Waldgeflüster sind ein Dauerbrenner auf diesen Seiten. Seit Jahr und Tag erfindet sich die Truppe neu, ohne unverständliche Schritte zu machen...

Waldgeflüster sind ein Dauerbrenner auf diesen Seiten. Seit Jahr und Tag erfindet sich die Truppe neu, ohne unverständliche Schritte zu machen. Daraus folgt ein Überflieger nach dem anderen. Mit dem Mini-Album "Unter bronzenen Kronen" hat die Formation nun ein Novum geschaffen: Ein Mini-Album, das der Bedeutung eines Volllängealbums in nichts nachsteht. Deshalb mussten die Herren natürlich Red und Antwort stehen.

Winterherz, du hast Waldgeflüster gegründet, nachdem du in der Death-Metal-Band Scarcross aktiv warst und keine Verbindung zum Black Metal sahst. Wie hat sich deine musikalische Vision und Herangehensweise im Laufe der Jahre verändert, um den charakteristischen Klang von Waldgeflüster zu entwickeln, der sich stark dem Black Metal zuwendet?

Grüss dich. Ich glaube nicht, dass sich meine Vision und Herangehensweise grossartig geändert hat über die Jahre. Ich hatte schon immer das Ziel tiefgründige und emotionale Musik zu kreieren. Musik die berührt und die Seele erschüttert. Dabei habe ich mich immer von meinen eigenen Gefühlen und meinen inneren Dämonen leiten lassen, ohne Rücksicht auf Genregrenzen. Selbst bei Scarcross war das immer der Ansatz. Wobei ich dann bei Waldgeflüster erstmal einem Weniger-Ist-Mehr Weg gefolgt bin, sprich Rückbesinnung auf pure Emotion, keine unnötige Komplexität. Über die Jahre hat sich Waldgeflüster wieder etwas davon wegbewegt, und ich denke wir haben eine ganz gute Mischung zwischen roher Emotion und Komplexität gefunden. In letzter Zeit zieht es mich wieder zu einfacheren Songstrukturen und minimalistischeren Riffs, aber das kann sich auch wieder ändern. Was sich aber wie ein roter Faden durchzieht ist das ich bei jedem neuen Stück versuche irgendetwas zu einzubauen, was ich zuvor noch nicht in dieser Form benutzt habe. Das mag für dich meisten nicht hörbar sein, da es oftmals um Details geht wie Rhythmik oder Geschwindigkeit, oder ein neues Plugin. Manchmal sind es aber auch komplett neue Instrumente oder Ähnliches.

Der Naturbezug zieht sich wie ein roter Faden durch eure Bandbiografie. Was bedeutet für dich die Natur und warum beeinflusst sie eure Musik derart?

Die Natur gibt mir Ruhe, Kraft und Inspiration. Das Farbenspiel eines Herbstwaldes kann so eindrücklich sein und als Verstärker der eigenen Emotionen wirken. Er gibt aber gleichzeitig einen Raum um die Gedanken sprechen und treiben zu lassen, abseits des Trubels des Alltags. Deswegen taucht die Natur immer wieder in meinen Texten als Metapher auf, sie gibt mir einen Platz zum Träumen. Auf der anderen Seite bedeutet Natur für mich Leben - unseres inkludiert - und ist somit auch wieder Inspiration. Bei Waldgeflüster kommt dieser Aspekt nicht wirklich zu tragen, da die Natur hier nur als Metapher für Emotionen eingesetzt wird. Bei Uprising geht es mir da tatsächlich mehr um konkreten Umweltschutz und dass wir etwas an unserer Lebensweise ändern müssen um die Natur - und damit uns selbst - zu bewahren.

Du hast in Österreich und in Deutschland gelebt, aber auch viele Länder durch eure Touren gesehen. Wo gefällt es dir am besten und warum?

