Der Steinbock schlägt zurück. Aus dem Bündnerland wehen nach Jahren der Windstille wieder kräftige Böen. Der melodische Todesstahltornado von Taste Of Tears knallt uns nach einer Demo und einer Promo nach dreizehn Jahren Wirbelsturm ein mächtiges Erstlingswerk vor den Latz, welches die eine oder andere Überraschung offenbart.

Zum einen geht das Werk mit Jazzeinlagen und experimentellen Tempowechseln sehr progressiv zu Gange. Zum Anderen tanzen die Jungs dem Puritätsteufel mit einem heftigen Gemisch aus Power Metal und melodischem Death Metal so kräftig auf der Nase herum, dass es eine wahre Freude ist.
Um zurück zum Wetter zu kommen: zwischen kalter Brise in Form von Kreisch- und Grunzgesang, heftigen Donnergewittern mit wuchtigen Trommeleinlagen und milden Passartwinden in der Gestalt von Ivan's passgenauem Klargesang braut sich ein Unwetter zusammen, das die Schweiz, nein, gar die ganze Metalwelt so noch nie erleben durfte.

Immer wenn das Gewitter nachzulassen scheint, grellt das nächste Blitzgedonner vom Himmel. Hymnen wie "Once Human" reihen sich in fortschrittliche Trompetensalven-getränkte Hysterien wie "Ames Room" oder "Phlegraean Fields" und Kopfnickgranaten wie "A Walk On The Razor's Edge", welches mit einem mächtigen Vorwärtspreschrhythmus und funkfiltriertem Sprechgesang für Bewegung in den Publikumsreihen sorgen wird. Insgesamt ist der Ideenreichtum und die Experimentierfreude von Taste Of Tears mehr als erstaunlich. Noch erstaunlicher ist dabei, dass nie auch nur Ansatzweise das Gefühl einer erzwungenen Einzigartigkeit entsteht. Im Gegenteil: Trotz einer unglaublichen Vielfalt zieht sich ein roter Todestahlfaden durch das Album, so dass das Werk getrost in Endlosschleife genossen werden soll.

Wenn At The Gates auf Nevermore trifft und beide zusammen die Jazzschule besuchen, entsteht ein einzigartiges Musikgenie mit dem Namen Taste Of Tears. Wer den Lobhudeleien nicht trauen will, soll sich dreissig Sekunden geben und den Gitarrenläufen von "A Great Paradox" lauschen.
Dass dem ganzen Gewitterwerk im bandeigenen Studio sowie von Tommy Fetterli (mixte unter anderem auch Coroner und Kreator) und Dan Suter (Mastering) ein Tongewand der Oberklasse verpasst wurde spricht für sich.

Taste Of Tears torpetieren den offenen Todesstahlanhänger und die hartgesottensten Power Metaller mit dem besten Donnerschlag und dem spannendsten Gitarrengewitter, das sich in diesem Jahr vom Schweizer Metallhimmel ergossen hat. Brillant.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

SAOL / H'Art

Veröffentlichung

11/2011

Format

CD

Land

Genre

Death Metal

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