden und deutbare Stäbe,
[…]
und die hohen Ratenden schufen
und der Hropt den Ratenden ritzte.

Odin bei den Asen,
aber bei den Alben Dainn
Dwalinn bei den Zwergen,
Alswid bei den Riesen,
ich selbst ritzte einige.
'Hropt' bedeutet 'Ruf', in dem Fall der Ruf von der Quelle, von der die Ratenden, also die Wanen, ihre Kenntnisse erhielten, und an die anderen Wesen weitergaben.
Und Alswid bedeutet 'der Allweise', also Ymir, der der Yggdrasil innewohnt und dadurch Zugang zu der in der Quelle verborgenen Runenmagie besitzt (siehe ggf. hierzu meinen vorherigen Beitrag: Die weisesten der Riesen).


Ein Symbol für das Vorhandensein der Erdzwerge, das noch sehr lange existiert hat, ist der bekannte deutsche Gartenzwerg gewesen. Das war eines der letzten Rudimente der alten germanischen Kultur, bei den normalen Leuten, aber seit den 1980er Jahren gilt dieser als konservativ und ist dadurch heute ebenfalls fast in Vergessenheit geraten. Weil man die Verbindung zum Ursprung und das Bewusstsein darüber verloren hat.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

DIE KAMPE...

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Kampe (griechisch Καμπή eigentlich „Krümmung“, hier: „Raupe“) ist in der griechischen Mythologie ein weibliches Ungeheuer, das auf Befehl des Kronos die Kyklopen und Hekatoncheiren im Tartaros bewachte. Als Zeus die Hilfe der Eingekerkerten im Kampf gegen die Titanen benötigte, erschlug er die Kampe.

Eine phantasievolle Beschreibung des Ungeheuers findet sich in den Dionysiaka des Nonnos von Panopolis:

Kampe,
dieses in vielen Gestalten sich windende Untier. Wohl tausend
fremdartig sich von den Schlangenfüßen kriechend zur Höhe
reckende Wesen entfachten den Kampf in wildem Gewimmel,
spritzten ihr Gift in die Weite. Rings um des Ungetüms Nacken
sproßten fünfzig verschiedene Köpfe reißender Bestien,
brüllten zum Teil mit Löwenhäuptern, vergleichbar dem grausen
Antlitz der Sphinx, der in Rätseln sprechenden Jungfrau; zum andern
Teile versprühten sie Schaumflocken unter den Hauern von Ebern,
ähnelten beinahe völlig dem Anblick der Skylla mit ihrer
Meute aus zahlreichen Köpfen wild kläffender Hunde: Des Untiers
Körper erschien in der Mitte als doppelgestaltiges Mädchen,
trug statt der Haare ein dichtes Geflecht giftsprühender Schlangen;
ihr hochragender Leib, von der Brust bis zum Ansatz der Schenkel
voller hart starrender Schuppen, glich den Meerungeheuern
täuschend; die Klauen an ihren weithin sich spreizenden Händen
waren gekrümmt, so scharf wie eine gebogene Sichel;
oben vom Nacken herunter über den riesigen Rücken
kroch, an den Hals des Mädchens geklammert, sich frei um sich selber
drehend, ein großer Skorpion mit eisgehärtetem Stachel.
Derart vielfältig gestaltet, wand die Kampe sich vorwärts,
konnte das Festland, die Lüfte, die Tiefe der Salzflut durchstreifen,
konnte mit einem düsteren Schwingenpaar aufwärts sich heben,
dabei Unwetter bringen und wilde Orkane erregen,
eine schwarzflüglige Tartarosnymphe; flackerndes Feuer
ließ aus den Augen hervor in die Weite Funken verstieben.

