Es ist ein Titel, der wahlweise zum Schmunzeln oder zum Stirnrunzeln einlädt: "Hammergeddon 666 – Die Katakomben betritt man nicht allein". Man kann sich kaum ein pompöseres Beispiel für kalkulierte Übertreibung und Kitsch vorstellen. Doch sobald die ersten Töne der neuen EP von Nocte Obducta erklingen, wird klar: Dieses Werk kann sich die augenzwinkernde Groteske des Titels locker leisten. Es ist die Art von roher und rotziger Energie, die einem das Gefühl gibt, in einem staubigen Club zu stehen, während der Black 'n' Roll mit einer Prise Punk in die Gehörgänge donnert.
Die A-Seite der EP ist eine unverhohlene Hommage an die Ursprünge der Band. "Hammergeddon", "Schorm" und "Blut, Bier, Dunkelheit" und "Faustphisto" reißen die Hörer mit und katapultieren sie in eine Ära, in der der Sound noch schmutzig und wuchtig war. Erinnerungen an "Schwarzmetall (Ein primitives Zwischenspiel)" werden wach, und Nocte Obducta spielen mit den archaischen Stimmungen des frühen Black Metal. Die Riffs sind dreckig, die Drums dröhnend, und der Gesang wechselt zwischen keifender Raserei und sarkastischen Vocals, die von einer tiefen, biergetränkten Dunkelheit zeugen. Diese Tracks sind ein wilder Ritt, der den Hörer in eine raue Klangwelt zieht, in der Nocte Obducta mit ungeschliffenem Charme punkige Energie versprühen.
Doch das Album wäre nicht Nocte Obducta, wenn es sich mit der ersten Hälfte zufriedengäbe. Die B-Seite ist ein Stimmungsumschwung, der den Hörer abrupt aus dem wüsten Black 'n' Roll holt und in die melancholisch-verzweifelte Atmosphäre von "Auf wortlosen Fluren" eintauchen lässt. Dieser dritte Teil der Serie "Gemälde derer, die schieden" ist eine epische Komposition, die die Grenzen zwischen Black Metal und Post-Rock verschwimmen lässt. Sanfte Gitarrenpassagen, sphärische Keyboards und eine tief atmende Atmosphäre lassen das Stück wie eine Erzählung wirken, die sich Schicht um Schicht entfaltet. Hier wird die Musikalität der Band in einer fast opernhaften Tragweite erlebbar, und der Gesang, mit seinen deutschen Texten, weht wie ein schwermütiger Nebel durch die Klanglandschaft.
"Hammergeddon 666 – Die Katakomben betritt man nicht allein" ist ein gekonntes Wechselspiel zwischen chaotischer Rohheit und tiefgreifender Atmosphäre. Es vereint die Vergangenheit der Band mit ihrer Vorliebe für Experimente und das Erschaffen epischer Klangbilder. Diese EP ist nicht nur eine Erinnerung an die Wurzeln, sondern auch ein Schritt in Richtung eines neuen, gewagten Kapitels. Nocte Obducta beweisen erneut, dass sie es verstehen, ihre Musik in einem ständigen Wandel zu halten, ohne dabei ihren unverkennbaren Stil zu verlieren.
Für langjährige Fans ist die EP ein willkommenes Geschenk, das den Geist der frühen Jahre atmet, während es die Komplexität und Reife der neueren Werke respektiert. Für Neulinge hingegen mag sie eine verstörende, aber zugleich faszinierende Tür in eine Welt sein, die sich nicht kategorisieren lässt – ein echter Klangtrip in die Katakomben der dunklen Musik.
Erscheinen wird die EP am 6. Dezember 2024 über "Supreme Chaos Records", und es bleibt zu hoffen, dass sie nicht nur ein Vorbote ist, sondern ein starker Auftakt für das kommende fünfzehnte Album. So wie sie ist, bietet "Hammergeddon 666" einen mitreißenden Einblick in die musikalische Welt einer Band, die noch lange nicht müde ist, zu überraschen.
Albuminfo
Punkte |
3/5 |
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Label |
Supreme Chaos |
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Veröffentlichung |
12/2024 |
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Format |
CD |
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Land |
Deutschland | |
Genre |
Black Metal |
Tracklist
A1. Hammergeddon
A2. Schorm
A3. Blut, Bier, Dunkelheit
A4. Faustphisto
B1. Auf wortlosen Fluren (Gemälde derer, die schieden – Teil III)