Sunken knüpfen mit ihrem dritten Album „Lykke“ an jene tief melancholische Signatur an, die ihnen bereits mit „Livslede“ zu verdienter Aufmerksamkeit verholfen hat – und verschieben gleichzeitig die eigenen Koordinaten ein Stück weiter Richtung epischer, atmosphärischer Erzählkunst. Fünf Jahre sind seit dem Vorgänger vergangen, und doch wirkt „Lykke“ weniger wie ein Neustart als wie eine gedankliche Fortsetzung: ein Werk, das Trauer, Staunen, Müdigkeit und flüchtige Hoffnung in langen, weit ausgebauten Spannungsbögen bündelt.

Wie schon in der Vergangenheit bleibt die Musik schwer zu kategorisieren. Black Metal bildet das Fundament – das verraten die rasenden Blastbeats von Joachim Larsen ebenso wie die unablässig tremolierenden Gitarren von Simon Krogh und Alexander Salling. Doch was „Lykke“ prägt, ist der konsequent melancholische Unterton: Die Leads tragen eine Verzweiflung in sich, die fast körperlich spürbar wird. „Og Det Er Lykke“ etwa schichtet seine Traurigkeit gleich mehrfach: schwere Riffs, ein klagender, fast resignativer Lead und ein Finale, das all die aufgestaute Innenspannung schmerzhaft entlädt. Immer wieder übernimmt Jonas Faghtmanns Bass kurzfristig die Rolle des Alleinträgers der Tiefe, während die restlichen Instrumente in luftigen, verzweifelten Melodien wirken.

Neu ist die deutlich stärkere Rolle der Keys. Besonders „Glaedesfaerd“ zeigt, wie sehr die orchestralen Arrangements von Max Uldahl Pedersen die Stücke einfärben: ein feierlich-dunkler Schleier, der über all den rasenden, gepeitschten Emotionen liegt. Wenn Martin Thomasen dann vom bösartigen Fauchen in rohe, gequälte Howls kippt, wirkt die Musik nicht nur traurig, sondern regelrecht entgleist. Allerdings funktionieren diese extremen vokalen Ausbrüche nicht immer gleich gut; an manchen Stellen greifen sie weniger harmonisch in die breiteren, atmosphärischen Strukturen hinein.

Strukturell ist „Lykke“ ein monolithisches Album: vier Songs, keiner unter zehn Minuten. Das eröffnet Raum für große Bögen, verlangt aber auch Geduld. Die Übergänge zwischen verträumten, fast fragilen Momenten und blastenden Sturmfronten zählen zu den Stärken des Albums; dort gelingt Sunken jene innere Geschlossenheit, die das Werk trotz seiner Längen zusammenhält. Gleichzeitig bedeutet diese Orientierung auf Erlebnisse statt klarer Hooks, dass es kaum einzelne Passagen gibt, die sich sofort im Gedächtnis festsetzen. Der Fokus liegt eindeutig auf dem Gesamtfluss – was „Lykke“ zu einem emotionalen Zustand macht, weniger zu einer Sammlung einzelner Stücke.

Der abschließende Track „Når Livet Går På Hæld“ ist vielleicht die reinste Form dessen, was das Album ausdrücken will: ein maximaler Kontrast zwischen stiller Selbstaufgabe und eruptiver Verzweiflung, verschlungen zu einer Klanglandschaft, in der alles ineinanderfließt – Glück, Schmerz, Staunen, Müdigkeit. Der Albumtitel mag ironisch wirken, doch in Wahrheit beschreibt er eher jenen flüchtigen, schwer greifbaren Zustand, der entsteht, wenn man Leid nicht mehr bekämpft, sondern es akzeptiert.

„Lykke“ ist kraftvoll, schön, erschöpfend und in seiner Verlorenheit beeindruckend klar. Nicht jede Entscheidung zündet gleich stark, doch Sunken beweisen erneut, wie tief sie Traurigkeit und existenzielle Schwerelosigkeit in Musik übersetzen können. Ein Werk, das nicht wärmt, aber dafür die eigene Dunkelheit in Form gießt.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

 

Eisenwald

Veröffentlichung

 

10/2025

Format

 

CD

Land

 

Dänemark

Genre

 

Black Metal

Trackliste

1. Din Røst malede Farver i Luften
2. Og det er Lykke
3. Glædesfærd
4. Når Livet går på Hæld