Mit ihrem zweiten Album „We are Him“ schlagen Darvaza genau dort ein, wo orthodoxer Black Metal am wirkungsvollsten ist: zwischen kompromissloser Verweigerung, spiritueller Selbstermächtigung und einer zutiefst irdischen, körperlichen Gewalt. Terratur Possessions veröffentlichen hier kein Überraschungsei, sondern ein Manifest – und das Duo aus Omega und Wraath liefert genau das, was man von einer Band mit dieser Historie, diesem Selbstverständnis und dieser Konsequenz erwarten darf.
Darvaza haben sich über Jahre hinweg als konstante Größe im Untergrund etabliert. Nach drei EPs und dem 2022 erschienenen Debüt „Ascending Into Perdition“ war klar, dass hier keine Flüchtigkeit, sondern Langstrecke angesagt ist. „We are Him“ setzt diesen Weg fort und schärft ihn zugleich: Das Album wirkt fokussierter, selbstbewusster und in seiner Wirkung direkter. Die Musik ist rau und robust, aber niemals schlampig, klassisch im Fundament, aber mit genug Dynamik und Feingefühl ausgestattet, um nicht im bloßen Traditionalismus zu erstarren.
Musikalisch dominieren Midtempo-Passagen, die Darvaza meisterhaft beherrschen. Der Opener „Holy Blood“ macht nach pompösem Intro unmissverständlich klar, worum es geht: Teufelsanbetung ohne Ironie, getragen von groovenden Riffs und Wraaths intensiver Gesangsperformance. Seine Stimme ist eines der zentralen Elemente des Albums – manisch, beschwörend, grollend, zwischen rituellen Chants und rasendem Gebrüll wechselnd. Die Lyrics unterstreichen diese Haltung: „The Devil came to me / With hands drenched in blood“ ist kein Bild, sondern Bekenntnis.
Trotz der demonstrativen Experimentverweigerung bleibt „We are Him“ alles andere als eintönig. „A Last Prayer in Gethsemane“ verbindet epische Melodieführung mit einer Judas-Perspektive, die theologische Motive nicht nur umkehrt, sondern aktiv pervertiert. Die Frage „Am I made in the image of Him?“ wird hier nicht beantwortet, sondern ausgespuckt. Darvaza nutzen biblische Sprache nicht als Dekoration, sondern als Material, das sie verdrehen, brechen und neu aufladen.
Wenn das Duo das Tempo anzieht, etwa auf „Chaos.Fire.Devotion“, entfaltet das Album seine größte Durchschlagskraft. Der Song ist ein Brennglas für das Selbstverständnis der Band: Chaos als Motor, Feuer als Antrieb, Hingabe als Selbstzweck. „Don’t mistake darkness for depth“ ist dabei fast schon programmatisch – Darvaza brauchen keine künstliche Verkopfung, ihre Tiefe entsteht aus Überzeugung und Konsequenz.
Die langsameren Stücke gehören ebenfalls zu den stärksten Momenten. „Lazarus“ kriecht mit doomiger Schwere aus dem Grab, getragen von donnernden Rhythmen und sakraler Verdammnis. „Slaying Heaven“ setzt auf unheilvolle Keyboards und apokalyptische Bilder, die eher entrücken als überwältigen. Hier zeigt sich, dass Darvaza sehr wohl Atmosphäre können, ohne sich im Ornament zu verlieren.
Der Abschlusstrack „Darvaza“ ist zugleich Selbstvergewisserung und Bandhymne, ein Blick zurück und nach vorn. Textlich wie musikalisch wird hier der schwarze Faden aufgenommen, der sich durch das gesamte Album zieht: Hingabe an die Dunkelheit, verstanden als Freiheit jenseits von Dogma, Buchreligion und falscher Transzendenz.
„We are Him“ ist kein Album für Suchende, sondern für Überzeugte. Darvaza erfinden den Black Metal nicht neu, sie polieren ihn nicht auf Hochglanz und sie versuchen auch nicht, ihn salonfähig zu machen. Stattdessen liefern sie eine souveräne, wuchtige und in sich geschlossene Platte ab, die genau deshalb funktioniert, weil sie sich auf die Kernkompetenz des Genres konzentriert: okkulte Inbrunst, körperliche Präsenz und eine Musik, die nicht erklärt, sondern fordert. Wer mit Bands wie whoredom rife, watain oder kringa etwas anfangen kann, wird sich hier sofort zu Hause fühlen – pechschwarz, verraucht und brennend.
Albuminfo
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Punkte |
4/5 |
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Label |
Terratur Possessions |
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Veröffentlichung |
12/2025 |
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Format |
CD |
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Land |
Italien/Norwegen |
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Genre |
Black Metal |
