Nach vier Jahrzehnten Bandgeschichte kehren Excruciation mit ihrem fünften Album "[P]Ain" triumphal zurück. Als Pioniere der Schweizer Metalszene haben sie sich nicht nur als Wegbereiter des Doom Metal etabliert, sondern auch als eine unerschütterliche Kraft, die sich stets neu erfindet, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. Und genau das beweisen sie mit diesem langerwarteten Werk – es ist ihr wohl persönlichstes und zugleich dunkelstes Album.

"[P]Ain" zelebriert Doom Metal in all seinen Facetten, verwoben mit einer feinen Prise Crust und einer subtilen Spur Death Metal. Der rohe, erdige Sound, den Fans von Excruciation kennen und lieben, bleibt präsent, doch diesmal wagen sie sich auf filigranere, klarere und teils sanftere Pfade. Die tief dröhnenden Riffs und schweren Rhythmen sind nach wie vor das Rückgrat der Musik, doch es sind die klareren Melodien und das gezielte Spiel mit Atmosphäre, die "[P]Ain" zu einem Meisterwerk erheben.

Bereits beim ersten Hören wird deutlich, dass Excruciation sich diesmal nicht nur auf rohe Kraft verlassen. Mit einem deutlichen Hang zum 80er-Jahre Dark Wave lassen sie Momente der Ruhe und Kontemplation zu, die die düsteren, monumentalen Parts nur noch intensiver erscheinen lassen. Diese Balance aus Schwere und Melancholie erzeugt eine eindringliche Atmosphäre, die sowohl lebendig als auch gespenstisch wirkt – als wäre die Musik ein Geschenk an die Lebenden, das die Toten feiern.

Trotz der sanfteren Nuancen bleibt "[P]Ain" durchdrungen von Excruciations typischer Rauheit. Die Crust-Elemente sorgen für eine raue Kante, die den düsteren Doom-Anleihen eine punkige, rebellische Energie verleiht. Hier wird Metal nicht nur gespielt, sondern regelrecht zelebriert, in seiner rohesten und gleichzeitig raffiniertesten Form.

Das neue Album von Exructiation ist thematisch von düsterer, nihilistischer Philosophie und existenziellen Fragestellungen geprägt. Die Lyrics verdienen eine Vertiefung. Es bewegt sich alles tief in den Abgründen von Schmerz, Verzweiflung und der menschlichen Seele. Hierbei reflektiert es immer wieder die Themen von Religion, Tod und gesellschaftlicher Degeneration. In „God“ wird der Glaube an Gott in all seinen Facetten durchleuchtet – von der Hoffnungsquelle bis zur Illusion. Gott erscheint hier als verlogenes, ambivalentes Wesen, das weder Trost noch Erlösung bringt. Die Frage, ob Gott real ist oder nur ein Konstrukt menschlichen Leidens, zieht sich durch den gesamten Text. „While the mourners are passing by“ und „Bleeding“ konzentrieren sich auf die unvermeidliche Endlichkeit des Lebens. Trauer, Verlust und das Gefühl des Verlassenseins werden hier in all ihrer Bitterkeit geschildert. Die Ohnmacht angesichts des Todes wird durchzogen von einer resignierten Akzeptanz des Unausweichlichen. „Victima Dei“ stellt religiöse Machtstrukturen und ihre Missbrauchsdynamiken in Frage. Die Metapher des „Schafs im Wolfspelz“ illustriert die Heuchelei und den Missbrauch von Macht und Vertrauen, während Täter sich hinter dem Deckmantel des Glaubens verstecken. Mit „The sun has lost its light“ und „Riding the night“ wird ein Gefühl der Orientierungslosigkeit und des persönlichen Niedergangs evoziert. Es geht um den Verlust von Glauben und Hoffnung, während sich die Welt immer weiter in Dunkelheit hüllt. „Darker“ und „Pleasuredome for the wicked“ zeichnen ein Bild von menschlicher Dekadenz und Verderbtheit. Der Mensch wird als blind gegenüber den Konsequenzen seines Handelns dargestellt, gefangen in einem Kreislauf von Gier, Gewalt und Selbstzerstörung. Insbesondere „Pleasuredome“ liefert eine schonungslose Allegorie auf moderne Grausamkeiten, die an Konzentrationslager erinnern.

Das Album nimmt den Hörer mit auf eine Reise durch existenzielle Abgründe, ohne Hoffnung auf Erlösung oder Licht am Ende des Tunnels. Es ist ein intensives Werk, das die Dunkelheit der menschlichen Seele und die Desillusionierung angesichts des Göttlichen in den Vordergrund rückt.

Als eines der integralen Teile der Schweizer Musikszene haben Excruciation über die Jahre bewiesen, dass sie immer wieder frische Impulse in den Doom Metal einbringen können. Mit "[P]Ain" haben sie sich jedoch selbst übertroffen: Ihr Sound ist reifer, düsterer und vielschichtiger als je zuvor. Es ist ein Album, das eine Brücke schlägt zwischen den rauen Anfängen des Genres und den filigraneren, modernen Ansätzen, die es heute ausmachen. Ein Album, das die Tiefe der Dunkelheit erforscht und uns daran erinnert, dass Schmerz und Erlösung oft zwei Seiten derselben Medaille sind.

"[P]Ain" ist mehr als nur Musik – es ist ein Erlebnis, eine Reise durch Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und letztlich Akzeptanz. Excruciation haben ein Werk geschaffen, das nicht nur ihre Fans begeistern wird, sondern auch zeigt, dass sie nach all diesen Jahren immer noch zu den wahren Meistern des Doom Metal gehören.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

 

Auric

Veröffentlichung

 

09/2024

Format

 

CD

Land

  Schweiz

Genre

 

Doom Metal

 

Tracklist

1. God 05:35
2. While The Mourners Are Passing By 04:42
3. Bleeding 05:12
4. Victima Dei 06:52
5. The Sun Has Lost Its Light 05:21
6. Riding The Night 04:47
7. In Silence 03:53
8. Darker 04:05
9. Pleasuredome For The Wicked 04:47
10. In Every Dream Home A Heartache 05:06
11. Repent, Sinners! (2k22) 05:54