Патриархь (Patriarkh) bringt mit "Пророк Илия" (Prorok Ilja) ein Album heraus, das das Konzept von Black Metal in eine spirituell und historisch aufgeladene Richtung lenkt. Nach der turbulenten Trennung von Bartłomiej Krysiuk und dem Batushka-Namen ist dies das zweite Album unter seinem neuen Banner. Mit der Mischung aus orthodoxer Liturgie, sakralen Klängen und aggressivem Black Metal wagt Krysiuk den Spagat zwischen Blasphemie und Andacht. Die Frage bleibt: Kann Патриархь den hohen Ansprüchen eines solchen Unterfangens gerecht werden?
"Пророк Илия" ist ein Werk der Gegensätze, das sich in die Themen Glaube, Betrug und menschliche Schwäche vertieft. Das Album basiert auf der Geschichte von Eliasz Klimowicz, einem selbsternannten Propheten, der in den 1930er Jahren eine orthodoxe Sekte in Polen führte. Diese Grundlage bietet reichlich Stoff für musikalische und textliche Experimente. Das Album eröffnet mit „Wierszalin I“, einem getragenen, liturgisch anmutenden Stück, das mit gesprochenem Wort und traditionellen Instrumenten wie Hurdy-Gurdy und Mandoline eine rituelle Atmosphäre schafft. Schon hier wird die cineastische Qualität des Albums deutlich – es fühlt sich an wie ein orthodoxer Gottesdienst, der in eine albtraumhafte, blasphemische Welt entgleist.
„Wierszalin II“ baut auf dieser Basis auf, indem es orthodoxe Chöre mit verzerrten Gitarren und Midtempo-Drumming kombiniert. Die Black-Metal-Screams brechen unerwartet ein und verleihen dem Song eine schneidende Härte, die jedoch stets von den sakralen Harmonien aufgefangen wird. Dieser Dualismus, das Wechselspiel zwischen Andacht und Aggression, ist das Markenzeichen des Albums.
Während Stücke wie „Wierszalin IV“ mit ihrer meisterhaften Verschmelzung von weiblichem Solo-Gesang, folkigen Melodien und blast-beat-getriebenem Black Metal glänzen, zeigt „Wierszalin V“, dass Патриархь nicht immer die Balance zwischen ihren vielen Elementen findet. Hier wirken die Black-Metal-Passagen überstürzt und die Gitarrenparts bleiben hinter ihrem Potential zurück. Der Eindruck entsteht, dass die Band an manchen Stellen ihre Vision zugunsten roher Aggression opfert, anstatt beide Welten harmonisch zu vereinen.
Dagegen brillieren die nicht-metallischen Kompositionen des Albums. „Wierszalin VI“ ist ein klarer Höhepunkt: Folk-Melodien und polyphone Gesänge schaffen eine dichte, emotionale Atmosphäre. Diese Stücke sind es, die die narrative Kraft von "Пророк Илия" am eindrucksvollsten transportieren und den Hörer in die Welt von Klimowicz' Sekte entführen.
Die Produktion des Albums ist bemerkenswert. Die oft widersprüchlichen musikalischen Elemente – orthodoxe Liturgie, Folk, und Black Metal – sind so abgemischt, dass sie eine kohärente Klanglandschaft ergeben. Die sakralen Chöre und symphonischen Arrangements verleihen dem Album eine epische Größe, während die harschen Vocals und die Double-Bass-Salven die Black-Metal-Wurzeln nicht vergessen lassen.
Textlich ist "Пророк Илия" eine vielschichtige Reise. Die polnischen und kirchenslawischen Lyrics erschließen sich nicht sofort, laden aber zur vertieften Auseinandersetzung ein. Das Album stellt Fragen nach der Natur von Glaube und Macht und nach der Rolle von Religion in Zeiten der Unsicherheit. Es fordert den Hörer auf, über die Manipulation durch vermeintliche Retter nachzudenken – ein Thema, das sowohl historisch als auch erschreckend aktuell ist.
Fazit: Mit "Пророк Илия" hat Патриархь ein Werk geschaffen, das in seiner künstlerischen Ambition beeindruckt, wenn auch nicht immer vollends überzeugt. Die Verbindung von sakralen Klängen und Black Metal ist kühn und oft wirkungsvoll, doch es fehlt an Konstanz in der Gitarrenarbeit und in der Integration der härteren Elemente. Dennoch ist das Album ein faszinierendes Hörerlebnis, das sich jedem Fan von experimentellem und thematisch tiefgehendem Black Metal ans Herz legen lässt.
Albuminfo
Punkte |
4/5 |
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Label |
Napalm |
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Veröffentlichung |
01/2025 |
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Format |
CD |
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Land |
Polen |
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Genre |
Black Metal |
Tracklist
02. Вершалин II (Wierszalin II)
03. Вершалин III (Wierszalin III)
04. Вершалин IV (Wierszalin IV)
05. Вершалин V (Wierszalin V)
06. Вершалин VI (Wierszalin VI)
07. Вершалин VII (Wierszalin VII)
08. Вершалин VIII (Wierszalinc VIII)