Tårfödds viertes Album „Lidande“ markiert einen jener seltenen Momente, in denen ein weiterhin rasant produzierender DSBM-Künstler tatsächlich innezuhalten scheint, um sein eigenes Schaffen zu schärfen. Obwohl Simon Lindgren inzwischen ein beachtliches Werk aus Alben, Singles und Kooperationen vorweisen kann, wirkt „Lidande“ spürbar konzentrierter als vieles, was ihm vorausging. Die Entscheidung von Purity Through Fire, dieses Werk physisch zu veröffentlichen, erscheint damit weniger als Ausnahme – eher als Anerkennung eines Albums, das klarer formuliert, was Tårfödd eigentlich ausmacht.
Über 56 Minuten spannt sich ein Klangbild, das weniger auf Schockmelancholie setzt, sondern auf eine fast methodische Auslotung von Kälte, Verlust und innerer Erosion. Stücke wie „Vemod“ oder „Sorg“ eröffnen mit vertrauten, frostigen Gitarrenschichten, die durch transparente Leads und dezente Pianophrasen geöffnet werden. Das Material wirkt dabei dichter und strukturierter als auf manch früherer Veröffentlichung; Lindgren arrangiert seine Stimmungen mit einem geschärften Sinn für Balance. Die Tempiwechsel – von rasenden Ausbrüchen bis zu schleppenden Passagen – sind nie Selbstzweck, sondern fügen sich organisch in das jeweilige Stück.
„Moraliskt förfall“ und „En ny svart värld“ zeigen besonders gut, wie Tårfödd instrumentale Feinheiten nutzt, um Druck aufzubauen, ohne die emotionale Kernspannung zu überzeichnen. Der Sound ist zwar poliert, doch ohne den sterilen Glanz manch moderner DSBM-Produktionen; hier bleibt Raum für Rauheit, für Hall, für den atmenden Schmerz zwischen den Noten.
Die englisch betitelten Stücke „The Strive for Existence“ und „The Thing to Fear is Life“ brechen das schwedisch dominierte Album kaum, sondern erweitern vielmehr die narrative Spannweite. Das finale Titelstück „Lidande“ bündelt schließlich die wiederkehrenden Motive – Verzweiflung, Ermüdung, aber auch das beharrliche Weiterexistieren im Schatten derselben.
„Lidande“ ist kein radikal neues Kapitel im Schaffen von Tårfödd, doch eines, das beeindruckend klar, geschlossen und emotional stimmig ausfällt. Ein Album, das weniger erdrückt als vielmehr langsam unterkühlt – und gerade dadurch länger nachhallt.
Albuminfo
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Punkte |
4/5 |
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Label |
Purity Through Fire |
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Veröffentlichung |
10/2025 |
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Format |
CD |
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Land |
Schweden |
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Genre |
Black Metal |
Trackliste
1. Vemod
2. The Strive for Existence
3. Sorg
4. Mörkret
5. Moraliskt förfall
6. En ny svart värld
7. Sju
8. Motgång
9. Saknaden
10. The Thing to Fear is Life
11. Lidande
