Improvisation und Metal

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ticino1
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Improvisation und Metal

Beitrag von ticino1 »

Kennt Ihr das Gefühl? Jede Platte hört sich gleich perfekt an. Wieso? Es wird im Proberaum an jedem Stück gefeilt, bis es jede Eigenständigkeit verloren hat.

Blues und Jazz Musiker improvisieren bereits seit Jahrzehnten. Wieso ist es im Metal Bereich nicht möglich? Gibt es zu wenig begabte Musiker mit frischen Ideen dafür?

Es gab bereist Projekte die dies zum Teil taten, aber ignoriert wurden.

Liegt darin die Zukunft des Metals? Kennt Ihr Projekte die diese Schiene verfolgen?

Usw...
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Shadowthrone
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Beitrag von Shadowthrone »

Ich hasse Jazz :)

Abes es gibt schon auch im Metal immer mal Projekte, die ein Album im Studio reinrotzen (improvisieren) und gut is. Als Beispiele fallen mir ein:

Edge of Sanity - Crimson
Dornenreich - In Luft geritzt

Dornenreich natürlich hier entgegen ihres sonstigen Perfektionismus.
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Devil Man
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Beitrag von Devil Man »

Meiner Erfahrung nach liegt das an der Entstehung der Musikrichtung an sich.
in Blues und Jazz war es gang und gebe, sich in einem Lokal oder so zu treffen und gemeinsam drauf los zu musizieren. Der metal war meines Wissens nach stets mehr auf die "schlichte" konzert Variante ausgelegt. Mit dem Können der Musikerwürde ich es jedoch nicht erklären, auch wenn man die "allgemein besten" Musiker wohl im Jazz findet.

Bands , die improvisation als grundbedingung haben, kenn ich gar kein im Meatl. Aber das Album "Amenaz al mundo" von FANTOMAS ist komlette Impro und musste vor der Tour erst noch mal rausgehört werden, damit man die Songs auch wiedergeben konnte. Im allgemeinen sind Projekte mit Mike Patton aber stets sehr experimentier/impro freudig, gerade live.
Im selben fahrwasser fallen mir noch ESTRADASPHERE ein.
Bin mir nicht sicher, doch meine mal gehört zu haben, das Ephel Duath zwar sehr durchdacht ist, doch nur durch den Improfaktor zu dem wurde was es ist, da die Musiker (rede hier hauptsächlich von dem Album "The painter´s palette") den kopf Davide Tiso durch ihr können sehr überraschten und letztlich "Mehr" aus dem wurde, was er eigntlich geplant hatte (er hatte laut eigener Aussage das gesamte Album geschrieben und wollte von seinem Label "nur2 leute , die ihm das einspielen konnten).

Die Zukunft egal welcher Musik würde ich aber nie auf impro oder nicht festlegen, sondern an den menschen, die sie spielen. Nur Offenheit kann bereichern und nur Wissen über die Wurzeln kann Beständigkeit bieten. So lang diese Wege ein harmonisierendes Miteinander führen bleibt meiner Meinung nach eine Richtung lebendig. und ich denke , dass der metal da auf einem sehr guten Weg war und ist, im gegnsatz zu vielen anderen Richtungen, deren fremde Einflüsse oft deutlich geringer ausfallen.
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Imperial Warcry
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Re: Improvisation und Metal

Beitrag von Imperial Warcry »

ticino1 hat geschrieben:Blues und Jazz Musiker improvisieren bereits seit Jahrzehnten. Wieso ist es im Metal Bereich nicht möglich? Gibt es zu wenig begabte Musiker mit frischen Ideen dafür?
Wikipedia hat geschrieben:In der Rockmusik wurde Improvisation um 1967 kurzzeitig im Bereich der psychedelischen Musik und dem sogenannten Progressive Rock sehr bedeutend. Die frühen Pink Floyd, Soft Machine, Grateful Dead und die deutsche Band Can verwandten häufig Improvisationstechniken, welche die Spielweisen aus dem Blues mit Klangexperimenten und Live-Elektronik verbanden. Diese Form hatte allerdings oft etwas "sehr Suchendes" an sich und wurde von den meisten dieser Gruppen nach 1970 wieder abgelegt. Bei näher am Blues orientierten Bands, wie Deep Purple und Cream, bekam die Improvisation einen vergleichbaren Stellenwert wie im Jazz zugewiesen, indem sich der begleitete Solist mit langen Soli profilierte. Jimi Hendrix kann als Pionier für beide Entwicklungen im Rock der Sechziger Jahre angesehen werden, der auch in beiden Formen mit seinem Album Electric Ladyland sicher zu den überzeugendsten Ergebnissen gelangte.

