Gerade im Black Metal sprechen viele Akteure mit der Zunge eines Todgeweihten - der eine authentischer, der andere eher aufgesetzt und vorwändig.
Letztere agieren oftmals wie seelenlose Lemminge, die sich bereitwillig von der von Truppen wie Shining aufgetürmten Klippe des Depressive Black Metal ins Jenseits stürzen - ohne jedoch einen bleibenden Eindruck auf die Nachwelt hinterlassen zu haben.
Demzufolge versucht sich natürlich jeder Rezensent gerne daran, die tatsächlichen Hintergründe der schwermütigen Musikanten zu beleuchten, um eventuelle Trittbrettfahrer ausfindig machen und enttarnen zu können - bisweilen mag dies sogar gelingen, bisweilen sitzt aber die gesamte Zunft der Schreiberlinge etatmässigen Maskenmännern auf...

Dabei sind es in der jüngsten Vergangenheit vorrangig unbeschriebene Blätter aus dem europäischen Untergrund gewesen, die die depressive Schiene mit Glaubwürdigkeit haben erfüllen können.
Mein Rückblick streift unter anderem die Franzosen von Sael, die mit ihrem Erstling "Ocean" ein tolles Abbild der Passage hinter das Leben abgeliefert haben; auch die Niederländer Eindig legten mit "Doodschrift" ein Denkmal Edens ins züngelnde Höllenfeuer.
Nun gesellt sich ein weiteres Grüppchen existenzscheuer Seelen in diesen kleinen Kreis:
Incorporea aus Spanien.

Bislang völlig ohne Notiz legen die beiden Südländer D.Bloodless und Morbidus mit "Tongue Of The Moribund" einen auf den ersten Blick klischeetriefenden Brocken Black Metal vor, der aber nach kurzer Zeit des Einhörens tiefgründige Inhalte offenbart und den Geist des depressiven Elements mit der Muttermilch aufgesogen zu haben scheint.
Zentnerschwere Gitarrenläufe bilden das Zentrum des Reigens und kerkern den Hörer in ein dunkles Verlies aus nihilistischem Black Metal und knorrigem Doom - eine Mixtur, die ihre Inhaltsstoffe dezidiert erst nach und nach nach aussen dringen lässt.
Mahnend erklingt sie schliesslich, die anfangs besagte Stimme der Todgeweihten, die diesem Silberling seinen Namen gab.
In Verbindung mit der abgeklärten Instrumentierung entsteht so eine furchterregende, bedrohliche Leere, die rasant um sich greift und das spirituelle Weltenende einläutet.
Herrlich in Szene gesetzt wurden unter anderem die schlichten, atmosphärischen Gitarrenzupfereien, die dem illustren Totentanz einige wenige Momente hoffnungsloser Demut entgegenbringen und den bevorstehenden Abschied kurz vergessen machen können.

Unterm Schlussstrich also ein erhabenes Monument des Todes, das uns Incorporea mit "Tongue Of The Moribund" ins Gesicht und in die Gehörgänge hauchen.
Alle Märtyrer subjektiver Individualität dürfen ihre sterbliche Hülle von sich werfen und folgen ins ewige Nichts... das Ende ist gekommen... die Erlösung ist nah.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Eigenproduktion

Veröffentlichung

12/2008

Format

CD

Land

Genre

Black Metal