„The truth of today is rarely the truth of tomorrow.“ – kaum ein Satz könnte das Schaffen von Vindsval und seiner jahrzehntelangen Reise mit Blut aus Nord besser auf den Punkt bringen. Mit "Ethereal Horizons", dem nunmehr 16. Studioalbum, vollendet der französische Avantgarde-Visionär ein Kapitel, das sich wie ein Kreis schließt – und gleichzeitig ein neues öffnet.

Während die letzten Jahre von einer Lovecraft’schen Finsternis, von albtraumhaften Texturen und unbegreiflichen Formen geprägt waren, wirkt "Ethereal Horizons" fast wie ein Sonnenaufgang nach der endlosen Nacht. Die Musik atmet wieder – ohne ihre rätselhafte Aura zu verlieren. Die Gitarren schwingen in weiten, melodischen Bahnen, die sich eher an "Memoria Vetusta III: Saturnian Poetry" oder "Hallucinogen" orientieren als an den dissonanten, industriell verformten Welten von "Disharmonium".

Doch hier geschieht mehr als bloße Rückkehr. Vindsval verschmilzt alle Facetten der Bandgeschichte zu einem in sich stimmigen, organisch wachsenden Kosmos:

  • die transzendenten Harmonien der "Memoria Vetusta"-Trilogie,

  • das pulsierende Herz aus synthetischer Schwere, das an "The Work Which Transforms God" erinnert,

  • und die psychedelische Weite von "Hallucinogen".

Alles wird in "Ethereal Horizons" zu einer fluiden, fast träumerischen Einheit. Das Album fließt, oszilliert, schwebt – und bleibt dennoch geerdet. Zwischen aufbrandender Euphorie und kontemplativer Melancholie entstehen Momente, in denen Zeit und Raum vergehen: Gitarren, die wie Lichtstrahlen durch Nebel schneiden; warme Orgel- und Synthflächen, die an 70er-Kosmische Musik denken lassen; Stimmen, die von fernen Welten singen – mal beschwörend, mal menschlich nah.

Vindsval hat sich nie vor Wandel gescheut, doch hier klingt dieser Wandel weniger nach Flucht als nach Erfüllung. "Ethereal Horizons" ist weder Rückblick noch Zukunftsvision, sondern die vollkommene Gegenwart eines Künstlers, der gelernt hat, sein eigenes Mysterium zu umarmen.

Die Produktion (aufgenommen in den Earthsound Studios, gemastert von Bruno Varea) verleiht der Musik Raum und Tiefe, ohne ihre Unschärfe zu glätten. Das Artwork von Maciej Kamuda spiegelt diese Balance wider: irdisch und kosmisch, still und erhaben.

Mit "Ethereal Horizons" erreicht Blut aus Nord einen seltenen Zustand kreativer Klarheit. Dieses Album ist ein emotionales, spirituelles und ästhetisches Meisterwerk – warm, erleuchtet, erhaben. Es ist, als würde man durch das Fenster eines Raumschiffs in eine Welt blicken, die sowohl jenseits der Sterne als auch tief in uns selbst liegt.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

 

Debemur Morti

Veröffentlichung

 

11/2025

Format

 

CD

Land

 

Frankreich

Genre

 

Black Metal/Post Black Metal

Tracklist

1. Shadows Breathe First 7:15    
2. Seclusion 8:17    
3. The Ordeal 7:17    
4. The Fall Opens The Sky 7:48    
5. What Burns Now Listens 6:22    
6. Twin Suns Reverie 2:21    
7. The End Becomes Grace 12:23