Seit ihrem letzten grandiosen Werk "Milorg" vor fast zwei Jahren haben die Norweger einen Wechsel an der Gitarre zu verzeichnen. Strom, der neue Mann an der Gitarre, der die Jungs auch schon aus den Tagen von Windir und Ulcus kennt, ersetzt den bislang am Sechssaiter tätigen Ese, welcher die Band Ende 2009 verliess. Doch hat sich seit dem letzten Album sonst noch etwas verändert und wenn ja, was?

"Milorg" stellte – in kurzen Worten - ein Konzeptalbum dar über die gleichnamige grösste norwegische Widerstandsgruppe während des zweiten Weltkriegs und beschrieb den Angriff der Blücher, welche als die modernste Überwassereinheit der deutschen Kriegsmarine galt und am 09. April im Oslofjord nach Torpedo- und Granattreffern sank, wobei fast 1000 Besatzungsmitglieder und Heeressoldaten im eisigen Fjordwasser ihr Leben verloren. Und was ist mit "V"?

Nun, ich will nicht lange um den heissen Brei herum reden. Thematisch so dramatisch und fesselnd wie "Milorg" erscheint das Material der "V" zunächst nicht. Man spürte damals in den Stücken förmlich das Aufbäumen der Widerstandsbewegung gegen die Besatzungsmacht. Bei "V" liegt der Fall allerdings anders. Hier beschäftigen sich die Herren mit Gedanken der Herren Munch oder auch dem norwegischen Knut Hamsun, einer der bedeutendsten norwegischen Schriftsteller des frühen 20. Jahrhunderts. Man möchte fast sagen das Werk sei thematisch gesehen von generellerer Natur als bei einem Konzeptwerk ein Thema zu beleuchten.

Musikalisch betrachtet haben sich Vreid wieder ihrer alten Wurzeln erinnert und wenden diese auf "V" wieder vermehrt an. So vernimmt man wieder öfter rockige Passagen. Auch verfällt man nicht stur in schwarzmetallische Raserei, sondern weiss wie bei "The Blood Eagle" auch in getragenem Midtempo zu brillieren. Auch verwenden die Jungs wie in "Slave" auch in diesem Stück gern Militär-orientiertes Drumming.

Unerwartete Wendungen in den Stücken werden gelungen integriert, wie in "The Sound Of The River", wo wie einer Ruheinsel gleich Klargesangmomente samt smoother Hintergrundbeschallung zu vernehmen sind. Gerade dieser Klargesang stellt ein Novum dar in den Stücken der Norweger, jedenfalls kann ich mich an Vergleichbares in diesem Ausmass in den vorangegangenen Werken nicht entsinnen und noch besser: Das klingt als Kontrast gar nicht mal schlecht.

Neben einer gewaltigen Vehemenz, die etwa eingangs "Fire On The Mountain" auf den Hörer hereinbricht, ist es gerade der intonierte Spirit des Metal, wie er in den Achtzigern und Neunzigern zelebriert wurde, und zwar samt passender Gitarrenleads, welche den Song charakterisieren und somit das musikalische Klangbild Vreids festigen und - was viel bedeutsamer ist - charakterisieren.

Was sich die Jungs in all ihren Stücken behalten – und über die Jahre hinweg sogar noch verbessert haben, das sind diese mitunter melancholischen, gleichzeitig aber immens fesselnden und mitreissenden Melodien. Gerade die sind es nämlich, welche jedes einzelne der Stücke unverwechselbar und so faszinierend machen, dass man sich nicht selten bei der Betätigung der Repeat-Taste erwischt.

Dass Bassist und Songwriter Hváll in seinem eigenen Studio 1184 selbst an den Reglern sass und jeden Song genauso klingen liess wie die Band es will, hört man in jeder einzelnen Sekunde: Glasklar und gleichzeitig absolut druckvoll kommt das Material und lässt keine Wünsche offen.

Das Album mit dem vieldeutigen Namen "V" (fünftes Album, Anfangsbuchstabe der Band, Valfar...) lässt hinsichtlich seiner Qualität keinerlei Platz für Interpretationen zu: Dieses Album ist wieder mal ein sehr gutes der Band, auch wenn es nun mal kein konzeptionelles ist. Auch egal, die Lieder faszinieren auf ganzer Linie und zeigen, dass sich Vreid längst einen festen Platz in der Szene erspielt haben. Ein Plichtkauf? Ja, doch, würde ich unbedingt sagen.

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

Indie Recordings

Veröffentlichung

1/2011

Format

CD

Land

Genre

Black Metal