Da sind sie wieder, unsere Irren aus der Welschen Schweiz. Diesmal warten sie mit einem zehn Stücke starken Album auf, das zu verdauen so seine Zeit braucht. Wie schon die letzten zwei Veröffentlichungen beinhaltet auch "Lullabies Of Silence" ein absolut durchorganisiertes Chaos. Nun scheinen die Genfer Instrumentenvergewaltiger endgültig Amok zu laufen.

Wenn ich auch die zwei alten Scheibchen noch guten Gewissens jedem Liebhaber extremer Klangattacken empfehlen konnte, so muss ich bei diesem Album gewisse Vorbehalte anbringen. Musikern sei empfohlen, sich "Lullabies…" das erste Mal nicht auf dem Weg zur Arbeit anzuhören, da sie sonst Gefahr laufen, über ihre eigene Kinnlade zu stolpern. Allen anderen rate ich, einen zünftigen Appenzeller Schnaps bereit zu halten, denn es erwartet sie schwer verdauliche Kost.
Nur schon das Schlagzeug alleine ist ein Erlebnis. Vertrackte Takte und abstruse Brakes in Höchstgeschwindigkeit. Beinahe unmenschlich. Gitarre und Bass kreieren einen Klangteppich dazu, der von Death Metal Geschrubbe über gelegentliche fast (aber nur fast) eingängige Melodien bis hin zu Freejazz mässigen Eskapaden alles enthält. Der Gesang ist erstaunlich abwechslungsreich ausgefallen, trägt aber nicht gerade zur Übersichtlichkeit der Songs bei. Erwartet aber auch niemand bei dieser Art von Musik. Hier einen Refrain oder ähnliches zu suchen ist sowieso reine Zeitverschwendung (Wer braucht schon Refrains?!). Es beschleicht einem der Verdacht, dass Amok hier versuchen alle möglichen Musikstile gleichzeitig zu spielen und es erstaunt immer wieder, wie sie es schaffen, am Ende des Songs gleichzeitig fertig zu sein. (Kleiner Scherz am Rande.)

Ich denke, die Geister werden sich ob dieser gewaltigen Flut an Tönen scheiden. Angesichts der Punkte, die ich hier vergebe, wird jedem, der die "Amok’schen Schlaflieder" kennt, klar werden, dass ich zur Randgruppe der Lärmfetischisten gehöre, die zur Reinigung der Gehörgänge eine gehörige Portion gut organisierten Lärms den Wattestäbchen vorziehe. Wer schon bei Betäubungsmitteln wie Cryptopsy und Nile das grosse Nervenflattern kriegt, rennt bei der Dosis an aufputschender Klangewalt, die auf dem neusten Silberling der vier Schweizer enthalten ist, garantiert dem nächsten Nervenarzt die Tür ein. Nicht, dass ich etwas gegen die Musik der beiden als Vergleich erwähnten Combos habe, aber Amok stellt sie in Sachen Hektik und Aggression klar in den Schatten, finde ich. Trotz allem fehlt mir zum Album des Jahres eine Prise Eingängigkeit.

Traut ihr euch die CD zu kaufen?

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

Fastbeast Entertainment

Veröffentlichung

6/2006

Format

CD

Land

Genre

Death Metal