(Dionysiaka, 18. Gesang. Verse 237–263. Übersetzung von Dietrich Ebener. Aus dem Gedächtnis rezitiert von Graf von Hindenloch)

Es wurde vermutet, dass die von Nonnos beschriebene Kampe eine umgestaltete babylonische Tiamat sei. Vermutlich wurde Kampe mit der Echidna identifiziert, der sie jedenfalls von der Beschreibung her ähnelt. Ihr Aussehen ähnelt einem Zentauren, nur ist sie weiblich und sitzt auf einem Drachen und um ihre Beine winden sich Schlangen. Genau wie die Medusa besitzt sie Schlangenhaare und wie diese trägt sie einen Gürtel aus lebenden Tieren, der sich andauernd ändert.

Im Lexikon des Hesychios von Alexandria (K.614) wird bemerkt, dass der Dichter Epicharmos die Kampe als ketos, also als Seeungeheuer bezeichnet hat.

Nach Diodor wurde Kampe nicht von Zeus, sondern von Dionysos erschlagen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Modgudr

Sie bewacht die goldene Brücke, die den Fluss Gjöll überspannt und über die man nach Helheim gelangen kann, dem Totenreich der Hel, weit unten im Norden unter Yggdrasils Wurzeln. Dort fragt Modgudr die Ankommenden nach ihrer Herkunft und nach ihrem Namen, das ist in der Gylfaginning beschrieben. Als Hermodr auf Sleipnir dorthin geritten ist und mit Hilfe des magischen Zahlensymbols von dessen Beinen nach Helheim gelangen wollte, als Lebender, um seinen Bruder Baldur von dort zurückzuholen.

Die List mit den acht Beinen war aber hauptsächlich für Garmr gedacht, am Eingang von Helheim. Die Brücke war vorher viel leichter zu überqueren, Modgudr hat ihn zwar an seiner Gesichtsfarbe als Lebenden erkannt, und auch dazu befragt, aber dann hat sie ihm trotzdem Auskunft gegeben. Über Baldur und die Richtung, die die richtige sei, um ihm nach Helheim zu folgen:

"...en niðr ok norðr liggr helvegr." (was ja „nach unten und nördlich liege der Helweg“ bedeuten müsste).


Die Modgudr soll von den Jötunn abstammen, den Frostriesen, das ist auch in nordischen Volksliedern erwähnt, aus der vorchristlichen Zeit, aber auch in ihrem Namen lassen sich dafür Hinweise finden:

'moð-' kann im Altnordischen unterschiedliche Bedeutungen haben. Natürlich auch 'zornig', oder 'Zorn', aber auch 'mutig', 'müde', 'ermattet', 'Staub' oder 'gemässigter Fluss'. 'Schleim', oder auch 'Heuabfall', 'Saat' oder 'Frucht'.

'guðr', was übereinstimmt mit 'gunnr', bedeutet 'schlagen', 'töten' oder 'Kampf'.

Ich würde das zum Beispiel mit ' Die mit den Kräften des späten Herbstes tötet' übersetzen (so ungefähr).
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Re: Fabelwesen!

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DIE HUNDSKÖPFIGEN (KYNOKEPHALE)...

Kynokephale (altgriechisch κυνοκέφαλοι Kynoképhaloi), zusammengesetzt aus altgriechisch κύων kýon, deutsch ‚Hund‘ und κεφαλή kephalḗ, deutsch ‚Kopf‘, bezeichnet hundsköpfige Fabelwesen, die seit der Antike in Literatur und Kunst vorkommen und im Mittelalter auf großes Interesse stießen. Sie gehören zu den monströsen Fabelvölkern, die man sich an den Rändern der Ökumene (der zivilisierten Welt) vorstellte, vor allem in Indien oder Afrika. Inwieweit ein Glaube an ihre reale Existenz bestand, ist schwer zu ermitteln.

Die Idee des hundsköpfigen Menschen scheint auf der ganzen Welt verbreitet zu sein. Einige Wissenschaftler vermuten ihren Ursprung bereits in frühen Mythen, in denen sie als chthonische Dämonen auftauchen.

In der Literatur sind die Kynokephalen zahlreich vertreten. Um 700 v. Chr. nennt Hesiod monstra, darunter Hemikynes (Halbhunde). Eine der ersten ausführlichen Schilderungen stammt von Ktesias von Knidos, der aus persischen und indischen Quellen schöpfte.

