Mit ihrem vierten Studioalbum "De Ghörnt", erschienen am 29. November 2024 über Eisenwald, laden die Zürcher Ungfell zu einer epischen Reise in die Welt der Schweizer Folklore ein. Die Sage um den Rollibock, ein geisterhaftes Wesen, das die Gletscher des Aletschgebiets bewacht, wird in sieben zusammenhängenden Songs vertont und entfaltet ein musikalisches Panorama aus melodischem Black Metal, folkigen Intermezzi und rauem Erzählen in Schweizer Mundart.

Ungfell setzen auf ein narrativ geprägtes Songwriting, das die düstere, alpine Atmosphäre der Geschichte spürbar macht. Schon der Opener „S Alpeglüeh“ bringt die Dynamik des Albums auf den Punkt: Rasendes Tremolo-Picking, Blastbeats und eingestreute Synth-Motive sorgen für eine mitreißende Klanglandschaft. Dabei gelingt es der Band, nahtlos zwischen harschen Black-Metal-Passagen und folkigen Melodien zu wechseln, ohne den Fluss der Komposition zu gefährden.

Songs wie „Im Ruusch“ und „De Geischt vom Märjelesee“ glänzen durch ihre kunstvollen Wechsel zwischen furiosen Riffs und akustischen Einschüben, die Raum für Reflexion bieten. Besonders der Titelsong „Rollibock ("De Ghörnt" vom Gletscher)“ zeigt, wie Ungfell eine beeindruckende Balance zwischen aggressiven, meloblack-lastigen Riffs und folkigen Akzenten herstellen. Die Fähigkeit, Melodie und Härte in einem Song zu verschmelzen, verleiht dem Album eine einzigartige Handschrift.

Obwohl "De Ghörnt" viele Höhepunkte bietet, bleiben einige Schwachstellen nicht unbemerkt. In ruhigeren Momenten, etwa bei „D Pracht Vom Eggishorn“, wirken die Übergänge zwischen den Ideen bisweilen konstruiert und wenig organisch. Diese Passagen erfüllen zwar ihren Zweck, das Album zusammenzuhalten, können aber nicht die gleiche emotionale Tiefe erreichen wie die stärkeren Tracks.

Ein weiterer Aspekt, der hervorzuheben ist, ist die mutige Entscheidung, die Texte in Schweizer Mundart zu präsentieren. Dies verleiht der Platte eine unverwechselbare Authentizität und hebt sie von vielen anderen Veröffentlichungen im Genre ab. Dennoch könnte genau diese regionale Eigenheit einigen internationalen Zuhörern die emotionale Verbindung erschweren.

Ungfell schaffen mit "De Ghörnt" ein solides Werk, das insbesondere durch seine melodische Raffinesse und die kunstvolle Verflechtung von Black- und Folk-Metal-Elementen beeindruckt. Fans von Bands wie Ateiggär, Windir oder Peste Noire werden hier sicherlich auf ihre Kosten kommen. Doch trotz vieler gelungener Momente fehlt es dem Album an der letzten Durchschlagskraft, um sich nachhaltig in der oberen Liga des Genres zu etablieren.

"De Ghörnt" ist ein Album, das sich an Liebhaber des Genres richtet und durch seine lyrische wie musikalische Verwurzelung in der Schweizer Folklore eine besondere Nische besetzt. Der große Wurf bleibt jedoch aus, und so findet sich Ungfell mit dieser Veröffentlichung knapp über dem Durchschnitt wieder. Es ist ein Werk, das zeigt, wie viel Potenzial in der Band steckt – doch für den endgültigen Durchbruch braucht es noch ein wenig mehr.

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

 

Eisenwald

Veröffentlichung

 

11/2024

Format

 

CD

Land

 

Schweiz

Genre

 

Black Metal

 

Tracklist

1. S Alpeglüeh
2. D Pracht vom Eggishorn
3. Im Ruusch
4. De Fährmaa
5. Rollibock (De Ghörnt vom Gletscher)
6. Sturmglockä
7. De Geischt vom Märjelesee