Einen entsprechenden Rang hat die Improvisation in der Rockmusik allerdings nicht behalten. Der Bluesrock mit Schwerpunkt Improvisation auf der E-Gitarre verband sich kulturell mehr dem Jazz (Scott Henderson). Die Entwicklung des Hardrock nahm der Improvisation das individuelle Profil, da im Metal-Bereich die Realisation atemberaubender Geschwindigkeiten einerseits zu einer eindimensionalen Entwicklung führte, andererseits wiederum die Vorbereitung von Solopassagen notwendig machte. Auch in anderen Bereichen des Rock wurde auf Kosten der Improvisation ausgefeilt durcharrangiert (Yes, Genesis), auch da, wo außerordentlich profilierte und stilbildende Instrumentalisten mitwirkten wie Brian May in der Gruppe Queen.

Neuere Stile des Rock, die sich wie der Punk vom „Bombast“ der 1970er absetzten, kennen in der Regel keine Improvisation. Entweder werden die entsprechenden Fähigkeiten von den Musikern nicht mitgebracht und auch nicht angestrebt, oder es bleibt bei der Vorherrschaft des Arrangements.
Thema beendet.
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ticino1
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Beitrag von ticino1 »

Das möchte ich stark bezweifeln. Ihr äusserst informativen Beitrag ist sehr simplizistisch und würde eine 0 oder eine 1 beim Feldschiessen bedeuten. Schiessen Sie das Gewehr neu ein.
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Branstock
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Beitrag von Branstock »

Doch. Es ist alles gesagt. Metal und Improvisation ist etwas, dass schon als Gedanke überhaupt nicht funktioniert.

Kommt noch hinzu, dass Aussenstehende den Metal, trotz seiner Strukturiertheit, als "reine Improvisation" wahrnehmen. Das ist schon schlimm genug.
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

Branstock hat geschrieben:Doch. Es ist alles gesagt. Metal und Improvisation ist etwas, dass schon als Gedanke überhaupt nicht funktioniert.
So ist es. Ähnlich müssig ist es zu fragen, wieso im Metal nicht gerappt wird. Oder ob man Techno mit einem Kontrabass machen könnte.
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Esche
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Beitrag von Esche »

Nun gibt es aber Metal-Bands die Jazz- Stilistiken in den Metal gebracht haben.

Also ich finde die Idee recht interessant, ausschliesslich zu imrpovisieren.
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

Esche hat geschrieben:Nun gibt es aber Metal-Bands die Jazz- Stilistiken in den Metal gebracht haben.
Ja, klar geht das. Nur bedient man sich dann halt beim Improvisieren nota bene Jazz-Strukturen. Man kann auch drei Jazz-Musikern ein Distortion-Pedal und ein Double-Bass hinschmeisssen. Sobald sie sich aber darauf einigen, innerhalb einer Rhythmus-Folge und einem Akkord-Schema zu jammen, ist es kein Metal mehr.

Etwas anderes ist es natürlich, wenn eine Band ohne Konzept drauflos lärmt und das Resultat überraschenderweise gut klingt, wie z.Bsp. bei alten Bestial Summoning oder (wie ich vermute) der ersten Beherit.
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Devil Man
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Beitrag von Devil Man »

Imperial Warcry hat geschrieben:
So ist es. Ähnlich müssig ist es zu fragen, wieso im Metal nicht gerappt wird. Oder ob man Techno mit einem Kontrabass machen könnte.

Also beim Techno keine Ahnung. Aber im metal wird gerappt und ich meine keinen Crossover, sondern "Rap-Metal" bands wie Tripod. In Frankreich hat sich da ne Szene entwickelt. Wie weit das ansonsten verbreitet ist, weiss ich jedoch nicht.
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readel
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Beitrag von readel »

Devil Man hat geschrieben:
Imperial Warcry hat geschrieben:
So ist es. Ähnlich müssig ist es zu fragen, wieso im Metal nicht gerappt wird. Oder ob man Techno mit einem Kontrabass machen könnte.

Also beim Techno keine Ahnung. Aber im metal wird gerappt und ich meine keinen Crossover, sondern "Rap-Metal" bands wie Tripod. In Frankreich hat sich da ne Szene entwickelt. Wie weit das ansonsten verbreitet ist, weiss ich jedoch nicht.
Orr. Schonmal von Prinzipien gehört? Sind hier denn nur noch Vollpfosten unterwegs? Mit- und weiterdenken ist halt heutzutage schwerer als selbstgefällig tippen, siehe den Mod-Jazzfaschisten aus Basel.
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marinetti
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Beitrag von marinetti »

Ich kenne genug die improvisieren und das Improvisierte dann einfach aufnehmen... Zu einem gewissen Teil machen selbst wir das so. Verstehe jetzt nicht wieso das im Metal nicht gehen sollte...
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

marinetti hat geschrieben:Ich kenne genug die improvisieren und das Improvisierte dann einfach aufnehmen... Zu einem gewissen Teil machen selbst wir das so. Verstehe jetzt nicht wieso das im Metal nicht gehen sollte...
Und das veröffentlicht ihr dann als eure Songs auf Platte, oder was?