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Kynokephale haben eine menschliche Figur, können aber zusätzlich zu ihrem Hundekopf noch andere Merkmale der Hunde, wie Fell oder Klauen haben. In frühen Texten hüllen sie sich dagegen lediglich in Tierfelle.


In den antiken und mittelalterlichen Quellen werden Cynokephale, wie auch andere Völker, meist nur sehr knapp beschrieben. Konkrete Angaben über ihre Kultur sind daher selten. Des Öfteren beschrieben wird die Unfähigkeit zu sprechen, die sich aus dem nichtmenschlichen Kopf erklären lässt. Ktesias beschreibt die Hundsköpfigen als ein friedliches Volk, das auch Handel mit anderen Völkern treibt. Eine Kommunikation mit den Hundsköpfigen müsste dementsprechend möglich sein. Mehrfach taucht auch die Schilderung der Religion dieser Fabelwesen auf, genauere Angaben werden allerdings nicht gemacht. So stellt Jean de Mandeville die Kynokephalen als besonders gottesfürchtiges Volk dar. Neben der Vorstellung der sprachfähigen, gottesfürchtigen und handeltreibenden Hundsköpfigen konnten sie aber auch als gefährliche Feinde verstanden werden. Dies zeigt eine Erwähnung blutrünstiger Kynokephalen in der Historia Langobardorum des Paulus Diaconus. Weitere frühe Belege finden sich bei Strabon, Plutarch und Aelian. Strabon erwähnt Kynokephaloi als einen sagenhaften Stamm von Äthiopiern. Plutarch und Aelian berichten über einen Hundekönig, der über die Äthiopier herrscht. Diesen König nennt auch Plinius, darüber hinaus kennt er neben den Kynokephalen auch Kynomolgi mit Hundsköpfen. Die Unterschiede zwischen beiden Völkern werden nicht klar herausgestellt. Auch in der Geschichte der Diözese Hamburg, die Adam von Bremen gegen 1075 verfasste, werden die Hundsköpfigen erwähnt. Sie werden hier als die Männer eines Volkes, das bei den Amazonen lebt, beschrieben.

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Uneinigkeit herrscht in Bezug auf die Ernährung der Hundsköpfigen. Nach Aussage des Alexanderromans ernähren sie sich nur von Fisch. Eine andere Variante zeigt eine Handschrift der Londoner British Library. Der dort abgebildete Hundsköpfige scheint von den Blättern eines Baumes zu fressen. In Zusammenhang mit der Ernährungsfrage wird in der Forschungsliteratur auch auf andere Fabelwesen, die Cynomolgi, hingewiesen. John Block Friedman und Michael Herkenhoff meinen, dass es sich hierbei zunächst um eine Variante der Kynokephalen handelte, die später, zumindest in einigen Quellen, als eine eigene Rasse erscheint, weil sie nicht mehr richtig verstanden wurde. Bei Plinius melken sie Hunde und trinken deren Milch, wohingegen sie in späteren Quellen als Anthropophagen gezeigt werden.

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In den Volkssagen vor allem der Slowenen und Kroaten, auch bis nach Kärnten, finden sich die Hundsköpfigen (Pesoglavci) bis heute. Der Konsens dieser Geschichten zeigt das Bild eines grausamen Menschenfressers, der es besonders auf Christen oder aber auf Frauen abgesehen hat. Die Hundsköpfe sind mehr oder weniger intelligent; häufig treten sie in der Rolle des überlisteten Räubers auf. Optisch unterscheiden sich die Hundsköpfigen östlicher Prägung manchmal etwas von ihren westeuropäischen Verwandten. Häufige Merkmale sind Bocks- oder Pferdebeine, Einäugig- und Einbeinigkeit. Auffällig ist darüber hinaus, dass die Pesoglavci in nahegelegenen Wäldern hausen.


