Es wäre wohl ziemlich unsinnig, nach "Chaos A.D.", "Roots" und "Against" noch immer irgendwelche Worte darüber zu verlieren, wie toll doch die Sepultura Klassikeralben "Beneath the Remains" und "Arise" gewesen sind, denn auf den nachfolgenden Platten hatten die Brasilianer unmissverständlich gezeigt, dass sie Stück für Stück einen anderen Weg einschlagen würden. Und seien wir mal ehrlich. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass irgend jemand sich noch für diese Band interessieren würde, wenn sie mittlerweile das zehnte "Arise" Album herausgebracht hätten. Ausserdem besitzt dieses "Metal mit Tribal Drums Ding" eine phantastisch rhythmische Power, die wir mittlerweile auch nicht mehr missen wollen, oder?

"Nation" ist aber nicht nur eine weitere Sepultura Scheibe. Schlussendlich stellt sie die definitive Bewährungsprobe für Frontmann Derrick Greene dar, der sich auf "Against" noch hinter dem allgemeinen Trubel um den Weggang des ex-Schreihalses Max Cavalera sowie der damaligen, leichten Orientierungslosigkeit der Band verstecken konnte. Aber viel leichter wird's für Derrick und seine Kumpels auch dieses Mal nicht werden, denn natürlich ruft man sich bei "Nation" auch das aktuelle Soulfly Album des ex-Kollegen Cavalera in Erinnerung zurück. Übermässig verschieden sind diese beiden musikalischen Wege ja nicht.

Trotzdem gibt es einen nicht unbeträchtlichen Unterschied. Soulfly wirken internationaler, oder wenn man es böse ausdrücken will, setzen ihre Tribal Elemente eher im Ricky Martin Stil ein, will sagen, dass selbst den Europäer "das Rhythmusfieber" packt, während die "alten" Sepultura ihre "Roots" sehr viel authentischer herüberbringen, was natürlich gleichzeitig auch bedeutend exotischer wirkt, und zwar schon daher, weil auf "Nation" vor allem die ruhigen, fast schon psychodelisch wirkenden Ruhephasen recht stark vertreten sind. Dies wiederum hat den Nebeneffekt, dass Derrick und Konsorten etwas in die Spartenmusikecke abdriften. Da passt natürlich ein Einsatz wie der von Dub Reggae Ikone Dr. Israel (einer von zahlreichen Gastauftritten verschiedener Künstler auf "Nation") bei "Tribe to a Nation" ausgezeichnet dazu. Natürlich gibt es aber auch die gewohnten explosionsartigen Ausbrüche in den Titeln, welche Derrick wirklich toll hinkriegt, während sich Andreas Kisser's Gitarrenriffs fast schon simpel geben und durchaus "Primitive" wirken. Bei Titeln wie "Revolt" oder auch "Human Cause" wird sogar wie in alten Zeiten mächtig auf's Gaspedal getreten.

"Nation" ist definitiv eine reife Leistung einer Band, die langsam aber sicher wieder ein eigenes Gesicht bekommt, auch ohne einen Max Cavalerea. Aber ob wir Bleichgesichter mit unseren banalen Vorstellungen von (teilweise fast schon spiritueller) Rhythmusmusik Sepultura weiterhin folgen können, ist etwas zweifelhaft. Jedenfalls dürften Soulfly momentan "den direkten Konkurrenten" zumindest in unseren Breitengraden überflügelt haben.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Roadrunner Records

Veröffentlichung

2/2001

Format

CD

Land

Genre

Thrash Metal