Was sich mit einem halbminütigen Intro anfangs noch bedeckt hält, stürmt urplötzlich so entfesselt nach vorne, dass die verloren geglaubten Urinstinkte sofort alle Schalter auf Flucht stellen. Die verzwickte und energische Gitarrenarbeit strahlt eine überaus maschinelle Kälte aus, die einem den Atem raubt. Mit welcher Vehemenz und spielerischer Leichtigkeit die Riffs in den Raum geschossen werden, lässt nur schwerlich an einen - von Menschenhand stammenden - Ursprung glauben. Ständig schlagen die unzusammenhängend wirkenden Klänge in eine andere Richtung um, überschlagen sich fast und man weiss nicht, wo einem gerade der Kopf steht.

Selten hat mich eine Band so schwer beeindruckt. Emeth heissen sie, kommen aus Belgien und verzieren schon seit 1997 ihren brutalen und technischen Death Metal mit kleineren Grind-Schnipseln. Erfrischend eigenständig und ungestüm in ihrer Vorgehensweise schaffen sie es, zu immer grösseren Greueltaten aufzulaufen. Breaks, Blastbeats und differenzierte Wechselspiele an den Drums bestimmen das Geschehen, geben dadurch sowohl der Gitarrenfraktion als auch dem kernigen Shouter eine gute Grundlage. Gerade dieser verhilft Emeth mit seinem charakterstarken Gesang zu einem nicht geringen Wiedererkennungswert. Kein Einheits-Gegrunze, sondern vielmehr Geschrei, das sich nicht nur durch sture Aggression ausdrückt, sondern in dem auch ein latent verzweifelter Unterton mitschwingt.

Zum repräsentativen Testhören sei unter anderem der stürmende Opener "Eleven" empfohlen, der sich besonders durch die rasende Riff-Taktung hervortut. Oder beispielsweise "Karmic Impediment", wo sich Emeth – wohlwissend um ihre Herkunft – vor ihren Landsmännern Aborted verneigen. Auch das finale "Nescentia" sollte bei Gelegenheit einmal angetestet werden, denn dort lugen dann schlussendlich noch einmal Hate Eternal schüchtern unter dem brutalen Deckmäntelchen hervor.

Auf "Reticulated" scheint alles eiskalt kalkuliert und bis auf den letzten Snare-Anschlag durchgerechnet. Wie ein mathematisches Muster, das nur nach und nach einen Sinn ergeben zu scheint. Aufgrund dessen wird sich wohl auch nicht jeder für "Reticulated" begeistern können. Vielleicht wollte man das auch mit dem unterkühlt wirkenden Cover verbildlichen, welches einen Geisteskranken in seiner Zelle abbildet, der beim Anblick der Formeln an seinen Zellenwänden gequält aufschreit.

Am Ende jedoch wirkt trotzdem alles nur wie ein Film, bei dem wesentlich mehr Geld in Action-Sequenzen gesteckt wurde, als in die Story. Man kommt zwar ins Staunen, aber schlussendlich ist schon wieder alles vergessen.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Brutal Bands

Veröffentlichung

9/2006

Format

CD

Land

Genre

Death Metal