Die Assoziationen zu den Hundsköpfigen sind eng mit denen zu Hunden im Allgemeinen verbunden. Die antiken und mittelalterlichen Assoziationen zum Hund sind sehr unterschiedlich, eine Tendenz zum Negativen hin ist aber unverkennbar. Kynokephale können als Vorboten der Hölle und Heerscharen des Antichristen auftreten.
Kynokephale werden bekehrt

Im Mittelalter wurden die Kynokephalen als dämonische Höllenwesen aufgefasst, aber auch als Sinnbild der Möglichkeit zur Bekehrung sogar eines extrem unzivilisierten Volkes. Dass sie als Beispiel für die Bekehrung der Erdrandbewohner stehen können, zeigen neben den Darstellungen in Vézelay und Saint-Étienne in Auxerre auch die Pfingstbilder aus der osteuropäischen Tradition, in denen sie als Personen erscheinen, die von den Aposteln missioniert werden sollen. Eindeutig wird die Mission auch im Theodor-Psalter aus dem 11. Jahrhundert dargestellt, wo Christus selbst Hundsköpfige belehrt. Diese Rolle der Kynokephalen ergibt sich aus mehreren Quellen, namentlich der Christophorus- bzw. Christianuslegende und der Geschichte über die Apostel Bartholomäus und Thomas.

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Friedman beschreibt auch die Legende des heiligen Mercurius, der Kynokephale missioniert habe, die ihm dann als Helfer zur Seite stehen. Diese Legende ist aber im Westen nicht sehr verbreitet und taucht in der Sakralkunst nur in Ägypten auf. Zu der positiven Deutung, die die Geschichte des bekehrten Kynokephalen im christlichen Abendland verbreitet hatte, kommt die Interpretation der Gesta Romanorum, die die Kynokephalen mit Predigern vergleicht.

Im Gegensatz dazu steht die Interpretation des Thomas von Cantimpré, der die Kynokephalen wegen ihres unartikulierten Gebells als Symbol der üblen Nachrede versteht.

Wie bei anderen Tier-Mensch-Mischwesen ist oft versucht worden, den Ausgangspunkt der Legendenbildung in Berichten über exotische Tierarten zu finden. Ursula Düriegel vermutet, dass Kynokephale mit Pavianen gleichzusetzen sind. Schon mittelalterliche Autoren brachten Kynokephale mit Menschenaffen in Verbindung. Ob der Mythos des Kynokephalen tatsächlich auf Affen zurückzuführen ist oder ob die Affen lediglich als Kynokephale (miss)verstanden wurden und so vielleicht noch nachträglich das Bild dieses Wesens verändert haben, ist ungewiss. Kretzenbacher legt auch die Verteufelung eines Wesens aus paganer Mythologie nahe. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit den hunde- bzw. schakalköpfigen Gottheiten Ägyptens (Upuaut, Anubis). Die Kynokephalen sind im Mittelalter ein beliebtes Beispiel in anthropologischen Diskussionen um die Definition des Menschen und seine Abgrenzung vom Tier. Isidor von Sevilla meint, man müsse die Kynokephalen aufgrund ihres Gebells eher als Tiere einstufen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Torque »

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(liest den obigen Beitrag seines Vaters) (sitzt so vorm rechner)
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vampyr supersusi
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Hast du meinen auch gelesen, Torque?
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

Ich bin sicher, dass er das hat...
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Ok *freut sich, in dem Fall*. Das Wissen über die alte Sitte muss wieder zurück in das allgemeine Bewusstsein gelangen.
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Dr.Gonzo »

Ja, das ist wichtig!
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

:D
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von Graf von Hirilorn »

Top!! Hoffentlich kommt bald der nächste Eintrag in unserem selbstgemachten und unvergleichlichen Bestiarium...
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Ja, auf jeden Fall Graf! Gedanklich ist auf jdF einer in Arbeit, aber der ist schwer (richtig schwer sogar, es muss ja auch alles Hand und Fuss haben).

Vielleicht kommen ja noch andere (einfachere) Beiträge davor, je nach Inspiration, das kann ich irgendwie nie vorher genau wissen oder sagen.
:teufel 6:
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Re: Fabelwesen!

