Die Senkrechtstarter Onheil aus Holland haben wieder etwas anzubieten. Nach ihren zahlreichen Demos erschien nun, nach endgültiger Auswahl des Labels, die erste tatsächliche Langrille "Razor". Unter einen Vertrag vom deutschen Label Cyclone Empire setzten die Herren also ihre drei Kreuze und so dauerte es nicht lange bis das vorliegende, elf Stücke stolze Prachtwerk fertiggestellt war.

Eine angenehme Spieldauer haben die Stücke. Auf 47 Minuten verteilen die Holländer ihre Liedwerke, die zumeist in die Richtung modernen, melodischen Black Metal gehen. Ganz klar treten Onheil aus den Fugen des Schwarzmetalls heraus und wenden sich, bis auf verwendete Stilmittel, eher individuelleren oder moderneren Strömungen zu. Brutale Knüppelpassagen und eine frostig verzerrte Gitarre, die etwas an die Klänge der norwegischen Krieger um Olve Eikemo alias Abbath erinnern. Seltsam, aber was hier in hohen Tönen als "Iron Maiden Black Metal" betitelt wird, mag in mancher Hinsicht tatsächlich passen. Dafür verantwortlich dürften wohl die soloartigen Ausbrüche der Leadgitarre sein, die sich griffbrettgeografisch möglichst nah an den Tonabnehmern am Wohlsten fühlen. Tatsächlich ertappt man sich oft beim Stirnrunzeln; Abwechslungsreichtum wird auf "Razor" nämlich ganz gross geschrieben und die dafür verwendeten Mittel sind vielseitig.

Schon "Nemesis’ Light Fading" haut derbe aufs Maul. Die Brutalsynthese aus Schlagzeug und Gitarre Marke Hail Of Bullets, die Leadgeplänkel wiederrum von Immortal und melodisch durchwachsene Überraschungsmomente im Stile von Iron Maiden. Letzteres lässt sich vielleicht auch ganz gut mit dem Zauberwort Catamenia umschreiben. Der Aufmacher von "Final Redemption" hat dann noch einiges mit Manowars "Return Of The Warlord" zu tun – hier fallen einfach alle Hüllen und irgendwann macht es nur noch Spass sich die Scheibe reinzuziehen. Denn Vergleichsmöglichkeiten hin oder her, geklaut ist nichts, umso gelungener die weitgreifende Synthese diverser Stile und Szeneikonen.
Durch die Brille meiner musikalischen Präferenzen betrachtet fällt "Razor" ganz klar in die Kategorie jener Scheiben, die eher live richtig zur Geltung kommen. Die extremen Mosh-Passagen, in ihrer nackensanften und unschnörkeligen Stringenz untypisch für Black Metal, sowie ebenfalls nackenfreundliche Geschwindigkeiten mit deutlichen Akzenten auf der Snare – bombastische Musik die Mengen zu begeistern.
Denn als Katalysator für ernsthafte niedere Emotionen fungiert das Werk nicht. Brutal mag es ja sein, Hass und Wut spricht es aber nur oberflächlich an, zu sehr stehen melodische Spielereien im Vordergrund. Durch die Kurzlebigkeit der Stücke reicht die Zeit nicht aus, die Schwelle zur ungehemmten Aggression zu überschreiten. Auch das innovative, ja fast progressive Songwriting fern jeder Monotonie beansprucht eher das Hörzentrum des Hörerhirns als es im limbischen System wütet.

Mit kleinem Ohrwurmpotenzial kämpft sich "Razor" von Onheil durch den Musikmarkt. Es ist ein gutes Momentalbum, dass beim Hören direkt einschlägt, im Hirn-Playback aber nur schwer abzurufen ist. Das macht den Charme des Albums aus, die harten Einschläge in den Heavy Metal, die grandiose Melodiearbeit. Die Stücke sind komplex und vielschichtig, spannend.
Dieses Album kann man fast jedem beherzten Metallhirn empfehlen.

Anspieltipps: Nemesis' Light Fading, Day Of Departure, Penetration Of Innocence

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Cyclone Empire

Veröffentlichung

7/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal