Es gibt Werke, über die muss man eine Zeit lang nachdenken und die müssen erst mal sacken, bevor man darüber wirklich sprechen kann und selbst dann ist es häufig sehr schwer die eigenen Gedanken in Worte umzusetzen. Ein Beispiel für ein solches Werk wäre neben den Kurzgeschichten Edgar Allan Poes oder Stanley Kubrick's Meisterwerk 2001 – Oddyssee im Weltraum auch das jüngste Studioalbum der Hessen Membaris, "Grenzgänger".

Schon die Aufmachung des Albums sagt mir irgendwie, dass es hier nicht den Standardschwarzmetall geben wird, den ich sonst so kenne und man sich vom tumben Satanismus, Heidentum oder Suizidgequatsche anderer Bands distanzieren wird, so wie Bands die hervorstechen es häufig tun.
Das komplette Booklet und alles was dazu gehört ist Komplett in weiss gehalten und verziert mit Tusche-Zeichnungen, denen ich allensamt einen recht surrealen Charakter zurechnen würde, was auch für die Texte, die man im Booklet findet, zutrifft. Denn hier muss man wirklich auf alles achten, Musik, Artwork und auch die dazugehörige Lyrik ergänzen sich perfekt, so etwas habe ich wirklich selten gesehen und ich frage mich, warum ich nicht schon vor Jahren über den Namen Membaris gestolpert bin.
Lyrisch zeigen sich Membaris von einer ähnlichen Seite wie vom Artwork her, es werden schlaglichtartig verschiedenste Themen aufgegriffen, alle mit einem existenziellen, philosophischen Hintergrund, sei es nun die Geburt des Universums, die Frage nach den Empfindungen eines Gottes oder das Wandeln zwischen Ende und Beginn, alles wird hier in meinen Augen lyrisch sehr schön und tiefgründig festgehalten, ich bin begeistert. Dabei kümmern sich Membaris nicht wirklich um die Sprache sondern nehmen das, was gerade passt, Englisch oder Deutsch.

Doch auch musikalisch, und darum geht es ja schliesslich, wissen Membaris auf "Grenzgänger" durchaus zu glänzen. Hier werden alle Register gezogen, die der klassische Black Metal so zu bieten hat. Von brutalem Up-Tempo-Geballer über melancholische Mid-Tempo-Momente bis hin zu cleanen, gepickten Parts mit Keyboard Untermalung ist hier alles mit dabei und das in allen Färbungen von ganz klassisch bis krumm und progressiv.
Die Gitarren sind Black Metal typisch im High-Gain-Bereich eingegliedert und die Drums liefern dazu den richtigen Druck, während der Bass sich eher unterstützend zurückhält und eigentlich nur bei einigen Breaks, bei denen er verzerrt zu hören ist so wirklich in den Vordergrund tritt und zu begeistern weiss. Generell sind es die wohl platzierten Breaks auf diesem Album, die häufig glänzen können und die Stimmung in einem Stück von einer Sekunde auf die andere umschlagen lassen oder nur kurz unterbrechen, um dann weiterzumachen wie zuvor. Doch trotz all dieser Momente würde ich dem Album eine gewisse melancholische Erhabenheit zusprechen, die sich durch jede Note und vor allem durch das absolut kranke Gekreische von Vokalist Kraal einschleicht.

Alles in allem würde ich behaupten, dass "Grenzgänger" für alle Freunde des intellligenten Black Metal ein absolutes Muss ist. Hier stimmt alles, die Kompositionen passen zur Lyrik, die Lyrik passt zum Artwork, dass in seinem Licht und Schatten-Design wiederum zur Komposition passt, die letztendlich durch eine hervorragende Produktion genau das rüberbringt, was sie rüberbringen sollte, energetisch und kalt und vor allem schön rau an den Ecken und Kanten. Ein ganz, ganz grosses Stück Schwarzstahl.

Albuminfo

Punkte

 

5/5

Label

ARTIcaz Records

Veröffentlichung

8/2010

Format

CD

Land

Genre

Black Metal