Ja, klar, ich kenne auch genug, die stimmen ihre Gitarren nicht, haben kein Rhythmusgefühl und keine Ahnung von einer guten Hookline oder einem dynamischen Songaufbau & interessanten Arrangements. Auch die nehmen das auf. Es gibt da (leider) keine Behörde, die so was verbietet. Das ist natürlich nicht nur auf Metal beschränkt.

Ich bin kein Musikwissenschaftler, aber langsam sollte klar sein, auf was ich hinaus will...
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marinetti
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Beitrag von marinetti »

Und das veröffentlicht ihr dann als eure Songs auf Platte, oder was?
Ist schon vorgekommen ja...
Stielhandgranate
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Beitrag von Stielhandgranate »

Wer improvisiert, der kann (meistens) nur Grossartiges erschaffen, wenn ihm der Zufall zu Hilfe kommt.

Gab ja auch schon Affen, die man samt Pinsel in der Hand vor die Leinwand stellte und es ist was "Gutes" dabei entstanden...
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

Stielhandgranate hat geschrieben:Wer improvisiert, der kann (meistens) nur Grossartiges erschaffen, wenn ihm der Zufall zu Hilfe kommt.
Das nennt man dann wohl einen verkürzten Songwriting-Prozess, aber das hat mit einer Jam-Session mit improvisierten Solo-Einlagen nur am Rande zu tun, weil diese im Jazz wie auch im Blues ohne festgelegte Rhythmus/Harmonie-Folgen nicht möglich sind.

Aber ich weiss sowieso nicht so genau, ob Ticino wirklich weiss, von was er eigentlich redet.
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Devil Man
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Beitrag von Devil Man »

Stielhandgranate hat geschrieben:Wer improvisiert, der kann (meistens) nur Grossartiges erschaffen, wenn ihm der Zufall zu Hilfe kommt.
Würd ich so nicht sagen. Wie schon angeführt fallen nicht viele Beispiele im Metal ein, doch Jamsessions von "guten Musikern" gerade in Jazz und Blues, sind nach meiner Erfahrung stets erlebenswert oder gar mehr.
Und letztlich ists mal wieder ne Geschmacksfrage. Wovon die Musiker überzeugt sind, muss dem Publikum nicht gleich kommen und umgekehrt.
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

Ok, ich versuch's noch mal: Wenn ein paar Typen in einem Raum zusammenkommen und spontan einen Song erschaffen, hat das NICHTS mit Improvisation oder einer Jam-Session zu tun, weil man sich (beispielsweise) non-verbal während des Spielens abspricht und man somit wieder im Bereich des Arrangements ist. Zudem wird wohl kaum einer dieser "Songs" so beibehalten, sondern ein guter erster Wurf wird höchstens zu einem Song mit arrangierten Strukturen ausgebaut.

Bei einer Jam-Session gibt es gewisse Regeln, ohne die ist keine Improvisation möglich. Man kann sich gerne über die Harmonielehre hinwegsetzen, aber das tönt dann einfach kacke, ausser man befindet sich in einem Paralleluniversum, wo Mathematik oder Physik bedeutungslos ist.
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Devil Man
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Beitrag von Devil Man »

@ Imperial Warcry: Mein post hatte keinen Bezug zu ihrem, schrieb ihn wohl zeitgleich, jedoch länger, da ich angerufen wurde. (Es sei denn, das Missverständnis ist nun auf meiner Seite, da ihr post von 21:35 einfach noch mal detailierter sein sollte und nicht von meinem beeinflusst wurde).
Beide posts von ihnen sind aber klar und deutlich, kann sie verstehen und stimme an und für sich zu.
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Imperial Warcry
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Beitrag von Imperial Warcry »

Ja, ich habe mich auch nicht direkt auf deinen Post bezogen, sondern nur versucht, die Thematik einigermassen verständlich zusammenzufassen, da mir als Musiktheorie-Laie das auch nicht allzu leicht fällt.
Devil Man hat geschrieben:Und letztlich ists mal wieder ne Geschmacksfrage. Wovon die Musiker überzeugt sind, muss dem Publikum nicht gleich kommen und umgekehrt.
Ja, wenn entweder Band oder Publikum mehrheitlich aus Leuten ohne Musikgehör besteht, sicher. Man kann schliesslich einem Legastheniker auch nicht verbieten, zu schreiben. Das Geschriebene ist trotzdem falsch, so was hat nichts mit Geschmack zu tun. Nicht im Takt zu sein* tönt beispielsweise NIE gut, egal wie degeneriert das dazugehörige Gehör ist.

*Und meines Erachtens ist ein präzis-hämmerndes Schlagzeug nach wie vor ein relativ elementarer Bestandteil von Metal, ausser man verwechselt Metal mit Collagen-Musik wie Dark Ambient. Oder nicht im Takt zu sein mit kultigen Spielfehlern à la Chris Witchhunter oder Bathorys "The Return....."
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