Eine Zeitlang waren die folkbeeinflussten Metalbands ja der ganz grosse Renner, so dass sich manch eine Truppe schnell mal einen Jutesack übergestülpt und aus Oma's originaler Blockflöte noch kurz ein paar Tönchen aufs Mastertape ge-lülü-lt hat. Ok, das war jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber der "Metal mit Folkeinflüssen-Boom" ist sicherlich vorbei.

Nicht vorbei sind hingegen die Iren von Cruachan, und wenn man jetzt mal davon ausgeht, dass eigentlich nur Bands, die Folk und Metal in beinahe gleichberechtigtem Verhältnis miteinander kombinieren, die Stilbezeichnung "Folk-Metal" für sich beanspruchen sollten, so sind Cruachan ein Act einer wirklich handverlesenen Musikergemeinde. Einen Fetzen Bärenfell um die Hüften wickeln und mit einer Plastikaxt schwingen ist nun wirklich nicht das Gleiche.

Gegründet wurde Cruachan von den Brüdern Keith und John Fay sowie einem Herrn namens John Clohessy (dazu gehören heute zusätzlich Karen Gilligan und Joe Farrell), und zwar um 1992 herum, entstanden aus den Trümmern einer Kombo, welche Minas Tirith hiess und 1989 ins Leben gerufen wurde. So sagen's jedenfalls die Geschichtsbücher. Nach dem Debut Tuatha Na Gael (1995) und einigen Labelwirren kam dann vor ca. zwei Jahren The Middle Kingdom bei Hammerheart heraus. Die Entwicklung, die sich beim Zweitling bereits eindeutig zeigte, ist bei Folk-Lore auch weiterverfolgt worden. Der Faktor Metal wird bei diesen Iren immer wichtiger - allerdings vielleicht nicht auf die Art und Weise, wie sich ein Cruachan-Nichtkenner das unter Umständen vorstellen wird.

Bei Cruachan dominiert ganz klar die (hauptsächlich irische) Folkmusik, manchmal in einem sehr ursprünglichen, manchmal aber auch in einem äusserst modernen Gewand. Die metallischen Gitarren, die immer wieder eingesetzt werden, unterwerfen sich dabei der führenden Stilrichtung. Das ist wohl auch der Grund, warum Cruachan eben nur wie Cruachan klingen. Neben einigen Originalinstrumenten verwenden Cruachan auch die üblichen, modernen Klangkörper wie Bass, Drums und Keyboard. Der Gesang kommt aus zweierlei Richtungen. Die männlichen Parts stammen von Keith Fay, die weiblichen von Karen Gilligan. Einen besonderen Gastsänger gibt es bei Folk-Lore sicherlich zusätzlich noch zu erwähnen - Shane Mc Gowan, die unverwechselbare Stimme der legendären The Pogues. Und jetzt haltet Euch fest. Saufnase Gowan hat dieses Teil sogar produziert!

Letzerer ist übrigens bei Cruachan's Version von Jimmy Mc Carthy's Ride On im Duett mit Karen Gilligan zu hören, Track Nummer acht also, die Single-Auskopplung von Folk-Lore, welche die Iren in ihrem Heimatland prompt in die Charts katapultiert hat. Eine wundervolle Powerballade - unbedingt reinhören!

Folk-Lore ist ein ganz besonderes Album, und Cruachan ist eine ganz besondere Band. Dem Charme dieser Iren zu verfallen ist ganz leicht, auch wenn deren Musik für die gängigen Metallerohren zuerst ein wenig fremdartig klingen mag. Probiert's doch mal aus.

Albuminfo

Punkte

 

0/5

Label

Hammerheart

Veröffentlichung

1/2002

Format

CD

Land

Genre

Folk Metal