Achtung, Lebensessenz hat nichts zu tun mit Heavy Metal!
Lebensessenz ist Klaviermusik, Tastensport... Klimperei?

Newton Schner Jr., so der Name des ambitionierten Pianisten, vertont die Werke Schopenhauers und stellt sich alleine mit diesem Fakt in eine eher einsame Ecke, denn ob man heutzutage mit den Thesen des Danziger Philosophen und einer Welt als Wille und Vorstellung noch zu seiner Gefolgschaft durchkommt, ist doch zumindest fraglich.
In Angriff genommen wird dieses Vorhaben in Form von "Tu, Deorum Hominumque Tyranne, Amor", dem ersten mir bekannten Tonträger von Lebensessenz, übrigens ansässig in Brasilien.

Reiht man diese Ansammlung bizarrer stilistischer, geographischer und thematischer Obskuritäten in korrekter Folge auf, so findet man wohl Zugang zu einer eigenartig tiefgründigen Welt, die sich über Jahre hinweg entwickelt hat, quasi gewachsen ist, im Geiste von Newton Schner Jr.

Dumpfe Pianoklänge künden von grundlegender Düsternis, die sich um die zwei handvoll Singspiele rankt, wie Efeu um die verfallenen Mauern einer Ruine, die einst prächtig und erhaben als Trutzburg standhalten konnte.
Und weil unser Hobby-Clayderman aus dem Land von Sonne und Strand auch emotionale Variation gross schreibt, entlockt er seinem Pferdesarg doch tatsächlich auch die eine oder andere Dur-Passage, deren wärmende Gegenwart sogar das dumpfe Dunkel durchdringen kann.
Der rote Faden betitelt sich aber "Melancholie" und geduldig wie die Schläge eine alten Standuhr nagen sich die Melodien langsam aber sicher hinein ins Unterbewusstsein - sofern man den Einfluss denn gelten lassen möchte.
Rein technisch entdecke ich keine Mängel, die verwaschene Produktion schafft den Spagat zwischen Genie und Wahnsinn und kann von mir aus diesem Grund nicht verteufelt werden.

Also, ich will mal so sagen:
Newton Schner Jr. liefert mit "Tu, Deorum Hominumque Tyranne, Amor" ein passables Werk ab, dem sowohl handwerkliches Können wie auch beklemmende Atmosphäre anhaften.
Es ist, so denke ich, alles andere als leicht, alleine mittels eines Klaviers und inmitten der gegenwärtigen Rezipientenschaft für ein Wechselspiel der Emotionen zu sorgen, diese zu fesseln und vorzuführen, das Steuer fest in Händen und allzeit auf hohem akustischen Niveau.
Daher ergeht mein ausdrückliches Lob an Lebensessenz und gleichzeitig die Empfehlung an alle Freunde der dunklen Tastenkunst, sich das vorliegende Scheibchen in den Warenkorb zu holen - es lohnt sich, auf welcher Ebene auch immer...

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Dunkelheit Produktionen

Veröffentlichung

2/2010

Format

CD

Land

Genre

Klassik