Mit "Tavastland" erreichen Havukruunu eine neue Spitze ihres kreativen Schaffens. Ihr vierter Langspieler ist mehr als nur ein weiteres Album in der Diskographie der finnischen Pagan-Black-Metal-Visionäre – es ist eine klanggewordene Saga, ein Fanal der Freiheit und ein Fanal des Vergessens. Mit epischer Wucht und einer urgewaltigen Atmosphäre durchbrechen Havukruunu die Dämmerung, um ihre Hörer in eine Welt zu entführen, in der sich Mythos und Geschichte, Zorn und Melancholie in wilder Raserei umkreisen.
Die Gitarren von Stefa und Bootleg-Henkka zeichnen tiefe Schatten an die Wände, Köstäjainens Drumming rollt donnernd über die Landschaft, mal wie ein schwelendes Feuer, mal wie ein unaufhaltsamer Sturm. Humös Bass bebt und kreischt wie der eisige Wind, der gegen knarrende Fensterscheiben schlägt. Stefas Gesang wechselt zwischen wilder Anklage, sakraler Beschwörung und archaischem Klagegesang, oft unterstützt von hymnischen Chören, die sich wie alte Beschwörungen in den Kopf brennen.
"Tavastland" ist nicht einfach nur Musik – es ist ein Manifest. Die thematische Grundlage bildet die historische Rebellion der Tavastier gegen die christliche Missionierung im Jahre 1237, eine Geschichte von Trotz, Stolz und blutigem Widerstand. Stefa beschreibt das Album als eine Reise in die verlorene Freiheit, ein Zeugnis der Vergessenheit: von Ahnen, die sich gegen die Unterwerfung auflehnten, bis zum modernen Menschen, der in seiner von Technik durchsetzten Welt gefangen ist und die Dunkelheit fürchtet, die ihn einst schützte. "Tavastland" ist eine Mahnung, eine Erinnerung, ein flammendes Denkmal in Noten gegossen.
Auch wenn Havukruunu sich stets in ihrem eigenen Universum bewegen, lassen sich deutliche musikalische Einflüsse erkennen. Fans von Moonsorrow und Horna werden sich ebenso zuhause fühlen wie Anhänger von Falkenbachs epischen Hymnen. Doch in "Tavastland" manifestiert sich besonders eine Reverenz an den großen Quorthon: Die Bathory’sche Epik von "Blood Fire Death" und "Hammerheart" scheint in jedem donnernden Chor, in jeder galoppierenden Rhythmik und in jedem melancholischen, akustischen Zwischenspiel nachzuhallen.
Songs wie "Unissakävijä" und das titelgebende "Tavastland" sind Paradebeispiele für die Symbiose aus Wut, Erhabenheit und musikalischer Finesse, die das Album ausmacht. "Kuolematon laulunhenki", "Yönsynty" und "De Miseriis Fennorum" bestechen durch triumphale Chöre und eine hymnische Dichte, die unter die Haut geht. "Havukruunu ja talvenvarjo" sowie "Kun veri sekoittuu lumeen" beschwören das Bild berittener Krieger herauf, die sich ihren Weg durch den Schnee erkämpfen – ein Ritt ins Unvermeidliche.
"Tavastland" ist eine wütende, düstere, aber auch majestätische Offenbarung. Es ist das Album, in dem Havukruunu ihre Essenz destillieren und mit unvergleichlicher Kraft entfesseln. Die Mischung aus Pagan-Epik, ungezähmtem Black Metal und einem Sound, der tief aus den Wäldern und der Geschichte Finnlands zu uns dringt, macht "Tavastland" zum wohl bedeutendsten Werk der Band bis heute.
Albuminfo
Punkte |
4/5 |
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Label |
Svart |
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Veröffentlichung |
02/2025 |
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Format |
CD |
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Land |
Finnland |
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Genre |
Black Metal |
Tracklist
1. Kuolematon Laulunhenki
2. Yönsynty
3. Havukruunu ja Talvenvarjo
4. Tavastland
5. Kuoleman Oma
6. Unissakävijä
7. Kun veri sekoittuu lumeen
8. De Miseriis Fennorum