Dieser Tage erschien Noekks drittes Album "The Minstrel's Curse". Grund genug, um Hauptsongschreiber Thomas Helm mit meinen Fragen zu löchern.

Nach dem Ende von Empyrium machten sich Markus Stock und Thomas Helm auf zu neuen musikalischen Ufern. Mit Noekk haben sie ein Projekt auf die Beine gestellt, das man am ehesten dem Progressive Rock / Metal zuordnen kann. Dieser Tage erschien ihr drittes Album "The Minstrel’s Curse". Grund genug, um Hauptsongschreiber Thomas Helm mit meinen Fragen zu löchern.

Da Noekk bei unseren Lesern eher unbekannt sind, bitte ich dich, kurz zusammen zu fassen, wie Markus und du dazu kamt, Noekk ins Leben zu rufen. Was ist die Intention hinter dieser Band und worin unterscheidet sie sich von jener, die ihr damals mit Empyrium verfolgt habt?

Thomas: Als wir noch völlig mit Empyrium beschäftigt waren und "Weiland" erarbeiteten sprachen wir ständig über Themen, welche wir gerne noch verwirklichen würden, sei es zusammen oder im Alleingang. Ergebnisse dieser mittlerweile viele Jahre alten Ideen sind Sun of the sleepless, Nachtmahr und eben Noekk. Hierfür war ein Auslöser, dass wir ständig Musik austauschten, zusammen anhörten, darüber sprachen und natürlich viele meiner eigenen Ideen. Markus hatte einige sehr geniale Sachen der Abteilung Skandinavischer Prog der 90er und ich wiederum viele Sachen aus den frühen 70ern liebte. Beide Epochen verwenden ausgiebig ein fast identisches Instrumentarium, wie das seltsam geniale Mellotron und wir beide schwören auf das Teil! Ein erstes Indiz dafür findet sich bereits auf "Weiland" und wir wollten unbedingt ausprobieren was wir daraus machen könnten und wohin uns die Musik führt, die mehr von meiner Seite bestimmt wird.

Ein Nöck ist ein Wassergeist. In diversen Sagen wird ihm nachgesagt, junge Mädchen zu sich ins Wasser zu locken und ihre Seelen gefangen zu halten, in anderen, dass er Stürme herbeibringen kann. Er ist jedoch nicht explizit als böse zu bezeichnen, sein Wesen entspricht eher dem des Gewässers, in welchem er haust. Weshalb habt Ihr gerade diesen Namen und die etwas befremdlich wirkende Form "Noekk" für eure Band ausgesucht?

Thomas: Der Nöck ist ein Mysterium und sicher gerade so schwer einzuordnen, wie unsere Musik. Zusätzlich zu den von dir genannten Eigenschaften wird er auch oft als grosser Sänger beschrieben oder mit Fidel dargestellt und kann in vielerlei Gestalten erscheinen, um zu nehmen oder auch zu geben? Was ist er also? - Er ist der ideale Wappenträger für unsere Sache!

Kommen wir zu eurem aktuellen Werk "The Minstrel’s Curse". Habt ihr schon Reaktionen dazu bekommen und wie fielen die aus?

Thomas: Ich habe bisher nur Kritiken vom Rock Hard, EMP und Legacy gelesen, die ganz gut für uns ausfallen. Da wir mit jedem Album bisher polarisiert haben, wird es sicher auch ablehnende Meinungen geben. Kritiken zu lesen ist aus unterschiedlichsten Gründen sehr interessant, nicht zuletzt dadurch, dass der Schreiberling auch etwas über sich verrät. Oftmals würde ich mir jedoch wünschen, dass etwas mehr Zeit in den Musikjournalismus investiert würde, gerade wenn es um Musik geht, die mich selber interessiert. Leider stösst man dann oft nur auf Standards.

Was macht für Dich denn eine interessante Rezension aus? Ich denke da nicht speziell an kostenpflichtige Printmagazine, sondern eher auch an die vielen Onlinemagazine, deren Schreiberlinge diese Arbeit unentgeltlich verrichten, von welchen die wenigsten aber über eine tief greifende theoretische musikalische Ausbildung verfügen dürften. Ist, in deinen Augen, für eine fundierte Kritik ein theoretisches Musikverständnis Pflicht oder eher eine nette Hilfe bei der Beurteilung eines Albums und wie stehst Du den oftmals beissend zynischen Verrissen gegenüber?

