Ich hege manchmal Vorurteile gegen zunächst dubios erscheinende Soloprojekte, unabhängig vom Herkunftsland. Oberflächlich deutet bei Ekpyrosis auch einiges darauf hin. Es sind online kaum Infos zu finden, ausser dass das Projekt wohl seinen Ursprung in Bonn hat. Alle Tracks sind mit "Untitled" bezeichnet. Kinderzimmer Black Metal? Die Alarmglocke schrillt vorab jedenfalls.

Und dann mal wieder eine freudige Überraschung. Was beim Anspielen des ersten Tracks (sowie besonders auch bei Track 4 und 6) direkt auffällt, ist die Stimme. Ich war zuerst überzeugt, hier dem Organ des Drecksau-Frontmanns Marcus Giese zu lauschen. Der Herr hinter Ekpyrosis verfügt demnach schon mal über eine grandioses Brandweineffekt-Organ, ein brutal gutturales Gurgeln, genial. Wenn es mal nur dabei bliebe, dann könnte ich die Akte an dieser Stelle mit 6/13 Punkten schliessen und mich völlig meinem dampfenden Kaffee widmen.
Aber nein. Der mysteriöse Typ hinter dem Bonner Projekt legt auch auf der instrumentalen Ebene ein paar wahnsinnig gute Auswüchse vor. Manchmal fühle ich mich etwas an EgoNoir erinnert, nur kommt man hier ohne Samples aus und mit weniger Hochtönen auf der elektrischen Gitarre. Vornehmlich geht es im Midtempo voran und das Schlagzeug gibt einen doomigen Beat vor. Auf Passagen und komplette Tracks verteilte Ausbrüche in den etwas deutlicheren Bereich des Schwarzmetalls werden ebenfalls geboten, hin und wieder mit der Tendenz hin zu dem, was wohl unter dem Etikett Shoegaze / Post-Rock / Post Black Metal genannt wird.

Sehr wichtig sind vor allem die Texte. Zum Grossteil bleiben sie trotz der variablen Stimmakrobatik zwischen besagtem Growlen und Clearvoice verständlich. Beispielsweise erfahren wir von etwas, das der Bonner dezent als "Gesichter aus Scheisse" besingt. In meiner Tätigkeit angesprochen fühle ich persönlich mich sogar in der Passage "Fick dich und deine Kritik / fick dich und deine Meinung / ich höre sowieso nicht hin / was glaubst du wer du bist". Welch schurkischer Seitenhieb für alle Rezensenten!

Trotz der vereinzelten lyrischen Absurditäten wird auf "Ein ewiges Bild" immer wieder die Kurve gekratzt und die Authentizität bleibt bestehen. Die surreal poetischen Bruchstücke Kurzprosa werden selbst im klaren Sprechgesang glaubhaft und intensiv vorgetragen. Im besagten EgoNoir Stil mit einer Arroganzportion á la Secrets Of The Moon. Vorbildlich gut.
Vor allem macht die Scheibe immer wieder Spass. Ich weiss nicht, wie oft ich sie nun schon durchgehört habe. Aber langweilig wird sie einfach nicht. Kein Lied gleicht dem anderen, gleichzeitig muss aber auch betont werden, dass kaum langlebige Hooks geboten werden, die sich im Hirn festkrallen. Mir gefällt "Ein ewiges Bild" jedenfalls. Es vermittelt unglaublich gut eine kryptisch düstere Atmosphäre und das schaffen unter allen Bands, deren Werke mir ins Haus flattern, jährlich nur sehr wenige.

Die Scheibe haut dermassen rein, dass sie die Fähigkeit besitzt, den Hörer in fremde Welten treiben zu lassen. Riffs tragen uns fort und machen "Ein ewiges Bild" nicht nur zu einem momentanen Hörgenuss, sondern zu einem jener Alben, die besondere Momente durch ihre Musik noch besonderer machen. Kaufempfehlung für jeden, der aussagekräftigen Avantgarde BM sucht und mal etwas garantiert herausragendes in seiner CD-Sammlung haben möchte.

Bonuspunkte:
- Grosses lyrisches Potenzial, das Raum für Interpretationen liefert
- Mystifizierung durch nicht-Vorhandensein von jeglichen Internetpräsenzen oder Kontaktmöglichkeiten

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Zeitgeister Music

Veröffentlichung

1/2011

Format

CD

Land

Genre

Black Metal