Wenn der Sturm aus Bayern wieder losbricht, wissen Fans des atmosphärischen Black Metals, was sie erwartet – und doch gelingt es Groza immer wieder, die Erwartungshaltung zu übertreffen. Mit ihrem neuen Werk "Nadir" setzt die Band um Mastermind P.G. ihre Reise in düstere Sphären fort, hebt ihren Sound jedoch auf ein neues Level und zieht den Hörer tiefer in ihre emotionalen Abgründe.
Bereits der Titel – "Nadir", der tiefste Punkt – signalisiert, dass dieses Album eine Reise in das Dunkel der menschlichen Seele ist. Hier geht es nicht um einfachen Eskapismus, sondern um das schonungslose Ausloten von Schmerz, Verzweiflung und Wut. Groza zeigen sich dabei erneut als Meister der Melancholie und Wut, indem sie sowohl schneidende Melodien als auch peitschende Blastbeats mit ihrer bekannten Präzision in einem epischen Sturm entfesseln. Doch "Nadir" bietet mehr als nur den erwarteten Black Metal-Hammer – es ist eine subtile Verfeinerung ihrer Kunst, die sowohl inhaltlich als auch musikalisch überzeugt.
Was auf "The Redemptive End" angedeutet wurde, erfährt auf "Nadir" seine Vollendung. Wo sich Groza zuvor noch stärker in der Tradition ihrer Vorbilder bewegten – allen voran Mgła, deren Schatten noch immer über der Band zu schweben scheint – gelingt es ihnen nun, ihre eigene Identität weiter zu festigen. Die dichten, klirrenden Riffs und die unbarmherzig vorantreibenden Drums sind unverkennbar, doch diesmal spürt man eine stärkere Integration von Post-Black Metal-Elementen und melancholischen Gitarrenpassagen. Gerade diese ruhigeren Momente, die das Chaos durchbrechen, verleihen dem Album eine fast schon epische Tiefe und Emotion, die es von früheren Werken abhebt.
"The Redemptive End" zeigte bereits Grozas beeindruckende Fähigkeit, die Kälte und Brutalität des klassischen Black Metals mit atmosphärischen Klanglandschaften zu verweben, doch "Nadir" macht deutlich, dass die Band sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruht. Stattdessen gehen sie noch tiefer, wagen mehr Experimente und präsentieren ein Werk, das sowohl brachial als auch zutiefst emotional ist. Jeder Track führt durch eine Kaskade aus Raserei und Melancholie, wobei die musikalische Vielfalt und Dynamik nie an Spannung verlieren. Besonders die Produktion – erneut brillant und druckvoll – lässt jede Facette der Kompositionen in voller Intensität erstrahlen.
Ein Album, das bei aller Wucht nie seine Melancholie verliert, sei es in den düsteren Texten oder den atmosphärischen Klängen. Man spürt deutlich, dass "Nadir" in einer intensiven Phase des künstlerischen und emotionalen Wachstums entstanden ist, in der Groza ihre eigenen Grenzen verschoben haben. Die Entwicklung von einem Projekt hin zu einer vollwertigen Band zeigt sich hier in ihrer Reife – die Chemie zwischen den Musikern ist spürbar, und der Gesamtsound wirkt homogener und zugleich variabler als zuvor.
Doch auch wenn Groza mittlerweile ihre eigene Nische gefunden haben, so bleibt der Einfluss ihrer Inspirationsquellen unübersehbar. Kritiker, die die Band einst als bloße Mgła-Kopie abtaten, werden auf "Nadir" eines Besseren belehrt: Ja, die Parallelen sind weiterhin da, doch Groza gelingt es, die Grenzen dieses Stils zu erweitern und ihn um eigene Elemente zu bereichern. Wo auf "The Redemptive End" noch die Abhängigkeit von ihren Vorbildern zu spüren war, tritt hier eine zunehmende Emanzipation und Eigenständigkeit hervor.
Letztlich ist "Nadir" ein düsteres, kraftvolles und emotional geladenes Werk, das Groza weiter festigt – nicht als Nachahmer, sondern als kreative Kraft, die den Black Metal mit Tiefgang und Melancholie bereichert. In einer Zeit, in der viele Bands des Genres oft in Monotonie und Stagnation verfallen, bieten Groza frischen Wind und beweisen, dass auch der tiefste Abgrund von Schönheit durchzogen sein kann.
Ein Album, das sich nicht nur in der Black Metal-Landschaft behauptet, sondern auch darüber hinaus eine emotionale und künstlerische Wirkung entfaltet – Groza haben mit "Nadir" zweifellos ihren bisher tiefsten und zugleich imposantesten Meilenstein geschaffen.
Albuminfo
Punkte |
4/5 |
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Label |
AOP |
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Veröffentlichung |
09/2024 |
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Format |
CD |
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Land |
Deutschland | |
Genre |
Black Metal |
Tracklist
01. Soul: Inert
02. Asbest
03. Dysthymian Dreams
04. Equal. Silent. Cold.
05. Deluge
06. Daffodils feat. J.J. & M.S. // Karg & H...