Thomas: Ich fühle mich oftmals nicht informiert und habe daher selten das Gefühl, dass man mir etwas wirkliches mitteilen will über XY. Journalismus ist sicher eine Kunst, von der ich nichts verstehe, aber ich habe eine Erwartung und manchmal wache ich scheinbar im falschen Film auf, wenn man sich den pubertären Schreibstil vieler Schreiberlinge so ansieht, reicht es mir völlig wenn die Musik das Klischee transportiert. Ich bin totaler Iron Maiden Fan und wenn ich da an so manches Review von deren letzten Album zurückdenke, dann ist das Erscheinen der Platte scheinbar gewichtiger als der tatsächliche Inhalt. Fehlen die Fähigkeiten den Gehalt (ob vorhanden oder nicht) zu erspüren und in Worte zu fassen, oder die Zeit? Musiker werfen ja gerne den Rezensenten ihre oftmals fehlende "Qualifikation" vor, um sich vor schlechten Kritiken zu schützen. Ich habe auch ein Musikstudium abgeschlossen und konnte dadurch Passion zum täglichen Broterwerb machen, was mich aber nicht besser macht als unstudierte Musiker. Talent lässt sich nicht lernen, aber es will entwickelt werden, ob intuitiv oder systematisch. Yuggoth (Markus Stock. Anm. d. Red.) und ich sind zufälligerweise genau dieses "ungleiche" Paar und es war niemals ein Thema. Uns verbindet musikalisch die Begeisterung für die Fähigkeiten des Anderen und deren Vermischung... Um zu den Kritiken zurückzukommen: Ich lese sie wie gesagt gerne (wäre ja auch komisch wenn nicht) und lasse mich nur dadurch den Tag nicht vermiesen, weil es mir mit der Musik einfach gut geht!

Wie zufrieden bist du selbst denn mit eurem neuen Album? Wie verliefen die Aufnahmen? Gab es irgendwo nennenswerte Probleme?

Thomas: Die Aufnahmen hatten wieder den Charakter einer Jam (ohne irgendwelche Proben im Vorfeld) und viele Parts haben sich währenddessen durch unsere Arrangements noch verändert. Ich schätze diese Herangehensweise mit ihren Überraschungen, auch wenn ich immer ein stabiles Gerüst der Stücke mit zu Yuggoth bringe. Diese 3 Wochen im Verborgenen vor sich hin zu werkeln, bringen immer viel Spass und sind für mich der wahre Lohn.

Siehst du dich denn infolgedessen eher als Studiomusiker, oder kannst du dem Gang auf die Bühne auch etwas abgewinnen? Gerade im Bezug darauf interessiert es mich, ob ihr in naher oder ferner Zukunft auch vorhabt, eure Musik vor einem Publikum live umzusetzen.

Thomas: Unsere Lebensumstände lassen keine ernsthaften Auftrittsversuche zu und wir einigten uns bereits im Vorfeld darauf uns "nur" auf unseren Platten auszutoben. Yuggoth ist mit The Vision Bleak und seinem Studio bereits ziemlich ausgelastet und ich bin an einem Theater als Sänger fest angestellt. Man kann nicht alles haben...

Wenn ich mir die Cover eurer bisherigen Veröffentlichungen ansehe, scheinen diese meist sehr naturverbunden. Das Cover zu "The Minstrel’s Curse" zeigt lediglich das Logo, den Titel und eine Illustration. Was stellt diese Illustration dar und nach welchem Kriterium habt Ihr dieses Cover ausgesucht?

Thomas: Auf das Debüt trifft das sicher zu, bei "The Grimalkin" brachte unser Graphiker Lukasz Jaszkak (www.jaszak.net) nachdem ich ihm die Aufnahmen geschickt hatte, ein paar Photos von verfallenen Häusern von irgendwo aus Polen ins Spiel. Sie wirkten auf mich wie moderne Hexenhäuser mit seltsamer Ausstrahlung und ich war sofort begeistert. Dieses Mal war es wieder ähnlich und ich wünschte mir etwas alt wirkendes, einer Maske ähnliches, mit Bezug auf das Titelstück. Das Layout enthält auch eine Bilderserie, die entfernt an berühmte Darstellungen des Mittelalters erinnert, aus dem die Texte ihre Bildhaftigkeit beziehen. Lukasz hat das sehr originell umgesetzt und er ist ein kreativer Bestandteil aller unserer Alben, wofür ich sehr dankbar bin.

Heutzutage gibt es ja nicht gerade wenige Möglichkeiten, seiner Veröffentlichung einen eigenen Charakter zu geben. Von einer simplen DVD-Hülle über A5-Digibooks bis hin zu mehrfach ausklappbaren Digipacks mit vielseitigen Büchern und schier endlosen Illustrationen ist ja alles zu haben. Welchen Stellenwert nimmt denn die gestalterische Seite eines Tonträgers für Dich ein und welche Formate favorisierst du?

Thomas: Das normale CD Format mit einem guten Layout reicht mir völlig aus. Es gibt natürlich immer wieder gestalterisch geniale Veröffentlichungen, die es sich lohnt zu besitzen, wie Ulver’s LP-Box der Trilogie etwa, aber die Musik ist für mich das entscheidende.

Wo du die LPs gerade ansprichst, hast du dir jemals gewünscht, eine deiner Veröffentlichungen auf "schwarzem Gold" gepresst mit riesigem Cover in deinen Händen zu halten? Immerhin scheint die Schallplatte wieder Hochkonjunktur zu besitzen und praktisch alles vom tiefsten Untergrund bis weit in den Mainstream wird auf Schallplatte veröffentlicht. Warum also nicht auch ein Noekk-Album?