Beitrag von vampyr supersusi »

Hrungnir und das Gewitter

Der Steinriese aus den hohen Gebirgslagen ist durch die alten Quellen belegt, und auch Mökkurkalfi, der Lehmriese, der Hrungnirs Gehilfe ist. Aus Lehm geformt beträgt seine Grösse neun mal drei Meilen, aber er soll das Herz einer Stute haben und deswegen angeblich ein bisschen ängstlich sein.

Bei Hrungnir selbst ist das anders, ähnlich gross und aus Stein, und starkherzig, das überliefert das Harbardslied in einer Beschreibung von Hrungnirs Kampf gegen Thor, demjenigen Asen, der das Gewitter bringt. Zuerst war Hrungnir in einen Streit mit Odin geraten, wessen Pferd nun das schnellere sei. Hrungnirs Pferd Gullfaxi, der Goldmähnige, ist tatsächlich sehr schnell, aber nicht schneller als Sleipnir, der nach der Wette dann doch als erster oben in Asgard gewesen ist. Es war sehr knapp, um eine Haaresbreite nur, und Hrungnir wurde dann von den Asen zu einem Trinkgelage eingeladen. Dort ist es wieder zu einem Streit gekommen, Hrungnir und Thor haben sich dann auf einen Zweikampf geeinigt und leider wurde Hrungnir in diesem von dem magischen Kriegshammer Mjölnir erschlagen. Dem 'Zermalmenden', den die Zwerge in Schwarzalbenheim geschmiedet haben, und Thors Gehilfe Thialfi wiederum hat noch den Lehmriesen erschlagen.

Abweichend von den vorhandenen Übersetzungen, die mir weit hergeholt erscheinen, würde ich Hrungnirs Namen von 'hrungo-' ableiten, was im Altgermanischen für 'Stab', 'Pfosten', 'Runge' oder 'Stange' steht (der Begriff Runge ist in der Fahrzeugtechnik immer noch gebräuchlich und bezeichnet eine vertikale Haltestange).
Der Name Mökkurkalfi könnte sich ableiten von 'mykr': 'Mist', 'weich', 'Schleim', 'schlüpfrig' oder 'gleitend', und 'kalfi': 'Wade' oder 'Bein'.

Hrungnir, der Stabförmige und Mökkurkalfi, der Weichgründige, das passt sehr gut zu den sogenannten Felstürmen, oder Felsnadeln, die sich oftmals in Hochgebirgen und auf Gipfeln befinden. Am Fuss solcher Formationen befindet sich auch oft lehmhaltiger Grund, und da es sich bei den hohen, turmartigen Felsen um exponierte Stellen handelt, gehören diese neben einzeln stehenden Bäumen und Waldrändern, aber auch Gipfelkreuzen und freistehenden Hütten zu den bevorzugten Blitzeinschlagstellen auf dem dünn besiedelten Gebiet. Man muss hierzu bedenken, dass Gewitter ihre Gefährlichkeit erst durch die moderne Blitzschutztechnik und dichte Besiedelung ein bisschen verloren haben. Im alten Germanien dagegen war das real und sehr leicht tödlich, nicht nur im Gebirge (aber da ganz besonders). Das wird auch der Grund dafür sein, dass der Hrungnir-Mythos den Quellenangaben zufolge uralt und in der Bevölkerung sehr tief verwurzelt gewesen ist.

Ich seh das genau vor mir, wie Mjölnir, der malmende Blitz, den steinernen Kopf des Hrungnir zersprengt und wie dann Stein- und auch Schlammlawinen direkt darauf folgen. Aber der Riese fällt nicht ohne Gegenwehr: er schleudert Mjölnir seinen Wetzstein entgegen, der an dem Hammer zersplittert. Und einer der Splitter trifft genau in Thors Schädel, und weil der Versuch einer Zauberbehandlung später so gar nicht gelingt, wird dieser nun auch bis zum Ragnarök genau darin bleiben.
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