Tja, mit einer Kultband wie Mayhem ist das so eine Sache. Nachdem sich Maniac und seine Kumpels dazu entschlossen hatten, auf "Grand Declaration of War" ein wenig zu experimentieren (und das als einer der wichtigsten Bands in der intolerantesten aller Metalszenen), hätte man vielleicht zynisch nachfragen können, ob denn der Titel dieses Albums als direkte Kriegserklärung an die Die Hard Fans des norwegischen Black Metals gemeint war, hähä. Kleiner Scherz. Aber eines ist doch klar. Hellhammer hat in den letzten Jahren gezeigt, dass er nun überhaupt nicht plant, sein beeindruckendes Schlagzeugtalent ausschliesslich dem Black Metal zur Verfügung zu stellen (siehe besonders letztes Projekt Winds). Maniac dürfte durch sein Herumgeschnipsel an sich selbst mittlerweile Krankenkassenprämien prellen, die eine normale Wohnungsmiete übersteigen, und ewiglich kann eine Band auch nicht von der bizarren Geschichte leben, dass der Bassist (Grishnack, damals noch von Burzum rekrutiert) den Gitarristen (Euronymous) abgestochen hat und dafür selbstverständlich in den Knast gewandert ist. Von einem Line-Up kann bei Mayhem sowieso nicht gesprochen werden. Hier ist mittlerweile ein ganzer Haufen von bekannten respektive berüchtigten Schergen der dunkelsten aller Musikkünste ein- und ausgegangen.

Im Jahre 1993 hatten sich Mayhem eigentlich selbst zugrunde gerichtet. Das Ergebnis war ein "alleinstehender" Hellhammer und von den Die Hard Fans vergötterte Scheiben wie "Pure Fucking Armaggedon" oder "Deathcrush". Zwei Jahre später nahm Hellhammer mit den damals längst schon ausgestiegenen Maniac und Necrobutcher wieder Kontakt auf. Das Resultat war eine Reunion mit einem neuen Gitarristen namens Blasphemer, aber es dauerte noch weitere zwei Jahre, bis sich Mayhem mit Wolfs Lair Abyss zurückmeldeten. Auf einer Tour im November 1998 wurde dann anschliessend das Livealbum "Mediolanum Capta Est" mitgeschnitten. Mayhem schienen zurück zu sein, jedenfalls bis vor einem Jahr, als "Grand Declaration of War" die wiederbelebte Fangemeinschaft in zwei Lager spaltete.

Ist der Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert, und so haben Mayhem mittlerweile sogar eine DVD (!!) (auch als VHS Video erhältlich) mit dem Titel "European Legions" herausgebracht. Dazu gibt’s auch ein Livealbum mit dem gleichen Titel (sowie eine entsprechende US Legions Variante). Jawoll, da klingelt’s nochmals so richtig schön in der Brieftasche. An diesem Punkt sollte auch dem engstirnigsten True Black Metaller mal bewusst werden, dass der Underground so lange ok ist, wie sich die Herrschaften nach Lust und Laune darin austoben können und sich dieses Image auch wunderbar verkauft. Irgendwann schnuppern sie aber alle am grossen Geld, und wer will’s ihnen verübeln, wenn selbst Bands wie Mayhem nochmals richtig zugreif? Oder arbeitet Ihr vielleicht für 1.50 die Stunde?

Aber jetzt kommt das Erstaunliche. Neben einer gewohnt basslosen Produktion und einem übel scheppernden Schlagzeug wurde die Liveatmosphäre auf European Legions wirklich hervorragend eingefangen! Mayhem krachen ungebändigt und wild nach vorne los und liefern mit "Silvester Anfang/Fall Of Seraphs", "View From Nihil" und "Freezing" Moon fantastische Darbietungen ab. Maniac’s Ansagen und die entsprechende Clubpublikumskulisse erzeugen ein tolles Gig-Feeling. Wow, hier hat einer an den Reglern gesessen, der was vom Liveplattengeschäft versteht! Dennoch wirkt European Legions nicht irgendwie glattpoliert. Ganz im Gegenteil. Diese CD klingt so, wie Mayhem live klingen sollten. Rauh, düster und kalt.

Die Titel 8 bis 12 sind Pre-Production Tracks von den "Declaration of War Sessions". Bräuchte man nicht unbedingt zu haben, denn nach den ersten 7 Live-Attacken hat man eigentlich Lust auf mehr Bühnenmusik bekommen. Der erste Teil von European Legions ist jedenfalls uneingeschränkt empfehlenswert und daher eine tolle Sache. Ausserdem beweist diese CD, dass Mayhem eigentlich sehr starke Black Metal Songs im Repertoire haben, die vielleicht nur durch die schlechten Produktionen der frühen Alben aussschliesslich dem tiefsten Undergroundvölkchen vorbehalten geblieben sind.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Season Of Mist

Veröffentlichung

8/2001

Format

CD

Land

Genre

Black Metal