Naja, wie ich auf Dahoam schon gesagt habe gefällts mir Dahoam am besten. In Oberbayern fühle ich mich wohl, mit den Alpen immer im Blick, den Feldwegen unter den Füssen und der Waldluft in den Lungen. Das hat aber einfach viel mit der Verbundenheit zu dem Ort, den ich Heimat nenne zu tun. Genau diesen Fragen, warum das so ist und was daran eher nicht so gut ist, bin ich auf Dahoam nachgegangen. Ohne für mich eine abschliessende Antwort gefunden zu haben, also wird es leider etwas schwierig das in einer Interviewfrage zu klären.

Euer neues Mini-Album "Unter bronzenen Kronen" folgt dem erfolgreichen Album "Dahoam" aus dem Jahr 2021. Wie gelingt es euch, eine Balance zwischen der Weiterentwicklung eures Klangs und der Aufrechterhaltung der charakteristischen Waldgeflüster-Ästhetik zu finden? Welche neuen Elemente können wir auf diesem Mini-Album erwarten?

Ich denke wir haben so etwas wie eine „natürliche“ Weiterentwicklung - es liegt in unserer Natur unseren Sound immer etwas zu Erweitern und nicht immer denselben Song zu machen. Das liegt vermutlich daran, dass wir Musikbegeisterte sind. Wir denken nicht in Genres, sondern folgen der Musik, welche uns berührt. Ich kaufe mir immer noch um die 4/5 Alben im Monat aus den unterschiedlichsten Genres, und das fliesst natürlich in unsere eigenen Songs ein.
Auf dem aktuellen Minialbum ist so gesehen nur ein neuer Song. Das wir zwei Cover haben ist sicher eine Neuheit. Ansonsten haben wir in dem neuen Stück natürlich wieder Elemente benutzt, welche für uns neu waren, die aber nicht unbedingt jedem sofort ins Ohr springen werden: Der Song ist der Schnellste, den wir je geschrieben haben, die Songstruktur ist neu, ein neues Plugin wurde verwendet. Aber wir werden jetzt keinen Innovationspreis damit gewinnen.

Hat die Natur für eure aktuelle EP “Unter bronzenen Kronen” einen ähnlichen Einfluss gehabt und welche weiteren Themen und Einflüsse waren euch wichtig?

Wie gesagt gibt es nur ein neues Stück, und dafür war die Natur sehr wichtig: Die Song-, bzw Textidee entstand bei Betrachtung der Novemberwälder vor meiner Haustür, dabei kam mir die Zeile „unter bronzenen Kronen“ in den Sinn. Aus diesem Versatzstück entstand dann der Rest des Liedes, welches sich mit der ewigen Wiederkehr unserer eigenen gefühlten Mangel und Unsicherheiten beschäftigt.

Die Beschreibung eures Mini-Albums betont die bittersüsse Melancholie des Herbstes und ihre Spiegelung in der Musik. Wie beeinflusst die wechselnde Jahreszeit und ihre Emotionen euer Songwriting und eure musikalischen Entscheidungen? Könntet ihr mehr über die Emotionen verraten, die ihr mit dieser Sammlung hervorrufen möchtet, und welche Rolle der Herbst bei der Gestaltung eurer künstlerischen Ausdrucksformen spielt?

Wir wollen eben genau das hervorrufen: Melancholie. Wenn man dieses Album hört während man verträumt in das Farbenspiel der Blätter in der Ferne blickt und über die eigenen Dämonen sinniert - dann hätte der geneigte Hörer das perfekte Setting gefunden. Ich kann dir leider nicht beschreiben inwieweit der Herbst unsere musikalischen Entscheidungen beeinflusst, das kommt immer natürlich. Es gibt keinen Moment, wo wir sagen „Das muss jetzt so klingen, weil es um Herbst geht“. Alles ist im Fluss, und ein Song treibt uns wohin er uns haben will und meistens tut er das indem er das Thema und die Intention unterstützt.

Dass euch mit Panopticon etwas verbindet, ist nicht ganz neu. Wie kam es zur Idee, “The Pit” zu Covern?

In „The Pit“ habe ich mich beim ersten Mal Hören verliebt. Für mich einer der besten Country/Folk Songs. Der Text vermittelt ein wahnsinnig depressives Selbstbild und selbstzerstörerische Tendenzen. Ich habe sofort eine tiefe Verbindung zu dem Lied gefunden und auch sofort im Kopf eine Depressive Black Metal Version gehört. Austin hatte den Song dann einige Monate nachdem ich ihn das erste Mal hören durfte bei seiner Akustik Show in Antwerpen in der AMUZ Music Hall live gespielt. Für Interessierte: Die Version kann man auf der Live in Belgium Bootleg auf Panopticons Bandcamp Seite hören. Dort konnte ich mir dann die Akkorde abschauen, damit ich die Version in meinem Kopf realisieren konnte. Das war leider nötig, trotz fast 30 Jahre Gitarrenspielen, ist es mir aus irgendeinem Grund immer noch komplett unmöglich Sachen herauszuhören…

"Unter bronzenen Kronen" enthält neu interpretierte Versionen von bestehenden Songs sowie eine neue Komposition. Könntet ihr uns mehr über den kreativen Prozess hinter der Neugestaltung dieser Tracks erzählen und wie sie eurer Musik eine frische Perspektive verleihen? Wie ermöglicht euch dieses Mini-Album, neue Dimensionen innerhalb eures etablierten Klangs zu erkunden?

Ich finde es immer spannend Songs von anderen zu nehmen und diesen meinen eigenen Stempel aufzudrücken. Die frische Perspektive kommt da von allein, da man sich mit Riffs auseinandersetzen muss, die man selbst so nie geschrieben hätte. Ich versuche mich dann immer hinzusetzen und die Essenz des Liedes für mich herauszufinden und diese in meine eigene Welt übersetzen. Natürlich erkunden wir so auch neue Dimensionen, da man sich auch selbst auf eine andere Welt einlassen muss.

Was verbindet euch mit Ben Howard und warum habt ihr das Stück von ihm gewählt für euer aktuelles Kunstwerk “Unter bronzenen Kronen”?

Das erste Album von Ben Howard gehört zu meinen Lieblingsalben und läuft hier seit Jahren immer wieder. Ich hatte schon lange überlegt einen Song von dem Album zu covern und bin dann irgendwie bei Black Flies gelandet. Zum einen passt die depressive Grundstimmung zu einer Umsetzung in unserem Stil. Zum anderen handelt der Text von einer zerbrochenen Freundschaft. Aufgrund eigener Erfahrungen fühle ich eine gewisse Verbundenheit zu dem Lied.

Im aktuellen Werk kommt ein Cello zum Einsatz - wie kam es zur Zusammenarbeit mit Nostarion?

Ich kenne Nostarion seit dem zuvor erwähnten Auftritt von Panopticon in Belgien. Nostarion ist der Cellist für Panopticon und er spielte bei einigen Songs bei diesem Konzert mit. Wir haben uns sofort angefreundet, und konnten uns seitdem auch noch ein paar Mal sehen. Nostarion spielt auch das Cello auf der Originalversion von The Pit, also lag es einfach nahe ihn zu bitten auch auf unserer Version sein Können beizutragen.

Habt ihr in kürze Auftritte geplant? Was sind eure weiteren Zukunftspläne?

Ja, wir haben ein paar Auftritte für den Herbst/Winter geplant. Aktuelle Daten findet man immer auf unserer Homepage, Facebook und BandsinTown. Ansonsten bin ich gerade mit der Fertigstellung der Preproduction des dritten Uprising Albums beschäftigt, und sobald ich das abgeschlossen habe, werden wir uns bei Waldgeflüster wieder auf das nächste Album konzentrieren. Das ist zwar zum grössten Teil schon fertiggeschrieben, wir haben aber noch ein paar Pläne, aufgrund derer es noch etwas länger dauern wird, bis wir wirklich fertig damit sind.