Nicht nur Astorian hat Leichen im Keller, da bin ich mir sicher. Viele Bands haben Alben aufgenommen, die entweder nie über ein Label veröffentlicht wurden oder gar niemals das Licht der allgemeinen Zugänglichkeit in Empfang nehmen durften. "Cogito ergo sum" ist ein Album, welches der Solokünstler Astorian bereits 1996 aufnahm, durch die Auflösung des damaligen Labels Mindart Productions aber nicht veröffentlicht werden konnte. Seitdem seine musikalische Selbstmanifestation Traumatic Voyage 2006 einen Vertrag bei Merciless Records unterzeichnete, tat sich einiges. Man einigte sich darauf, die unveröffentlichten Werke nun endlich auf den Markt zu schmeissen. "Cogito ergo sum" ist das erste Ergebnis dieses Abkommens.

Als Referenzansatz dient mir, wie sollte es anders sein, die chronologisch jüngst produzierte Scheibe "Khiascuro", die ich hier vor einigen Monaten rezensierte. Jenes Album war schon von krankhafter psychologischer Diffusität und wahnsinnsbestimmter Komplexität der musikalischen Ergüsse geprägt und infiziert, dass es jede Schubladeneinordnung galant umging.
"Cogito ergo sum" tut sich da noch schwerer und entzieht sich jeder Kategorisierung. Die elektronischen Anteile und im Metal absolut unüblichen Stilmittel überwiegen teilweise so stark, dass man das Album kaum noch irgendeiner Richtung der metallischen Subkultur zuordnen kann. Vielmehr greift Astorian tief in eine Pfütze voller Gothic- und Industrial-Bestandteile, die sich in einem blutroten Black Metal Regen allmählich füllt. Sehr viele Sprachsamples und funkige Soundeffekte zieren die einzelnen Tonwerke, mitunter gibt ein offensichtlicher Drumcomputer den Ton an.

"Anachronismus" heisst eine der Klangbauten auf dieser Scheibe. Lustig, ist das ganze Album streng genommen nicht selbst ein Anachronismus, so wie Astorians musikalisches Gesamtschaffen seiner Zeit vielleicht etwas voraus ist?
Denn mit dem vorliegenden Tonträger wird kaum jemand etwas anfangen können, so abgedreht und unwirklich klingt es. Vielleicht ist es ja eine neue Stufe der expressionistischen Gewalt des Black Metal, vielleicht ist es nur experimenteller Müll – ganz sicher ist es wieder mal ein Ego-Trip. Astorian singt in seiner eigenen Welt von seiner eigenen Welt, predigt uns von Hass und Wahnsinn. Er beweist uns seine musikalischen Talente; zweifelsohne ist hier eine Menge vorhanden.

"Cogito ergo sum" ist noch kranker als "Khiascuro". Mir bleibt es wohl verschlossen, ich durchschaue es einfach nicht. Die Zielgruppe, die dieses Werk vergöttern könnte, muss erst noch von der globalen Gesellschaft erbrochen werden.
Ein kurzlebiges Werk, das man nicht lange ertragen kann und nicht lange hören will wenn es einmal läuft. Sehr, sehr speziell und, auf eigene Art und Weise, extrem innovativ. Mit Sicherheit etwas, dass sich von allem Bekannten absetzt und gegen jeden Strom schwimmt, wie weit man damit allerdings kommt, ist immer eine andere Frage. Der Kreis hat sich für mich mit "Cogito ergo sum" um ein weiteres Glied erweitert, ich bin gespannt ob ich eines Tages noch mehr Material von Traumatic Voyage in die Hände bekomme.

Albuminfo

Punkte

 

2/5

Label

Merciless Records

Veröffentlichung

1/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal