„Heritage“ ist kein gewöhnliches Album, sondern ein seelisches Gewicht, das wie ein uralter Stein im Hörer zu liegen beginnt. Bram Bijlhout, einst als Schattengänger von Officium Triste und the 11th Hour unterwegs, hat mit Structure ein Gefäß geschaffen, in dem persönliche Erinnerung, familiärer Verlust und die Frage nach Identität zu einer bedrückenden, aber zugleich erhabenen Klangwelt verschmelzen. Nichts daran klingt nach kühler Konstruktion – es ist, als hätte jemand in die Adern des Death Doom selbst gestochen und die schwärzeste Essenz herausgefiltert.

Schon beim ersten Eintauchen fühlt man, dass hier mehr mitschwingt als bloß Trauer. „Heritage“ trägt diese paradoxe Mischung aus tonnenschwerer Erdenschwere und melodischem Glanz, als ob eine blutrote Rose in den Händen einer Toten niedergelegt würde. Die Riffs sind massiv, abgründig, und doch durchzogen von feinen, beinahe zärtlichen Leads, die wie gebrochene Sonnenstrahlen durch den Nebel fallen. Genau in diesem Spannungsfeld beginnt das Album zu atmen: schwer wie Blei, doch mit Funken, die unaufhörlich aus der Dunkelheit schlagen.

Besonders beeindruckend ist, wie Stimmen hier nicht nur Textträger sind, sondern eigene Instrumente im dramatischen Geflecht. Pim Blankensteins Organ erhebt sich wie ein Mahnmal – tief, unverrückbar, ein Grabstein in Ton gegossen. Und dann plötzlich Robert Soeterboeks klare Gesänge, die aufbrechen wie eine Vision am Himmel, eine fremde Helligkeit im Land der Schatten. Dieser Wechsel schafft nicht nur Kontraste, sondern öffnet Räume, die sonst im Death Doom oft verschlossen bleiben.

„Heritage“ ist weniger eine Sammlung von Songs, sondern vielmehr ein einziger Fluss, ein schwarzer Strom, der Erinnerungen und Empfindungen mit sich reißt. Jeder Moment ist Teil eines größeren Kreises – von der Selbstbefragung, ob man sein Dasein verdient hat, bis zur nüchternen Alltäglichkeit der Traurigkeit, die wie ein grauer Regen auf uns niedergeht. Es ist ein Album, das nicht auf sofortige Ergriffenheit setzt, sondern sich wie ein Echo in den eigenen Gedanken einnistet und dort wächst.

Am Ende bleibt ein Werk, das die europäische Death Doom-Landschaft nicht nur bereichert, sondern ihr einen neuen Herzschlag verpasst. „Heritage“ ist zugleich Vermächtnis und Neuanfang, ein Monument des Verlusts, das seine Kraft gerade aus der Ehrlichkeit zieht. Es ist keine Musik, die uns erlöst – sondern eine, die uns daran erinnert, dass selbst im schwersten Schatten noch ein Funke Menschlichkeit leuchtet.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

 

Ardua

Veröffentlichung

 

04/2025

Format

 

CD

Land

 

Niederlande

Genre

 

Doom Metal

Tracklist

    
1. Will I Deserve It 07:06
2. What We Have Lost 07:56
3. Long Before Me 08:50
4. The Sadness Of Everyday Life 06:38
5. Heritage 07:22
6. The Feeling Of Confusion 05:44
7. Until The Last Gasp 06:30