Folkearth – Das ist der Grabbeltischfolk aus aller Wallvaters Ländern. Grabbeltischfolk deshalb, weil mehr als ein Dutzend Musiker (darunter auch Chrigiel Glanzmann von Eluveitie und Magnus Wohlfahrt von Yggdrasil) an der Erstlingsscheibe "A Nordic Poem" beteiligt waren – Artwork nicht mitgezählt. Grabbeltischfolk deshalb, weil fast jeder mal zu Wort kommt und Vocalparts übernimmt und Grabbeltischfolk aus dem Grunde, dass keine bahnbrechenden Neuerungen geboten werden. Trotz ausgelutschter Diablo-Schriftart "Exocet" ein schlichtes, dennnoch hochwertiges Produktionswerk mit ebenbürtigem musikalischen Inhalt.

Okay, 2004 ist musikhistorisch mittlerweile relativ lange her. Trotzdem konnte man Folk Metal damals schon recht sicher definieren, sogar auf einem internationalen Spielfeld einigte man sich auf die gängige Spielart. Insbesondere die Instrumentalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle und "A Nordic Poem" wartet mit dem vollen Programm auf – Tin Whistle, Bodhran, Geige, Cello und selbstverständlich Dudelsack.
Die herkömmliche Instrumentaleinleitung bietet besagte Klangspanne dann schon ordnungsgemäss feil und wird ihrem Titel gerecht. Die Anwendung der altertümlichen Instrumente verhält sich im Gesamtverlauf des Albums dann angenehm gemischt. Bombenhagelgleiche, nervige Flötenfluten und Dudelsackgedudel bleiben aus. Was mitunter etwas zum Aufstossen anregt sind ungeschickt platzierte Keyboardeinlagen und gefühlskalte, lustlos wirkende Vocals.
Im grossen und Ganzen bewegt sich "A Nordic Poem" auf einer Ebene aus Wechselspielen zwischen rockigen Humppa-Einlagen, geschredderten, breakigen Hintergrundgitarren und schwer folklastigen Gitarrenstücken mit dominierendem Violinenspiel und instrumentaler oder vokaler Begleitung (Michelle Maass). Stete Gemeinsamkeit ist beispielsweise der chorisch epische Männergesang, der meist von einem einzelnen Sänger ausgeht.

Über die förmliche Ebene hinaus vermittelt das Debütalbum des internationalen Folkprojektes im Grossen und Ganzen eine melancholisch traurige Grundstimmung. Wenn die verzerrten Gitarren und brutaleres Schlagzeug einsetzen gibt sich der Eindruck eher gefühlsneutral; gewissermassen respektvoll wird in diesen Momenten von Gottheiten und Sagen nordischer Mythologie gesungen, in gebührendem Abstand mit gleichzeitiger Ehrfurcht. Kein Partyfolk und kein Viking Metal im Stile Amon Amarth – vielmehr anspruchsvolle, ernste Musik zum Nachdenken, für stille, geheimnisvolle Stunden und rituellen Kerzenschein. Eine frostige Prise Vintersorg zu einem Hauch Tenhi gegeben.
Es ist mir ein Rätsel, wie sich so viele Musiker aus verschiedenen Ländern auf ein Gesamtkonzept einigen konnten und die Umsetzung trotz Entfernung und kultureller Unterschiede derart ausgereift gelungen ist. Ein in gute und schlechte Lieder einteilbares Album, dass demnach nicht auf ganzer Linie überzeugen kann, aber trotzdem ein Reinhören wert ist. Wer Abwechslung zum modernisierten und massentauglichen Folkgebräu sucht, dem sei Folkearth dringend empfohlen!


Anspieltipps:02. Wolfsong in Moonlight (Fenris Unbound); 08. Gryningssang

Weiterführende Reviews:

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Stygian Crypt

Veröffentlichung

10/2008

Format

CD

Land

Genre

Folk Metal