Thomas: Das wäre ein echter Traum, wenn auch zugegebenermassen mit viel Nostalgie verbunden. Vielleicht ergibt sich einmal eine Möglichkeit seitens unseres Labels so etwas zu verwirklichen, wobei man natürlich auch immer die geschäftliche Realität im Auge haben muss und unsere Absatzmöglichkeiten zu überschaubar sind, um eine LP-Version zu rechtfertigen. Ich sammle immer noch LP’s aus den Siebzigern etwa und bin mir aber nicht wirklich sicher ob aktuelle Veröffentlichungen als Vinyl, nicht nur der letzte Versuch sind, die Fans von den MP3 zurückzuholen. Gleiches halte ich auch von den immer aufwendigeren Layouts der CD’s, die Du vorher ansprachst. Nur noch Dateien zu besitzen, statt einer im besten Fall schlüssig verpackten Veröffentlichung, ist schon ein gewaltiger Schritt, aber er findet den Gefallen unserer Zeit und ich fürchte man wird künftig über die klassischen Plattenläden immer weniger Leute erreichen können. Wohin dass führt werden die kommenden Jahre weisen und ich selbst bin trotz meines Vinylinteresses auch schon beim I-pod angekommen...

Das Jahr 2008 hat ja bereits einige Zeit hinter sich, deshalb kommt es vielleicht etwas spät, aber was gehört für Dich zu den (musikalischen) Sternstunden 2007 und auf was freust du dich, das uns dieses Jahr bevorstehen könnte, ausser der Veröffentlichung von "The Minstrel’s Curse" selbstverständlich?

Thomas: Moonsorrow "V : Hävitetty" und Coheed and Cambria "No world for tomorrow” haben mich 2007 begeistert. Auf letztere bin ich durch ein Magazin gestossen und habe die CD einfach blind gekauft. Ein grossartiges Werk haben auch Ulver mit "Shadows of the sun" veröffentlicht und mich damit wirklich eingefangen. 2008 hat mit der Iron Maiden DVD "Live After Death" bereits genial begonnen und ich bin gespannt, was die neue Wobbler CD bringt.

Um wieder auf Noekk zurück zu kommen, du erwähntest bereits, dass du eher der federführende Teil bist und mit deinem Gerüst zu Markus gehst. Arbeitet er selbst denn auch Ideen für Noekk aus, oder lebt er sich in der Band ausschliesslich durch die Aufnahmen und seine Interpretation deiner Ideen aus?

Thomas: Sein Einfluss kommt erst zum Tragen, wenn wir beginnen mit meinen Ideen zu arbeiten und er beispielsweise seine Schlagzeugparts entwickelt. Auch am Arrangement und dem gesamten Klang hat er grossen Anteil, aber er steuerte bisher keine Idee für ein Stück bei und somit trifft das letztere absolut zu.

Leider liegen mir die Texte zu "The Minstrel’s Curse" nicht vor. Es ist zwar bei deinem, wie ich finde, wunderschönen Gesang leichter, die Texte heraus zu hören, als bei einem handelsüblichen Metal-Album, aber dennoch hätte ich gerne die Gewissheit, welche Intentionen hinter den Texten auf "The Minstrel’s Curse" stecken.

Thomas: Danke für das Kompliment! Die Vergänglichkeit als Thema durchzieht alle 4 Stücke des Albums und hinter dem Titelstück verbirgt sich Ludwig Uhlands bekannte Ballade "Des Sängers Fluch". Sie ist stark gekürzt und kann so bei uns in einem Song funktionieren, da wir sonst ein ganzes Album nur der Ballade widmen müssten. "Song of Durin" ist unverkennbar aus J.R.R. Tolkiens Universum entnommen und "The Rumour..." ist ein lyrisches Eigengewächs. Ich wählte die Texte auch aufgrund ihres archaischen Erzähltons und daraus ergab sich die gesamte Basis der Stücke, deren bildhafte Sprache ich sehr mag und die aber auch Raum für anderweitige Interpretationen lassen.

Wenn meine Recherchen korrekt sind, dann habt ihr am Ende von "The Rumour and the Giantess" Teile von Schillers "Eine Leichenphantasie" in englischer Sprache aufgenommen. Was hat Euch zu diesem Schritt bewogen und inwiefern bezieht sich das Album auf dieses Gedicht und umgekehrt?

Thomas: Es sind so grossartige Worte, die der Vergänglichkeit ein letztes Bild auf unserem Album malen...

Zum Schluss noch ein kleines Wortspiel. Was fällt dir als erstes ein zu...

Filesharing:

Thomas: Eine Form der Musikbegeisterung.

Metal-Szene:

Thomas: Unkaputtbar!

Pink Floyd:

Thomas: High Hopes

Die Schweiz:

Thomas: Fussball-EM

Schwermetall.ch:

Thomas: Danke!!!

Nun, es wäre so weit. Von meiner Seite gibt es keine Fragen mehr. Ich wünsche euch mit "The Minstrel’s Curse" auf alle Fälle alles Gute und bedanke mich herzlich, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast. Die berühmten letzten Worte gehören Dir.

Thomas:Ich danke dir für viele interessante Fragen und deine Mühe!