Mich wundert ein wenig, dass die beim chinesischen Label Temple Of Torturous unter Vertrag stehenden Schwarzherzen von Gram aus der Nachbarstadt Bielefeld stammen. Bisher habe ich nie etwas von den Herrschaften gehört und bin umso gespannter um was es sich bei dem Debut "May I Never Hear Your Voices Again" handelt.

Und recht schnell steht zumindest das fest. Gram stehen für ziemlich rauen, frostigen Black Metal mit experimenteller, moderner, ja schon fast urbaner Note. Mir scheint, dass sich vor allem im westfälischen Deutschland eine Art Schule gebildet hat, die sich damit auseinandersetzt. Das Image von Gram entspricht dieser urbanen Thematik, die lyrische und musikalische Darbietung hingegen bewegt sich stark im traditionellen Bereich frostiger Winternächte, Mondschein und rauschender Bäume im Sturmwind. In "Artemisia Absinthium" geht es zur Abwechslung mal um das gute alte grüne Gesöff und die angebliche Inspiration, die Frontmann Herr Gram daraus zu schöpfen hofft. Mich freut besonders, dass man sich hier eines echten Schlagzeugs bedient. S.M. kloppt sehr feine Rythmen in die stillen Kammern. Die Details gehen manchmal etwas im Dezibelbrei unter und die Arbeit der Doppelpedale geht so mitunter eher in akzentlose Dauerbeschallung über.

Die Aufnahme ist nicht perfekt, soviel ist klar, aber dennoch ausserordentlich gut für das Debut. Die Gitarren werden durch einen mittelmässigen, einfachen Overdrive gedrückt, was dem Sound keinen Abbruch tut, sondern Gram einen eigenen Geschmack verleiht.
Besonders intensiv fallen auf "May I Never Hear..." die schwermütigeren Stücke aus. "Nebelnässen Taunächte" besticht durch lockere Melancholie und Fernweh, das darauf folgende Gut "Dark Cloud Formation" klingt dann wie die brutalere Variante seines Vorgängers. "Tropfenschlag" spricht nochmal die wehleidigeren Gefühle an und zum krönenden Abschluss "In Memoriam Sociae Amatae", ein wunderbares Gitarrenstück. Hier wird der Hörer nachdenklich zurückgelassen. Das Album macht einen Schlussstrich; Anfang und Ende sind klar definiert und haben wenig gemeinsam. Als Intro hätte das starke Stück nicht gewirkt, die Platzierung am Ende ist optimal.
Kaufempfehlung! Freunde des Untergrunds, gönnt euch was! Hier ist nichts Altes aufgewärmt, Gram haben einen sehr eigensinnigen Stil der sich weit abseits der festgefahrenen Szene schwarzen Metalls rührt. Es ist rau, minimal und grandios rührend. Für das nächste Album erwarte ich noch tiefere Emotionen, denn hier liegt die Stärke der zwei Musiker aus Bielefeld. Keine falsche Scheu.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Temple Of Torturous

Veröffentlichung

7/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal