Naamah Satana ist gehört zu den Sorten Frauen im Metal, die am stärksten polarisieren. Sie pfeift auf alle Geschlechterklischees und muss das auch, denn als Sängerin einer Black Metal Band steht sie schliesslich im sprichwörtlichen Ram

Naamah Satana ist gehört zu den Sorten Frauen im Metal, die am stärksten polarisieren. Sie pfeift auf alle Geschlechterklischees und muss das auch, denn als Sängerin einer Black Metal Band steht sie schliesslich im sprichwörtlichen Rampenlicht. Nebst dem Engagement bei ihrer Hauptband Infernal Kingdom spielt sie in einem Nebenprojekt namens Demogorgon Schlagzeug. Auch wenn einige Aussagen der Portugiesin etwas gewöhnungsbedürftig sind, so hat mich ihr extremer Bezug zum Metal und die Leidenschaft dafür doch ziemlich beeindruckt.

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Welchen Stellenwert hat Metal in deinem Leben?

Naamah Satana: Nun, zuallererst Hail und Danke für dieses interessante und andersartige Interview. Für mich, um meine Worte aus dem "The Black Throne Of Hell"-Album zu zitieren, ist (Black) Metal mehr als Musik, es ist eine innere Essenz. Es ist etwas, dass du jeden Tag hervor bringen musst. Und es ist eine Art Geschenk oder Magie, die in dir drin wächst und bewahrt wird bis ans Ende unserer Tage... Wenn du authentisch bist, wird nichts deine Hingabe aufhalten.

Was drückt Metal für dich aus?

Naamah Satana: Metal ist ein Weg, um im Leben zu bleiben, fängt bei der Persönlichkeit an und geht einem in Fleisch und Blut über.
Ich denke, dass das Metal-Wissen die meiste Zeit durch Einflüsse wächst, aber wenn du dann dein wirkliches Interesse gefunden hast, wirst du mehr und mehr selbst Sachen suchen. Metal ist dasjenige Genre, welches am meisten authentisch und mystisch ist und ich fühle seine Kraft seit meinen ersten Schritten in mein eigenes Leben. Metal ist definitiv einer der wichtigsten Schätze, die ich in diesem Leben habe, um meine Wünsche und tiefsten Gefühle zu befriedigen.

Wie ist dein Werdegang als Musikerin?

Naamah Satana: Nun, schon früh war ich Musik gegenüber neugierig und interessiert, speziell als ich Heavy Metal entdeckt habe. So habe ich versucht, mit eigenen Recherchen mehr von der Szene zu erfahren. Ich habe meinen jetzigen Ehemann, der nun übrigens auch mein Partner bei Infernal Kingdom ist, getroffen und wir tauschten uns viel über Metal aus. Später erfuhr ich, dass er eine Band hat, die etwas in der Mitte von Black und Death Metal spielte. Wirklich, das Projekt war nett, aber die andern Jungs zeigten keinen Einsatz, waren nur zum Spass dabei und glänzten durch Abwesenheit. Auf jeden Fall habe ich dann dem Sänger bei den Songtexten geholfen. Er hatte von sich aus nie etwas für den Proberaum geschrieben, baah. Eines Tages tauchte er einfach nicht zur Probe auf und Demogorgon hat mich dazu herausgefordert, meine Texte zu singen... nun, wir schauten uns um und sagten: "Wow, das ist fucking Black Metal!" An diesem Tag haben wir unsere seriöse Band, Infernal Kingdom, gegründet. Aber wir vergessen nicht, dass die Grundsteine dafür im Jahr 1998 in StockMorto, der ersten Band, von der ich eben erzählt habe, gelegt worden sind. Nebst all dem spiele ich sehr gerne Schlagzeug. Darum habe ich zusammen mit Demogorgon ein Nebenprojekt, bei dem ich Schlagzeug spielen kann. Aber es ist ein Projekt mit keinen verdammten Kompromissen, etwas, das auch gar nichts mit Infernal Kingdom zu tun hat. Infernal Kingdom ist meine erste Priorität, ist mir wichtiger als andere Projekte oder Einladungen. Ich habe schon einige Einladungen erhalten, in anderen Black Metal Bands mitzumachen, sei es als als Gastmusiker oder als permanentes Mitglied. Aber leider musste ich immer absagen. Weder habe ich die Zeit, noch hätte ich das selbe Engagement wie für meine Band. Darum werde ich weiterhin meine Songtexte schreiben und sie in Infernal Kingdom vertonen.

Wie bist du zum Metal gekommen?

Naamah Satana: Ich denke, das habe ich vorhin schon in anderen Worten gesagt. Metal war mir bereits in meiner Teenager-Zeit sehr präsent. Ich hatte alte, fucking Metalheads als Freunde und für meine Familie war das zu der Zeit ein Problem. Ich war gerne mit Leuten zusammen, die älter als ich waren, vielleicht wegen ihren Erfahrungen und ihrem Wissen. Und dass sie auch noch Metal mochten, war für mich grossartig. Die Stimmung, der Kult, die Leidenschaft und die Unverfälschtheit innerhalb der Bewegung waren meine Schlüssel zur Weisheit.
Und natürlich habe ich auch von Demogorgon einige Sachen über Metal gelernt. Aber ab einem gewissen Punkt war es ein gegenseitiger Austausch von Wissen. Ich habe immer mehr (nach Bands) gesucht und irgendwann war ich es, der ihm Sachen zeigte, die er vorher noch nie gehört hatte. Und heute ist es immer noch so. Wir werden älter, aber wir lernen immer noch durch unsere eigenen Erfahrungen.

Ist es dir wichtig, dass du nicht nur Konsument bis, sondern auch aktiv in der Szene tätig bist?

Naamah Satana: Definitiv ja. Seitdem ich ein Metal-Konsument bin, hatte ich schon immer den Wunsch, meine eigene Kunst zu kreieren. Für mich war und ist es immer noch faszinierend, grossartige Meisterstücke anzuhören und einige der besten Konzert zu sehen. Warum sollte ich das nicht auch alles tun? Ich denke, dass die reinen Wesen, die voller Hingabe sind, ihren Beitrag zu diesem Pfad leisten müssen. Und selbstverständlich sind wir welche von ihnen.

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Metal ist männlich – würdest du dieser Aussage zustimmen?

Naamah Satana: Das ist eine sexistische Aussage, darum kannst du dir ja vorstellen, dass ich da nicht zustimme. Und ich sage dir noch etwas; für mich ist Metal geschlechtslos. Metal ist eine innere Sache, nichts, das mit Geschlechtern oder Politik zu tun hat. Es ist einem einfach im Blut, egal ob Frau oder Mann. Beide Geschlechter haben dasselbe Recht das zu tun. Da sie denselben Zorn und Magie haben, die dafür notwendig sind, sind beide befähigt es unter den gleichen Bedingungen zu tun.

Wie ist selbst dein Bild von Frauen im Metal?

Naamah Satana: Dasselbe wie von den Männern: Einige von ihnen sind gut, andere sind schlecht. Ich denke, ein grosser Teil der Frauen und Männer sind definitiv Metal. Aber einige andere sind einfach nur verwirrt, wenn du verstehst? Manchmal können einige "berühmte" Leute, das Internet, Bekannte, Angeberei, Träumerei oder Illusion innerhalb dieses Kreises, der voller Rebellion ist, gewisse Leute faszinieren. Aber eigentlich ist dies das Gegenteil von dem, was tief in diesen Personen drin ist und sie sind auch ganz anders als Metal wirklich ist. Es ist dann also nur eine Illusion oder sogar nur eine Phase. Aber die wirklich grosse Dummheit von diesen Trends, ist die Bedeutung, die diese Leute dem Metal geben – komplett das Gegenteil von dem, was es ist. Diese Leute wollen hauptsächlich einfach nur Spass haben und beliebt sein. Sie kommen und gehen. Nun, wie ich es dir aber schon im ersten Satz gesagt habe; diese Situation ist bei beiden Geschlechtern ähnlich. Das ist meine Meinung darüber, ich verallgemeinere halt.

Es gibt einige Metal-Bands mit sexistischen Songtexten, die manchmal sogar frauenverachtend sind. Was denkst du, woher das kommt?

Naamah Satana: Den einzigen Grund, den ich sehe, ist Frustration oder... Angst vor Frauen. Oder Angst vor Unterlegenheit und Kontrollverlust. Das symbolisiert für mich aber niemals Kraft oder Stärke, sondern nur Schwäche. Und Metal spricht aus sich selbst heraus. Nie, aber wirklich niemals sollte Metal solche Scheisse zum Thema haben.

Fühltest du dich innerhalb der Metal-Szene schon einmal nicht ernst genommen oder nicht akzeptiert aufgrund deines Geschlechts?

Naamah Satana: Am Anfang, nach meinem Band-Einstieg, ja. Es ist aber schon einige Zeit her, da haben ein paar, glücklicherweise wenige, Arschlöcher gedacht, dass ich eine Art Nutte sei oder einfach so ein Mädchen, dass ein bisschen Spass in der Metal-Szene sucht. Sie versuchten, mich mit ihren scheiss Unterhaltungen einzuschüchtern. Aber ich habe weder aufgehört, noch habe ich ihnen überhaupt geantwortet. Ich habe sie einfach ignoriert und fühlte die Kraft der Dunkelheit in meinen Adern. Heutzutage passiert das nicht mehr. Ich fühle, dass ich von allen in der Underground-Metal-Szene respektiert werde, vor allem im Black Metal.

Wie wirst du speziell als Musiker im Metal beurteilt? Merkst du, dass man aufgrund des Geschlechts einen Unterschied macht und dass viele Klischees vorhanden sind?

Naamah Satana: Ich weiss das ehrlich gesagt nicht so genau. Meine Gedanken gehören nur mir und jeder hat seine eigenen. Und ich muss gestehen, dass ich Herden hasse. Aber es gibt nun mal lauter Herdentiere. Darum ist es normal, dass die Mehrheit Vorurteile hat. Gerade heute bei der Arbeit hörte ich, wie einige Metalheads gegenseitig ihre Genres verurteilten und nicht einfach die Qualität der Kunst als erstes betrachteten. Für mich ist das einfach nur unanständig.

