Es gibt Künstler, die mit wenigen Werken ein Erbe hinterlassen, das heller brennt als tausend flüchtige Sternschnuppen. Austere gehören zu diesen Ausnahmeerscheinungen. Mit ihren frühen Alben – allen voran dem legendären "To Lay Like Old Ashes" – haben die Australier ein melancholisches Monument errichtet, das bis heute nachhallt. Doch nach der langen Stille und dem etwas zahnlosen Comeback-Versuch "Beneath the Threshold" aus dem Vorjahr schien der Zauber zunächst verflogen.

Und nun dies: "The Stillness of Dissolution". Ein Titel wie ein Grabstein im Nebel, auf dem mit zitternder Hand ein neues Kapitel eingemeißelt wurde. Schon das eröffnende "Dissolved Exile" macht klar: Austere sind zurück – nicht als bloße Schatten ihrer selbst, sondern als gereifte Alchemisten des Klangs, die aus Verzweiflung Schönheit und aus Düsternis Erlösung destillieren.

Die Musik auf diesem fünften Album ist von einer fast sakralen Schwere. Hochmelodisch, getragen von eisigen Riffs und flirrenden Klangtexturen, entfaltet sich ein melancholischer Dark Metal-Kosmos, der tief im Black Metal wurzelt, aber längst darüber hinausgewachsen ist. Klarer Gesang trifft auf gequälte Screams, sphärische Keyboardlandschaften verweben sich mit filigranen Gitarrenlinien – eine dramatische Balance aus Kargheit und Fülle, aus Pathos und Zurückhaltung.

Die ganz extremen Ausbrüche, wie man sie noch auf den Frühwerken vernahm, bleiben erneut aus – doch das steht der Band nicht schlecht, lässt aber dennoch etwas Sehnsucht aufkommen. Stattdessen setzen Austere auf große Hymnen, auf fließende Songstrukturen und ein durchkomponiertes Gesamtkonzept, das sich wie ein melancholischer Strom durch die sechs Stücke zieht. "The Downfall" etwa ist ein elegisches Meisterstück, das in seinen besten Momenten an Alcest erinnert, während das abschließende "Storm Within My Heart" in seiner getragenen Wucht beinahe kathartisch wirkt.

Was "The Stillness of Dissolution" zudem besonders macht, ist der bewusste Verzicht auf Kitsch. Wo "Beneath the Threshold" manchmal an der Grenze zur Überzuckerung taumelte, regiert nun eine wohltemperierte Ernsthaftigkeit, eine künstlerische Reife, die weder gefallen noch schockieren will – sondern einfach nur sein.

Austere haben ihren Platz in der Gegenwart gefunden, ohne die Vergangenheit zu verleugnen. Sie stehen nicht mehr im Schatten ihrer frühen Werke, sondern haben sich ein neues Fundament gegossen – aus Asche, Licht und einer beeindruckenden Klanggewalt.Mit "The Stillness of Dissolution" melden sich Austere eindrucksvoll zurück. Ein tief emotionales, atmosphärisch dichtes Album zwischen Dunkelheit und Auflösung – ohne Ballast, ohne Überschwang, aber mit umso mehr Tiefe. Das ist keine Rückkehr. Das ist eine Wiedergeburt.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

 

Prophecy

Veröffentlichung

 

06/2025

Format

 

CD

Land

 

Australien

Genre

 

Dark Metal

Tracklist

1. Dissolved Exile
2. Time Awry
3. Redolent Foulness
4. The Downfall
5. Rusted Veins
6. Storm within My Heart