Was denkst du, warum gibt es eigentlich viel mehr Männer als Frauen im Metal?

Naamah Satana: Gute Frage. Die Männer waren bereits am Anfang der Metal-Szene in der Mehrheit, das ist wahr. Aber auch schon in den 80ern gab es bereits Frauen in Metal-Bands, halt einfach immer als Minderheit. Und einige Frauen aus dieser Zeit, sind mit ihren Bands bis heute noch immer aktiv. Diejenigen, die wahre Kämpfer sind, werden sich immer durchsetzen. Da ist es egal welchen Geschlechts man ist, wie ich es bereits gesagt habe, es kommt nur aufs Innere drauf an. Ich denke, dass es in anderen Gebieten aber dasselbe Problem. Es gibt zum Beispiel gewisse Berufe, bei denen Frauen total ausgeschlossen werden. Und im Metal ist es ähnlich, da gibt es auch dieses fehlende Vertrauen der Männer, dass Frauen in einer Band spielen können. Das ist mehr oder weniger die gleiche sexistische Einstellung - wie in der Berufswelt - und es ist nun mal alles eine Einstellungssache. Ich gebe dir ein Beispiel: In meinem Land gibt es immer mehr Black und Thrash Metal Bands. Dies bedeutet aber nicht, dass die Qualität deswegen auch wächst. Und im Metal ist es das gleiche, Quantität bedeutet nicht auch Qualität. Somit ist das eine Frage, die uns etwas tiefgründiger nachdenken lässt...

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Es heisst ja, dass Frauen im Metal sich oft bewusst männlich geben, um besser akzeptiert zu werden. Hast du niemals das Gefühl, etwas von deiner Weiblichkeit zu unterdrücken?

Naamah Satana: Nun, es gibt einige Sachen, die man bewahren sollte. Die Verehrung für den Metal-Kult beinhaltet Gefühle, Sammlungen, Konzerte, Einstellungen, Hingabe und überall die emotionale Seite. Aber auch das Aussehen. Das Aussehen ist daher wichtig, da du damit den Metal wortwörtlich verkörperst. So ist es unmöglich, die Wurzeln der Bewegung zu zerstören. Du bist ein Anhänger und einer der Punkte, die man dabei zu berücksichtigen hat, sind die Kleider. Leder, Metal-Shirts, Patronen, Patches, Pins, Nieten... das ist nun mal der Kult! Eine andere Sache ist es, Tipps von einem Mann zu bekommen, um besser akzeptiert zu werden. Das finde ich nicht gut. Du musst echt sein und deine eigene Persönlichkeit haben. Nur so wirst du das Maximum deiner inneren Stärke erreichen.

Inwiefern unterscheiden sich Metal-Frauen von solchen, die nicht diese Musik hören?

Naamah Satana: Das hängt von der Intelligenz und der Lebensart jedes einzelnen ab. Wenn diejenigen (die keinen Metal hören) klug sind, respektieren sie einem. Wenn sie dumm sind, denken sie, dass wir verrückt sind und dass sie die Könige der Welt sind. Aber ehrlich gesagt kümmern mich diese Arschlöcher nicht, sie werden niemals ihr wahres Wesen finden.

Thema "weibliche Reize": Findest du es okay, wenn Metal-Musikerinnen sie einsetzen, oder ist dies für die Akzeptanz/Gleichstellung schädlich?

Naamah Satana: Für mich ist das einfach massive Werbung. Nichts mehr als das. Jede Band stellt mit ihrem Namen und ihren "Fans" das an, was sie wollen. Ich denke aber, dass es traurig ist, wenn man in der Metal-Szene auf diese Weise für seine Musik und sein Image Werbung macht. Wenn die glauben, dass sie tanzende Frauen in sexy Mini-Kleider brauchen, um ihre Qualitäten als Musiker oder Metalheads zu steigern, dann sollen sie das nur tun! Meiner Meinung nach werden solche Bands bald lächerlich gemacht werden und aus dem Metal draussen sein.

Können Frauen genau so Metal sein wie Männer?

Naamah Satana: Allerdings! ... Warum nicht?

Gibt es Metal-Bands mit Musikerinnen, die du gut findest und auch weiter empfehlen kannst?

Naamah Satana: Ja, da gibt es gute Bands. Innerhalb vom Black Metal ist Darkened Nocturn Slaughtercult eine der besten, Demonic Christ ist ebenfalls gut. Auf Aufnahmen empfehle ich Tymah. Im Death Metal Sinister oder Funerus. Die alten Klassiker sind Nuclear Death, Détente, The Great Kat. Das sind einfach ein paar grossartige Beispiele.

Vielen Dank für die Zeit, die du dir für das Interview genommen hast.

Naamah Satana: Danke für dein Interview. Macht weiter so mit eurer guten Arbeit.